Bestwig. Nach der Schule als „Missionar auf Zeit“ ein Jahr ins Ausland - das hat schon so manches Leben verändert. Warum dieser Dienst so wertvoll ist.
340 junge Menschen zwischen 18 und 28 Jahren haben die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel während der vergangenen 25 Jahre als Missionare auf Zeit zu einem einjährigen Freiwilligendienst nach Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien entsandt. 99 davon kamen aus dem Erzbistum Paderborn, die meisten davon wiederum aus dem Sauerland.
Meike Steuber ist eine von ihnen. Sie hat durch ihren Einsatz in Mosambik 2018/2019 beispielsweise das Interesse an der Welt und am Reisen entdeckt. „Seitdem ist meine Neugier auf andere Länder, Kulturen und Landschaften noch größer. Und ich bin viel eigenständiger geworden“, so die 23-Jährige, die heute in Düsseldorf lebt. Sie hatte ihr Einsatzjahr in Metarica in Mosambik verbracht.
Dort haben ihr besonders die Lebensfreude der Menschen, die sich auch in Musik und Tanz äußerte, imponiert. Und die Gelassenheit. „Ich erinnere mich da zum Beispiel an ein Erlebnis, als uns bei einer Fahrt auf einem Pickup von Metarica in die Bezirksstadt Cuamba ein Vorderrad überholte. In Deutschland wäre man panisch geworden. Dort aber bleibt man gelassen.“ Gelassenheit, Lebensfreude, Wertschätzung – all das könne man bei einem solchen Auslandseinsatz lernen, sagt sie.
„Jetzt weiß ich das vielmehr wertzuschätzen“
Und noch etwas anderes werde einem bei einem solchen Einsatz bewusst. „Und zwar, wie privilegiert wir sind. Dass wir einen Zugang zu Bildungsangeboten und zu einer umfassenden medizinischen Versorgung haben. Das war für mich früher selbstverständlich. Jetzt weiß ich das vielmehr wertzuschätzen“, sagt Meike Steuber.
Die ehemaligen Freiwilligen, die sich heute in dem Förderverein „Brückenschlag“ engagieren, werben für diesen Auslandseinsatz und den damit verbundenen interkulturellen Austausch an Schulen, bei Vereinen und online. Sie veranstalten auch digitale Informationsabende, über die Interessentinnen und Interessenten aus der ganzen Republik auf das Angebot der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel aufmerksam werden. „Im Oktober waren es zwölf, die sich wieder zugeschaltet haben“, freut sich Viktoria Lehmann, zweite Vorsitzende des Vereins. Für das nächste Einsatzjahr 2023/2024 gibt es für alle Länder bereits acht Anmeldungen.
Achtmonatige Vorbereitung
„Wer Interesse hat darf sich gerne melden“, sagt Schwester Maria Dolores Bilo, Leiterin des MaZ-Teams im Bergkloster Bestwig. In den Bergklöstern Bestwig und Heiligenstadt findet ein Großteil der etwa achtmonatigen Vorbereitung und auch die Entsendung der Freiwilligen für ihren Auslandseinsatz statt.
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Hannah Politowski, die sich jetzt als Beisitzerin neu in den Vorstand des Brückenschlags wählen ließ, erinnert sich ebenfalls sehr gerne an ihren Einsatz als Missionarin auf Zeit zurück. Sie war im Kinderdorf Cuatro Esquinas in Bolivien. „Ich wollte viel über ein anderes Land, eine andere Kultur und andere Menschen lernen, habe dann aber ganz viel über mich selbst gelernt.“ Die 23-Jährige ist eins von inzwischen 90 Mitgliedern des Fördervereins.
Der leistet nicht nur Multiplikatoren-Arbeit, sondern unterstützt den Freiwilligendienst auch finanziell: Zurzeit übernimmt er die Kosten für eine Einsatzstelle in Bolivien. Darüber hinaus begleitet und berät er Freiwillige während ihres Auslandseinsatzes. Und er wirkt bei der Weiterentwicklung des Angebots mit.
„Wichtige Botschafter zwischen den Kulturen“
Für Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow sind die Missionare auf Zeit „wichtige Botschafter zwischen den Kulturen“ Und das gelte auch für die ehemaligen Missionare auf Zeit - denn wer einmal einen solchen Auslandseinsatz geleistet habe, gewinne neue Perspektiven sowohl auf eine andere als auch auf die eigene Kultur, die wahrscheinlich ein Leben lang prägen. Und es gelt ebenso für die zehn junge Freiwillige, die mittlerweile aus Bolivien, Brasilien und Mosambik für ein Jahr nach Deutschland kamen. Denn das Angebot gibt es für „Incomer“ auch umgekehrt. Die interkulturelle Verständigung werde in der heutigen Welt immer wichtiger, so die Generaloberin.
Informationen gibt es unter smmp.de/missioare-auf-zeit.de und auf der Seite des Vereins Brückenschlag www.brueckenschlag-smmp.de sowie bei Instagram: volunteers_smmp.
- Der Begriff „Missionar auf Zeit“ ist geschützt. Er ist als Freiwilligendienst im Ausland bzw. als Freiwilliges Soziales Jahr anerkannt und wird zu einem Großteil über das Programm „weltwärts“ des Deutschen Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert. Im Rahmen der Vorbereitung, die etwa acht Monate vorher beginnt, erwerben die Freiwilligen vor allem Sprachkenntnisse, setzen sich mit ihrem bisherigen Lebensweg auseinander und lernen sich untereinander in der Freiwilligen-Gruppe kennen. Der Einsatz beginnt normalerweise im Sommer und endet im Sommer des Folgejahres.
- Die über die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel ausgesandten Freiwilligen arbeiten beispielsweise in einem Kinderdorf in Cochabamba in Bolivien, wo sie Hausaufgabenhilfen oder hauswirtschaftliche Aufgaben übernehmen und Kinder und Jugendlichen zur Selbstständigkeit anleiten. In Leme in Brasilien besuchen sie bedürftige Familien am Stadtrand, leisten Kinderbetreuung oder arbeiten in einem Seniorenheim mit. In Mosambik helfen sie sowohl im Bildungszentrum in Metarica beim Unterricht und bei der Einzelförderung als auch in der Pastoralarbeit. Dort geht es sehr oft um praktische Hilfeleistungen wie Dächer zu decken oder den Garten zu bewirtschaften. Und in Rumänien unterstützen sie die Arbeit in einem sozialen Zentrum für Jugendliche und in einem Kinderheim. „Die Aufgaben sind vielfältig. Und wir versuchen, die Bewerberinnen und Bewerber nach ihren Interessen und Fähigkeiten einzuteilen“, erklärt die Leiterin des MaZ-Teams im Bergkloster Bestwig, Schwester Maria Dolores Bilo.