Eslohe. Bei Perfect Day in Eslohe geben sich Königinnen und Hofstaatdamen die Klinke in die Hand. Über Kleidertrends und die neue Lust auf Schützenfest.

Der Kalender der Schneiderinnen ist proppevoll und bereits kurz nach Ladenöffnung tummeln sich schon morgens um 10 Uhr mitten in der Woche die ersten gut gelaunten Hofstaatdamen zwischen den Kleidern von „Perfect Day“ an der Esloher Hauptstraße. Über mangelnde Arbeit kann Inhaberin Lena Hoke aktuell beim besten Willen nicht klagen. Es herrscht Hochsaison auf den 600 Quadratmetern Verkaufsfläche. Endlich wieder! Hofstaatdamen und Königinnen geben sich momentan quasi die Klinke in die Hand. Und das bedeutet Stress. Stress, den Lena Hoke coronabedingt zwei Jahre lang schmerzlich vermisst hat. Und genau deshalb kann sie ihn im Moment sogar richtig genießen.

Mehr Menschen an den Straßen

Nicht nur sie ist froh, dass wieder in vollen Zügen Schützenfest gefeiert wird. Ihre Kundinnen sind es ganz offensichtlich auch. „Die haben alle richtig Lust darauf“, hat Lena Hoke in den vergangenen Wochen festgestellt. Man möchte sich wieder etwas gönnen. Mit allen Facetten. Und deshalb lassen sich viele ihrer Kundinnen nach der schmerzlichen Zwangspause das Kleid gerne auch mal etwas mehr kosten. Unter anderem auch deshalb, weil sie genau wissen, dass in den allermeisten Orten bei den Festzügen noch mehr Menschen an der Straße stehen als 2019 - dem Jahr, in dem niemand ahnen konnte, dass es mal zwei Jahre ohne das Fest der Feste in der Heimat geben würde.

Eines von 400 Königinnen-Kleidern, die es bei „Perfect Day“ in Eslohe zur Auswahl gibt.
Eines von 400 Königinnen-Kleidern, die es bei „Perfect Day“ in Eslohe zur Auswahl gibt. © Unbekannt | Frank Selter

2022 darf daher alles etwas pompöser, aufwändiger und kostspieliger sein, das gilt für Hofstaatkleider ebenso wie für Königinnenkleider. Bei den Hofstaatkleidern habe sich zum Beispiel der Satinanteil erhöht, sagt Lena Hoke. Bei den Königinnenkleidern sind Brokatstoffe stark nachgefragt. Was die Farben angeht, ist ein echter Trend zwar schwer auszumachen. „Grün und taubenblau ragen aber heraus“, sagt Hoke. Und auch Rosétöne seien beliebt - teils kräftig bis hin zu Pink. Ebenfalls auffällig: Man zeigt wieder Bein. Hofstaatkleider dürfen in diesem Jahr daher gerne mal einen langen Schlitz haben. Ob Spitze oder Glitzer, ob stylish oder elegant, hier sind die Vorlieben von Lena Hokes Kundinnen gemischt. „Je nach Typ“, sagt sie.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Dieser Satz passt wohl selten so gut wie im Fall von „Perfect Day“. Königinnen können sich zwischen 400 Kleidern entscheiden, für die Damen der Hofstaate hängen gar 900 Kleider an den Stangen. Und das wissen längst nicht nur Frauen aus dem Hochsauerlandkreis zu schätzen. Zum Einzugsgebiet gehört bereits seit Jahren auch der Kreis Olpe - und zwar nicht nur bis knapp hinter der Kreisgrenze sondern bis nach Wenden an der Grenze zum Siegerland.

Königinnen Hotspot der Region

„Perfect Day“ hat sich quasi zum Königinnen-Hotspot der Region entwickelt. Und deshalb gibt es für die Regentinnen inzwischen sogar eine eigene Etage. Und im ersten Stock ist die Laune ebenso gut wie zwischen den Hofstaatkleidern im Erdgeschoss - auch dann, wenn der geliebte Gatte ohne Vorwarnung aus einer Bierlaune heraus den Vogel von der Stange geholt hat. „Sollte es deswegen wirklich mal Ärger gegeben haben, ist der längst verflogen, bis die Königinnen nach dem Trubel unterm Kugelfang bei uns angekommen sind“, sagt Lena Hoke und lacht. Ein Gläschen Sekt und die ruhige und entspannte Atmosphäre auf der Königinnen-Etage tun ihr übriges. Hier können die Regentinnen diesen besonderen Moment ihres Lebens voll und ganz genießen.

