Meschede. Der Arbeitskreis Nachhaltigkeit Meschede fördert naturnahes Gärtnern. Warum Totholz in den Garten gehört und man Schottergärten verbieten sollte.

17 Nachhaltigkeitsziele hat sich die Weltgemeinschaft gegeben. In Meschede fängt der „Arbeitskreis Nachhaltigkeit“ damit erstmal im Kleinen an. „Wir wollen, dass die Natur vor unserer Haustür nicht weiter verarmt“, sagt Christoph Recker, Mitglied des Arbeitskreises, und erklärt, wie man seinen Garten nachhaltig bewirtschaftet und warum Steingärten ihn ärgern.

Auf dem 1600 Quadratmeter großen Grundstück der Familie Recker-Möller wird der Rasen nur zweimal im Jahr gemäht.
Auf dem 1600 Quadratmeter großen Grundstück der Familie Recker-Möller wird der Rasen nur zweimal im Jahr gemäht. © WP | Ute Tolksdorf

Rasenschnitt und Kompost

Auf keinen Fall möchte er als Vorzeige-Gärtner dastehen, betont Christoph Recker. Jeder habe seine eigenen Vorstellungen. Aber die meisten Ziele, die der Arbeitskreis festgelegt hat, findet man als Anschauungsobjekt auf seinem 1600 Quadratmeter großen Grundstück an der Freiligrath-Straße. Der Garten grenzt an den oberen Wald vom Park des Seniorenheims Blickpunkt. Was direkt auffällt: Die Wiese steht hoch, nur ein Weg ist freigemäht. „So haben Pflanzen die Möglichkeit zu blühen und sich zu versähen“, erzählt er. Und weil er ihn nur zweimal im Jahr komplett mäht, spart das auch Arbeit. Der Rasenschnitt kommt auf den Kompost, als natürlicher Dünger auf die Beete oder unter die Hecken.

Hier machen Bodenlebewesen Laub, Grasschnitt oder Gemüseabfälle zu Kompost. Der düngt nicht nur gut, sondern verbessert auch die Bodenstruktur und fördert das Bodenleben.
Hier machen Bodenlebewesen Laub, Grasschnitt oder Gemüseabfälle zu Kompost. Der düngt nicht nur gut, sondern verbessert auch die Bodenstruktur und fördert das Bodenleben. © WP | Ute Tolksdorf

Heckenschnitt und Totholz

Überhaupt wird Heckenschnitt der vorwiegend heimischen Arten nicht etwa lärmend kleingehäckselt, sondern in einer Ecke des Gartens zum Verrotten abgelegt. Igel und Blindschleichen finden dort Unterschlupf. Auch die abgestorbene Fichte und alte Baumstümpfe lässt Recker verrotten, ohne die Wurzeln aus der Erde zu ziehen. Er weiß: Während die Zersetzung nach und nach weiter fortschreitet, dient das Totholz einer großen Zahl von Tieren und Pflanzen zum Nisten, Überwintern und als Nahrung.

Ein Teich

Ein Teich im Garten kühlt die Luft, ist Tränke und Bad für Vögel sowie Lebensraum und Laichgebiet für Molche, Erdkröten und Laubfrösche. „Wir haben hier am Teich im Sommer auch viele Libellen.“ Die sind wie alle Tiere fürs ökologische Gleichgewicht wichtig. Sie halten Mücken und Bremsen in Schach.

