Schmallenberg. Maria Pravdyva ist aus der Ukraine nach Schmallenberg geflüchtet. Sie beschreibt ihre Flucht aus ihrer Heimat.

Mein Name ist Maria Pravdyva, ich bin Mitglied des Journalistenverbandes der Ukraine. Ich habe als Journalistin in der Stadt Odessa gelebt und gearbeitet, einem großen Ferienort an der Schwarzmeerküste.

In meiner Stadt greift die russische Armee seit Beginn der Invasion ständig vom Meer und von Flugzeugen aus an. Sie versuchen, mit ihren Truppen aus der Stadt Nikolaev zu starten, die von meiner Heimat nur zwei Stunden entfernt ist.

Die ersten 22 Tage nach Beginn des Kriegs waren die schwersten. Ich war in meinem Land und wollte den Leuten helfen. Die Bewohner meiner Region lebten seit dem 24. Februar um vier Uhr morgens unter Anspannungen – in dieser Nacht wachten wir alle auf, als russische Truppen fünf explosive Raketen auf unsere friedliche Stadt und ihre Bewohner abfeuerten.

„Ich wollte mein Land nicht verlassen“

Von diesem Moment an änderte sich unser Leben. Wir schliefen nur wenige Stunden: immer angezogen, weil es ständig zu unerwarteten Alarmen kam und wir in die Notunterkünfte rennen mussten - was immer unerwartet kam. Es war unmöglich, nach draußen zu gehen, sich zu waschen, zu essen. Die Preise für Lebensmittel und Medikamente, die es noch in den Geschäften angeboten wurden, stiegen, viele Menschen verloren ihre Arbeit und ihr Geld, mich eingeschlossen.

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Ich wollte meine Stadt und mein Land nicht verlassen. Aber als klar wurde, dass die Russen es auf meine Heimatstadt abgesehen hatten, wurde es für mich gefährlich, in der Stadt zu bleiben, da ich eine investigative Journalist war. Ich habe häufig über Macht, Korruption und Strafverfolgungsbehörden geschrieben. Daher bin ich sehr nützlich für Russland, weil ich viele Informationen habe. Ich weiß und verstehe, dass, wenn ich in die Hände des russischen Militärs falle, ich getötet oder gefoltert würde, weil ich mich weigere, für Russland zu arbeiten.

Ich kann immer noch nicht glauben und die Tatsache akzeptieren, dass wir in einer Welt leben, in der es einen solchen brutalen Krieg gibt, den niemand aufhalten kann oder will.

Eine lange und beschwerliche Flucht

Ich wurde gezwungen, mit anderen Flüchtlingen zusammen, meine Heimatstadt und mein Land zu verlassen. In Odessa konnte ich in einen Evakuierungszug nach Ungarn steigen. Es waren viele Leute im Zug, wir hätten eigentlich nur 15 Stunden fahren müssen, aber wir fuhren 22 Stunden, weil wir auf dem Gleis standen, während die russischen Truppen die Stadt Lemberg beschossen, durch die unser Weg führte. Es gab nicht genug Luft im Zug. Wir durften die Fenster nicht öffnen, damit kein Licht zu sehen war und wir nicht bombardiert wurden, es war unmöglich zu schlafen, weil mehr Leute im Zug als Sitzplätze waren, aber alle haben versucht sich gegenseitig zu helfen. In meinem Waggon waren auch Kinder mit Behinderungen, also haben wir unser Bestes für sie und ihr Wohlbefinden getan.

22 Stunden später kamen wir in Ungarn an. Dort blieb eine beträchtliche Anzahl von Flüchtlingen. Ich blieb auch einen Tag und eine Nacht. Tags darauf brachten sie mich und andere Flüchtlinge in eine andere Stadt. Dort warteten bereits die Freiwilligen des Teams vom Lächelwerk auf uns, die mich und andere Leute nach Schmallenberg brachten – weitere 15 Stunden.

In dieser Nacht wurde ich zu meiner Schwester Vicki gebracht, wo ich nun Zuflucht fand. In Deutschland fühle ich mich sicher und kann von hier aus meinem Land als Journalistin helfen. Ob es für mich persönlich möglich sein wird, in meine Heimatstadt zurückzukehren und ob mein Haus nicht zerstört wird - ich weiß es nicht.

Einblicke in ein neues Leben

Maria Pravdyva wird ab sofort einmal in der Woche in ihrer Kolumne über ihr neues Leben in Schmallenberg berichten.

Dabei wird sie auf alltägliche Probleme und neue Erkenntnisse über ihren Zufluchtsort aufschreiben.