Überstunden bis Mitternacht

Ein Hofstaatkleid: Was die Farben angeht, ist ein echter Trend zwar schwer auszumachen. „Grün und taubenblau ragen aber heraus“, sagt Lena Hoke. Und auch Rosétöne seien beliebt - teils kräftig bis hin zu Pink.
Ein Hofstaatkleid: Was die Farben angeht, ist ein echter Trend zwar schwer auszumachen. „Grün und taubenblau ragen aber heraus“, sagt Lena Hoke. Und auch Rosétöne seien beliebt - teils kräftig bis hin zu Pink. © Unbekannt | Frank Selter

Derweil rattern an anderer Stelle die Nähmaschinen der Schneiderinnen ohne Unterlass, um die prächtigen Kleider passend zu machen. Im Stich gelassen wird bei Perfect Day niemand. Ganz egal, wie voll der Kalender auch ist. „Wir machen hier alles möglich“, sagt Lena Hoke. Überstunden bis Mitternacht und Arbeiten an Sonntagen gehören im Moment einfach dazu. Im Prinzip könne man es mit dem Weihnachtsbaumverkauf vergleichen. Dort gebe es ebenfalls eine extrem stressige Phase und die sei dann im Dezember plötzlich ganz schnell wieder vorbei. „Nur bei uns ist es eben nicht der Dezember, sondern der August“, sagt Hoke. Bis dahin heißt es 24/7 - Bereitschaft rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche.

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Begonnen hat das Schützenfestgeschäft bereits mit ersten Anfragen im Februar. Denn: Nicht immer geht es den Kundinnen darum, ein neues Kleid zu kaufen. Einige Königinnenkleider hängen seit ihrem Kauf vor einem Jahr coronabedingt im Schrank - und passen nun nicht mehr. Zum Beispiel, weil in der Zwischenzeit königlicher Nachwuchs das Licht der Welt erblickt hat. Ein Fall für die Schneiderinnen, schließlich lassen sich Kleider nicht nur enger, sondern auch weiter machen. Zumindest bis zu einem gewissen Maß. Und wenn wirklich gar nichts mehr geht, dann werde halt getauscht“, sagt Lena Hoke. Auch das sei kein Problem.

Im Einsatz sind bei Perfect Day drei Schneiderinnen, vier Beraterinnen im Verkauf und Lena Hoke selbst. Als Inhaberin würde sie aktuell gern sogar eine vierte erfahrene Schneiderin einstellen, um die Arbeit in der Schützenfestsaison zumindest ein bisschen zu entzerren. „Aber es ist nichts zu machen“, sagt sie. Sie suche schon lange, aber erfahrene Schneiderinnen seien schwer zu finden. „Leider!“

Viele Kaiserinnen

Was in diesem Jahr noch hinzukommt: Durch die zweijährige Corona-Zwangspause wird in vielen Orten das Kaiserschießen nachgeholt. Bedeutet: Noch mehr Regentinnen, noch mehr Kleider, noch mehr Stress für Lena Hoke und ihr engagiertes Team. Aber ruhiger wird es in drei Monaten schließlich wieder von ganz allein. Nur hoffentlich niemals wieder so ruhig wie in den vergangenen beiden Sommern.

  • Bei den Hofstaatkleidern gibt es eine Preisspanne von 150 und 500 Euro. Königinnenkleider kosten zwischen 500 und 2500 Euro. „In der obersten Preisklasse ist es dann aber auch schon sehr pompös“, sagt Lena Hoke. Die meisten Kundinnen entscheiden sich für Kleider der mittlereren Preisklasse.
  • Auch in diesem Jahr musste Lena Hoke lange Zeit zunächst mit einer großen Unsicherheit leben. Denn: Modeeinkäufe für die Schützenfestsaison haben einen langen Vorlauf. Zum Zeitpunkt der Einkäufe war noch völlig offen, ob in diesem Sommer Schützenfeste wieder stattfinden dürfen.
  • Im Gegensatz zu den Preisen in anderen Branchen, sind die Preise für Braut- und Abendmode nicht gestiegen. Für das kommende Jahr allerdings erwartet Lena Hoke eine Steigerung von fünf bis zehn Prozent.