Kein Gift

Totholz im Garten wird nach und nach zersetzt, es ist Lebensraum für viele Tiere.
Totholz im Garten wird nach und nach zersetzt, es ist Lebensraum für viele Tiere. © WP | Ute Tolksdorf

Das Wichtigste aber sieht man nicht: kein Gift. Da hören auch für Christoph Recker die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten auf. „In den Giftschränken der örtlichen Märkte bekommt man immer noch Mittel, die längst schon für Privatgärten verboten sind. Doch das ist ein No-Go, weil die Mittel unser Grundwasser verunreinigen.“ Ein anderes wichtiges, wenn auch nicht ganz spannungsfreies Ziel sei es „loszulassen“: „Ein naturnaher Garten muss nicht überall und immer aufgeräumt aussehen.“

Insekten

Ein Insektenhotel zu bauen und so beispielsweise den gefährdeten Wildbienen-Arten ein Zuhause zu bieten, das machen viele Gartenliebhaber. Christoph Recker berichtet mit einem Schmunzeln, dass er beim jüngsten Vortrag von Wolfgang Jenke im Arbeitskreis erfahren habe, dass er „da so ziemlich alles falsch gemacht hat, was ging.“ So gehören weder Ziegelsteine in ein Insektenhotel noch Tontöpfe mit Holzwolle. „Die ersten nehmen die Tiere gar nicht an. Die Tontöpfe sind zwar gut für Ohrenkneifer, sie fressen Läuse, aber leider auch Larven aus dem Insektenhotel.“ Bei Familie Recker hängen sie deshalb jetzt an den Obstbäumen. „Röhricht lieben Insekten zwar, der Durchmesser sollte aber zwischen drei bis acht Millimetern liegen“, erklärt der Mescheder: „Ja und wenn man Baumscheiben als Insektenbehausung im Garten anbieten will, sollte man sie von der Rindenseite anbohren.“

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Auftrag an die Stadt

Der Arbeitskreis, gegründet von Friedrich Heemeyer und Britta Ewert, ist hervorgegangen aus den Mescheder Stadtgesprächen. Er will informieren, sensibilisieren, sich vernetzen und ist immer offen für neue Mitglieder. Langfristig geht es darum, nachhaltiges Denken in der Stadt bei den Bürgerinnen und Bürgern sowie auf der Verwaltungsebene voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Die Initiative wünscht sich auf allen Ebenen eine Aufgeschlossenheit für und ein Nachdenken über ökologische Aspekte. Sie hat vor, auf die Stadtverwaltung zuzugehen und um Unterstützung und Mitarbeit bei der Förderung der Artenvielfalt zu werben. Es wird angestrebt, dass sich die Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichem Engagement und kommunaler Verwaltung entwickelt.

Trockenmauern sind aufgrund vieler Hohlräume und Ritzen und ihrer Fähigkeit Wärme zu speichern für die Tierwelt von besonderer Bedeutung. Hier leben Eidechsen, Laufkäfer, Kröten, Spitzmäuse und viele andere Tiere, die als
Trockenmauern sind aufgrund vieler Hohlräume und Ritzen und ihrer Fähigkeit Wärme zu speichern für die Tierwelt von besonderer Bedeutung. Hier leben Eidechsen, Laufkäfer, Kröten, Spitzmäuse und viele andere Tiere, die als "Schädlingsbekämpfer" zur Stabilität des biologischen Gleichgewichts im Garten beitragen. Steingärten dagegen sind tot. © WP | Ute Tolksdorf

Die benachbarten Städte Brilon und Arnsberg, wo die Verwaltung in Nachhaltigkeits-Gruppen mitarbeitet, sind dafür schon positive Beispiele. Ansatzpunkte gibt es viele. Und gut gemeint, ist fachlich nicht immer gut begründet. So weiß Recker: „Auch Blühmischungen, die man kaufen kann, enthalten meist keine regionalen Pflanzen, sie treiben so die Verarmung des Ökosystems voran.“ Und etwa auch den Umgang mit Schottergärten, die auch in Meschede immer mehr zunehmen, die das Klima aufheizen und keinen Lebensraum für Flora und Fauna lassen, will der Arbeitskreis kritisch besprechen. Hier sollte mit der Verwaltung über bauliche Rahmenbedingungen verhandelt werden. „Unserer Meinung nach müsste die Stadt über ein Verbot nachdenken.“

Termin

Das nächste Treffen des Arbeitskreises Nachhaltigkeit findet am Donnerstag, 2. Juni, um 19 Uhr im Wiebelhaus statt.