Schmallenberg. Zwei Schmallenbergerinnen sind Opfer einer Betrugsmasche geworden. Sie wollen andere mit ihren Erfahrungen warnen.

Gelderpressung durch Schockanrufe: Betrügerische Anrufe machen wieder die Runde. Betroffen sind auch die Schmallenberger Bürgerinnen und Bürger. Zwei Opfer berichten von der hinterlistigen Masche der Betrüger. Sie haben emotionalen Leid erfahren und möchten die Einwohner vor den Betrügern warnen, die sich oft als Familienmitglieder und Beamte ausgeben.

Es ist 10.30 Uhr, als ein Anruf auf das Festnetz kommt. Bianca S. hebt ab und hört ihre Tochter in weinerlicher Stimme sagen: „Mama, ich habe mit meinem Auto eine Frau mit Kinderwagen angefahren. Die Frau ist gestorben und das Kind schwebt in Lebensgefahr“. Die vermeintliche Tochter am Ende der anderen Leitung soll sich zurzeit in Untersuchungshaft in Bochum befinden.

Forderung einer Kaution

Daraufhin wird Bianca S. weitergeleitet. „Möchten Sie die Kaution bezahlen?“, fragt der Mann, der sich als Polizist ausgibt. 120.000 Euro soll Bianca S. von der Bank holen und nach Dortmund ins Amtsgericht bringen. Sie fährt los, damit sie ihrer Tochter so schnell wie möglich helfen kann. Doch während der Fahrt kommen immer größere Zweifel auf.

„Der Polizist hielt mich dauerhaft am Telefon und rief mich immer wieder zurück als der Empfang zusammenbrach“, erzählt Bianca. Drum hielt sie mit dem Auto an und wählte die direkte Nummer ihrer Tochter. Als diese ans Telefon ging, wusste Bianca Bescheid: Sie ist das Opfer von heimtückischen Betrügern geworden.

Auf dem Festnetz angerufen

Auch Birgit K. berichtet von einem ähnlichen Vorfall. Auch sie hat die Betrüger-Bande über das Festnetz angerufen. Die Betrüger erzählten ihre Tochter hätte einen Fahrradfahrer in Münster überfahren. Birgit K. hatte Glück, dass in der Nähe ein Polizeibeamter im Dienst war. Sie sagte den Betrüger am Telefon, dass sie den Vorfall an die örtliche Polizei weitergeben wird. „Plötzlich haben die Betrüger aufgelegt und mir wurde klar, dass meine Tochter wohlauf ist“, sagt Birgit K. Auf den Rat des Beamten hat sie anschließend ihre Tochter angerufen, um sicherzugehen. Das Erschreckende bei der Sache: Birgits Tochter war an diesem Tag tatsächlich in der Stadt. „Sie ist aus ihrem Wohnort im Schmallenberger Ortsteil zu einem Arzttermin nach Münster gefahren.

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Die Geschichte der Betrüger war so authentisch“, so die 56-jährige. Das Problematische an beiden Geschichten ist, dass die Betrüger die Vornamen aus der Familie kannten und Details preisgaben, von denen keiner wissen konnte. „Ich habe wirklich gedacht das wäre meine Tochter am Ende der anderen Leitung“, sagt Bianca S. „Ich habe schon einige Verluste in meinem Leben erlebt. Anfangs habe ich keinen Moment daran gezweifelt, dass meine Tochter in Not ist“, so die ebenfalls 56-jährige.

Nachverfolgung schwierig

Beide Frauen haben zwar keinen finanziellen Verlust zu beklagen, doch der Schock sitzt tief. „Ich hatte tagelang Angst, dass die Betrüger mir persönlich auflauern würden“, sagt Bianca S. „Es grenzt an Körperverletzung. Die Gefühle kommen immer und immer wieder hoch“, bestätigt Birgit K. „So ein Anruf trifft einen direkt ins Herz, denn es geht um die eigene Tochter“, sie weiter. Bianca S. hat den Vorfall zwar bei der Polizei gemeldet, doch die Ermittlungen sind nicht vielversprechend. „Sie haben mir direkt gesagt, dass die Nachverfolgung schwierig wird und ich mir keine Hoffnungen machen soll“, sagt sie enttäuscht. Die Betrüger verstecken ihre Spuren ganz genau, sitzen in Call-Centern im Ausland. Deshalb sei es beiden Frauen wichtig, diesen Vorfall öffentlich zu machen, um andere vor der Masche zu warnen. Ebenso empfehlen sie anderen Opfern, Code-Wörter innerhalb der Familie zu vereinbaren und den direkten Kontakt zur Familie zu suchen, falls ein besorgniserregender Anruf erfolgt.

Hinweis: Die beiden Betroffen wollten anonym bleiben. Bianca S. und Birgit K. sind daher nicht ihre richtigen Namen.

Weitere Informationen

Volker Stracke, Pressesprecher der Polizei, weiß, dass es regelmäßig zu solchen Betrugsmaschen kommt: „Wir unterscheiden zwischen den Schockanrufen (Anmerkung der Redaktion: wie in unserem Beispiel mit den zwei Schmallenbergerinnen) und den WhatsApp-Betrugsnachrichten.“ Bei den Benachrichtigungen melde sich häufig der vermeintliche Enkel, der Sohn oder die Tochter. Diese behaupten eine neue Nummer zu haben und sich deshalb auf diesem Wege bei den Opfern zu melden. Dann wird häufig von persönlichen Problemen berichtet: „Das kann zum Beispiel eine kaputte Küche sein, für die Geld gefordert wird“, erläutert Stracke.

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Doch wo bekommen die Betrüger personenbezogene Daten, wie zum Beispiel Name und Wohnort der Tochter her? „Im Internet, auf Social Media oder auch im Telefonbuch. Heutzutage findet man über viele Kanäle sehr persönliche Daten.“ Stracke empfiehlt, sowohl bei den Schockanrufen oder WhatsApp-Nachrichten von unbekannten Nummern skeptisch zu sein: „Man sollte niemals Geld auf unbekannte Konten überweisen“, warnt der Polizist. Diese Konten würden sich meistens im Ausland befinden und das Geld sei dann schwer oder gar nicht wiederzubekommen. Wenn man einen verdächtigen Anruf oder eine seltsame Nachricht erhält, solle man direkt die altbekannte Nummer des Sohns oder der Tochter wählen und den direkten Kontakt suchen. „Dann klären sich die Umstände häufig sehr schnell auf.“ Außerdem weist Stracke daraufhin, dass sich Bürgerinnen und Bürger sich bei Unsicherheiten immer an die Polizei wenden können. Darüber hinaus sollte eine Anzeige erstattet werden. Nur so könne die Polizei ein konkretes Lagebild erstellen und neue Betrugsmaschen öffentlich gemacht werden.