Meschede. Die ominöse Glasscherbe ist es nicht. Der stellvertretende Kreisbrandmeister im HSK nennt echte Auslöser von Waldbränden und was jeder tun muss.

Die Waldbrandgefahr steigt. 115.000 Quadratmeter - das entspricht 16 Fußballfeldern - brannten im Juli in Sundern-Stemel. Bs zu 400 Feuerwehrleute waren in Spitzenzeiten aus dem gesamten HSK im Einsatz. Uwe Schwarz, stellvertretender Kreisbrandmeister, nahm sich zwischen zwei Brandeinsätzen die Zeit für ein Interview.

Wenn es regnet - lässt Sie das in diesen Tagen nach einem Brand aufatmen?

Uwe Schwarz: Nein. Nicht wirklich. Nach dem ersten Regen ist die Straße dann zwar richtig nass, doch kurz drauf ist oftmals alles wieder trocken. Im Erdreich haben wir einen Tag nach dem Brand in Sundern noch 150 Grad gemessen. Wir haben dort deshalb mit einem Mulcher die Erde aufgerissen, um das Wasser auch in tieferliegende Erdschichten aufbringen zu können. Eine Stunde haben wir die Fläche eingenässt und trotzdem war sofort wieder alles trocken.

Interview zum Thema Waldbrand-Gefahr mit dem stellvertretenden Kreisbrandmeister Uwe Schwarz.
Interview zum Thema Waldbrand-Gefahr mit dem stellvertretenden Kreisbrandmeister Uwe Schwarz. © WP | Feuerwehr HSK

Was macht Ihnen da Sorgen?

Ganz klar die trockenen Sommer und damit verbunden der sinkende Grundwasserspiegel der vergangenen Jahre. Das Erdreich ist insgesamt sehr trocken. Da reichen kleinste Impulse, um die Vegetation in Brand zu setzen.

Können Sie überhaupt die Wasserversorgung für die Brandbekämpfung sicherstellen?

Kurzfristig sind wir dazu in der Lage, weil wir Feuerwehrfahrzeuge mit sehr großen Löschwasservolumen haben. Allerdings bewegen wir uns im Sauerland bei Waldbränden häufig in unwegsamem Gelände. Da sind die Landwirte mit ihren Gülle-/Wasserfässern voll Wasser wirklich eine Riesenhilfe und Unterstützung. Die sind nämlich oftmals deutlich schneller vor Ort, weil sie querfeldein fahren können, während wir auf befestigten Wegen fahren müssen.

Und langfristig?

Da macht es uns schon Sorgen, dass natürliche Gewässer, wie Flüsse und Bäche, durch hohe Temperaturen und niedrige Niederschlagsmengen im Sommer zunehmend austrocknen. Wir sind dann auf die Sammelwasserversorger angewiesen und entnehmen dort Trinkwasser über Hydranten. Das machen wir aber nicht gern, weil Trinkwasser ja auch knapp zu werden droht. Aber in geschlossener Bebauung ist das der schnellste Weg. Im Wald und auf Feldern versuchen die Behörden dem Wassermangel in Bächen und Flüssen durch die Anlage von Löschteichen und dem Bau von Brunnen entgegenzuwirken.

Schwarze Wolken über Sundern-Stemel am 19. Juli 2022.
Schwarze Wolken über Sundern-Stemel am 19. Juli 2022. © WP | Feuerwehr Sundern

In Sundern haben jetzt Hubschrauber beim Löschen geholfen und Wasser aus der Sorpe entnommen.

Das war eine große Hilfe. Wir können Hubschrauber über die Bezirksregierung bei der Polizei in NRW, bei der Bundespolizei oder der Bundeswehr anfordern. Aber da es davon nicht viele gibt, muss man das schon gut begründen. Es ist ja nicht ursächliche Aufgabe beispielsweise der Polizei, Löschflüge durchzuführen. Dazu kommt, wenn die Waldbrandgefahr bei uns steigt, steigt sie in ganz Deutschland. In Sundern wurde dann ein Hubschrauber der Landespolizei auch bald wieder abgezogen, weil er in Altena gebraucht wurde.

Und die Wasserentnahme aus der Talsperre?

Die muss auch über die DLRG überwacht werden, damit nicht versehentlich ein Segler oder Schwimmer dem Hubschrauber ins Gehege kommt.

Gibt es Alternativen?

Wir haben im Kreis so genannte Faltbehälter gekauft. Die können bis zu 50.000 Liter fassen und aus denen kann dann auch ein Hubschrauber Wasser schöpfen.

Auch Lösch-Hubschrauber kamen im HSK schon zum Einsatz. Dabei handelt es sich um
Auch Lösch-Hubschrauber kamen im HSK schon zum Einsatz. Dabei handelt es sich um "normale Polizeihubschrauber, die für diese Einsätze extra angefordert werden müssen.  © WP | Feuerwehr HSK

Immer wieder muss bei Bränden die berühmte Glasscherbe als Ursache herhalten. Verursacht die wirklich Waldbrände.

Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Meistens entstehen Brände durch Unwissenheit und Unvorsichtigkeit. Bei dieser Trockenheit reicht eine glimmende Kippe aus, um trockene Gräser zu entzünden. Eine große Gefahr sind auch Kohlen, die einfach ins Ufer geschüttet werden, weil man denkt, sie seien erkaltet. Auto-Katalysatoren, die extrem hohe Temperaturen verursachen und auf trockenen Wiesen abgestellt werden, können Brände entfachen. In der Heu- und Strohernte können sich die Ballen durch Gärung selbst entzünden. Und immer noch werden abgeerntete Felder abgebrannt, obwohl das seit Jahren verboten ist. Auch Brandstiftung will ich nicht ausschließen.

Ein Lagerfeuer im Wald ist zurzeit ein No-Go?

Ein offenes Feuer ist ein Tabu - wir haben Waldbrandstufe vier. Es wurden schon Waldbrandüberwachungsflüge im Regierungsbezirk Arnsberg durchgeführt.

Wie können wir die Gefahren minimieren oder eingrenzen?

Wenn wir uns alle an die Vorschriften halten, wäre schon viel getan. Ansonsten brauchen wir dringend mehr Regen, um das fehlende Grundwasser der vergangenen Jahre zu kompensieren. Ja, und wenn sich mehr Leute für die Feuerwehr begeistern würden, würde das auch helfen. Wir sind dankbar für jede Frau und jeden Mann, die sich engagieren.

HINTERGRUND

Uwe Schwarz rät außerdem technische Gerätschaften allgemein, aber vor allem Geräte mit Akkus sachgerecht aufzuladen - möglichst nicht unbeobachtet - und regelmäßig zu warten.

Wenn Lithium-Ionen-Akkus Druck, extremer Kälte oder Hitze ausgesetzt sind oder überladen werden, können sie explodieren oder sich selbst entzünden.

Das gelte beispielsweise für E-Bikes oder Handys.