Meschede. Vorgetäuscht oder echt? Wie ein verurteilter Stalker einem erneuten Prozess am Amtsgericht Meschede entgeht - vorerst.
Eigentlich sollte der Mann, ein 51-jähriger Stalker, längst im Gefängnis sein. Doch er verfolgte sein Opfer, eine Mitarbeiterin der Arbeitsagentur, weiter, weil sich der Termin der Inhaftierung hinzieht. Vor dem Amtsgericht Meschede scheiterte jetzt vorerst eine weitere Verurteilung.
Urteil wegen Stalkings im Juni 2021
Bereits Im Juni 2021 war der Mann, der zuletzt in Straubing gemeldet war, vom Amtsgericht Meschede zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden, weil er seit mehr als 25 Jahren eine 47-jährige Mitarbeiterin der Arbeitsagentur Meschede verfolgt, zuletzt bis an den Arbeitsplatz. Doch in Haft kam er dadurch noch nicht. Nach dem Prozess im Juni 2021 hatte er Berufung eingelegt. Im Juni 2022 wurde das Mescheder Urteil dann vom Landgericht Arnsberg bestätigt. Der Mann galt damit als rechtskräftig verurteilt. Doch schon im Laufe des Verfahrens hatte er Aufschub wegen Haftunfähigkeit beantragt. Diese Begutachtung lief aktuell.
Aktueller Prozess in Meschede
In Meschede hätte er sich jetzt dafür verantworten müssen, dass er erneut versucht hatte, Kontakt zu seinem Opfer aufzunehmen. Zwar hat die Frau mittlerweile eine Telefonnummer, die selbst innerhalb ihrer Behörde nur wenigen bekannt ist, trotzdem versuchte er über Kollegen zu ihr durchgestellt zu werden.
Doch zum erneuten Prozess kam es nicht. Noch vor Beginn der Verhandlung im Treppenhaus hatte der Angeklagte angeblich einen Zusammenbruch. Ein Notarzt wurde gerufen und der entschied, den Mann mit ins Krankenhaus zu nehmen. Nun muss ein neuer Verhandlungstermin gefunden werden.
Nachstellungen seit 1997
Seit 1997 stellt der Mann der Frau nach. Sie seien damals Nachbarn gewesen, hatte sie in einem vorherigen Gerichtsprozess berichtet. Aber sie kenne ihn gar nicht. Er habe sie offenbar als Feindbild Nummer 1 ausgewählt. Die Erklärung dafür fehlt. Als Kind soll der Mann in einem Ferienlager in Holland von Mädchen bedrängt worden sein - daraus soll seine Wut auf Frauen resultieren. Die 47-Jährige werde jetzt „ersatzweise“ bestraft.
Die Frau berichtete damals weinend davon, wie der Mann sie anruft, wie dann Stille herrscht, sie auflegt, er wieder anruft, Stille, Auflegen, erneuter Anruf usw. Sie versuchte es mit Trillerpfeifen zur Abschreckung, mit anderen Rufnummern. Er rief immer wieder an, zuletzt selbst an ihrem Arbeitsplatz. Die Frau leidet stark unter den Nachstellungen, unter der ständigen Angst beobachtet zu werden, unter der Panik, dass der Stalker ihr etwas antut.
Mit Fangschaltung des Arbeitgebers überführt
Überführt werden konnte er für den ersten Prozess über eine Fangschaltung, die der Arbeitgeber beantragt hatte. Trotz unterdrückter Rufnummer konnten seinem Handy zwölf Stalking-Anrufe in der Arbeitsagentur zweifelsfrei zugeordnet werden. Im Prozess gab er die Taten dann auch zu, ohne sich weiter zu erklären.
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Gutachter attestiert tiefen, grundlosen Hass
Gutachter Dr. Josef Leßmann attestierte dem Angeklagten damals ein „eingeschränktes Sozialverhalten“ und „tiefen, grundlosen Hass“ gegen sein Opfer. Auch andere Frauen soll er bedrängt haben. Der Psychiater sagte damals, dass der Mann voll für seine Taten verantwortlich sei. „Er ist sehr pfiffig“, eine krankhafte Störung sei nicht erkennbar. Leßmann vermutete schon damals, dass der Angeklagte nur versuche, dem Gericht vorzutäuschen, dass er nicht zurechnungsfähig sei.
Nun also erneut ein tatsächlicher oder vorgetäuschter Zusammenbruch, was dazu führt, dass der Prozess erneut angesetzt werden muss, dass das Opfer weiterhin mit Nachstellungen rechnen muss. Denn der Angeklagte befindet sich ja weiter auf freiem Fuß und kann sich frei bewegen und jederzeit telefonieren.