Meschede. Mit dem 9-Euro-Ticket sind ab Juni alle Busse und Züge im Nahverkehr nutzbar. Welche Ziele lohnen sich von Meschede? Und was sagt der DB-Experte?
Das 9-Euro-Ticket soll Menschen dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen und stattdessen Bus und Bahn zu nutzen - vielleicht auch für einen Urlaubstrip? Auf Sylt wappnet man sich schon für den Ansturm der Touristen, das scheint verständlich, denn selbst für Sauerländer ist die Nordsee-Insel ein 9-Euro Ziel. Aber es gibt auch andere.
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Von Meschede nach Sylt
Von Meschede nach Sylt in rund acht Stunden - Kostenpunkt: 80 Euro mit Bahncard 25 und Super-Sparpreis. Da scheint die 9-Euro-Variante, sie dauert 10 bis 11 Stunden, ohne ICE oder IC, eine echte Alternative. Das allerdings sieht Lothar Braukmann vom DB-Büro in Meschede etwas anders. Zum einen könne man für jedes Ziel über Frühbuchen, Bahncard und Sparpreise die Kosten senken - und dann ist er sowieso nicht gut auf das Ticket zu sprechen. Während schon in den Medien Ziele und Möglichkeiten diskutiert wurden, gab es lange noch nichts Offizielles, dabei wurde er täglich schon mehrmals von Kunden angesprochen, die das Ticket kaufen wollten. „Die ganze Kommunikation war eine Katastrophe!“
Kommunikation war eine Katastrophe
Und ob das Ganze sinnvoll sei, sei die zweite Frage. „Oftmals ist es gar nicht so viel teurer, direkt durchzufahren. Man braucht doch meist sehr viel mehr Zeit und es wird unkomfortabler, denn Platzreservierungen sind in Regionalzügen ja auch nicht möglich.“ Er ist sicher: „Im Regionalverkehr - nicht im Sauerland, aber von uns aus Richtung Ruhrgebiet - wird das Ganze auseinanderplatzen. Und wenn die Aktion beendet ist, bleiben keine neuen Zielgruppen übrig, sondern jede Menge verärgerte Kunden.“
Fahrräder mitnehmen? Besser nicht
Wer jetzt noch daran denke, Räder mitzunehmen, sollte das besser direkt verwerfen, rät Braukmann. „Die Züge, gerade in die begehrten Urlaubsregionen und zu Ausflugszielen werden zu bestimmten Zeiten - in den Ferien und am Wochenende - rappelvoll sein.“ Da mache es kaum Spaß sich auch noch mit dem Rad reinzuquetschen. „Und es gibt ja auch schon Überlegungen, Räder fürs 9-Euro-Ticket gar nicht zuzulassen, weil das nicht zu managen ist.“
Kurzstrecken im Nahverkehr als Empfehlung
Lohnen könne sich das Ticket seiner Meinung nach allenfalls im Nahbereich - von Meschede aus beispielsweise nach Münster oder Düsseldorf. Doch da träfen ja dann Fernfahrer, Berufspendler und Tagesausflügler auch noch aufeinander. Ihn erinnert das an das Schöne-Wochenend-Ticket, das es ab 1995 anfangs zum Preis von 15 Mark gab, um die Auslastung der Züge in schwachen Zeiten verbessern. Es wurde mehrfach geändert und verschwand dann bald wieder komplett vom Markt. „Das war auch so ein Chaos.“
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Sauerländer reisen in alle Richtungen
Und - jenseits aller Kritik - was wären jetzt die beliebtesten und besten Ziele fürs 9-Euro-Ticket vom Mescheder Bahnhof aus? „Grundsätzlich reisen die Sauerländer von hier aus in alle Richtungen“, weiß der Bahn-Experte. Gerade seit Corona hätten die Ziele in Deutschland an Attraktivität gewonnen. Dabei geht es nicht nur vorwiegend an die Nord- und Ostsee. „An manchen Tagen wollen drei Personen kurz nacheinander nach Oberstdorf ins Allgäu zum Wandern.“ Und was ein attraktives Städte-Reiseziel ist - das DB-Büro vermittelt auch Hotels mit Städteprogramm - da habe doch jeder seine eigene Vorstellung: „München, Berlin, Hamburg, Bremen, Dresden, Erfurt, Würzburg oder Heidelberg - das sind alles attraktive Ziele mit vielen Sehenswürdigkeiten. Es kommt drauf an, was ich will: Shoppen, Kultur oder will ich jemanden besuchen.“
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Braukmann bleibt skeptisch, dass Menschen für den Stress einer 9-Euro-Anfahrt mit all’ ihren zeitlichen Einschränkungen das Auto stehen lassen. „Zuletzt haben meine Kunden dann doch lieber den IC mit Platzreservierung gebucht.“
Attraktive und weniger attraktive Ziele fürs 9-Euro Ticket
Die Uhrzeiten sind willkürlich ausgewählt, Preise und Zeiten können sich je nach Angebot ändern.
Meschede - Erfurt
Hier ist das 9-Euro-Ticket eine echte Alternative: In viereinhalb Stunden (4:31) fährt man mit dem Regionalzug von Meschede nach Erfurt. Nur einmal steigt man in Kassel um. Der Fernzug braucht eine halbe Stunde länger. Da lohnt es sich sogar, das Auto stehenzulassen, denn damit braucht man mindestens dreieinhalb Stunden und in Erfurt kann man die wichtigsten Ziele gut mit dem Rad oder zu Fuß erreichen. Was sich auf jeden Fall lohnt: die Krämerbrücke, die Alte Synagoge und der Erfurter Schatz sowie ein Besuch in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße. Mit dem E-Bike lässt sich auch das 24 Kilometer entfernte Weimar gut für einen Tagesausflug erreichen.
Meschede - Bremen
Rund vier Stunden (4:10) braucht man mit Regionalzügen von Meschede nach Bremen, allerdings muss man dreimal umsteigen, das ist bei der Bahn immer mal risikoreich, weil man Anschlüsse verpassen kann. Mit dem ICE braucht man allerdings sogar eine halbe Stunde länger. Für die Autostrecke errechnet Google-Maps rund drei Stunden. Was man sich ansehen kann: Wer sich für die Geschichte Bremens und seine Altbauten interessiert, dem sei ein Spaziergang vom Marktplatz über die Böttcherstraße und durch den Schnoor ans Herz gelegt. Für Kinder und andere Wissbegierige lohnen sich das Science Center „Universum” in Nähe der Universität und das Klimahaus in Bremerhaven. Bei gutem Wetter laden die Deiche zum Fahrradfahren ein.
Meschede - Hamburg
Nach Hamburg braucht der Regionalzug fast sechs Stunden (5:45) und vier Umstiege. Mit dem ICE erreicht man die Hansestadt in knapp fünf Stunden - es könnte deutlich schneller gehen, wenn man nicht in Dortmund eine Stunde Aufenthalt hätte... Vielleicht findet sich da noch eine bessere Verbindung? Allerdings kostet das Ticket auch mit Bahncard 25 und Super-Sparpreis, kurzfristig gebucht, rund 65 Euro. Hamburg bietet viel zu viel, um hier eine echte Auswahl vorzustellen: Für Kulturfreunde bietet sich sicher ein Besuch der Elbphilharmonie oder in einem Musical an. Bahn-Freaks besuchen auf jeden Fall das Miniatur-Wunderland, ja und wer hier nicht genug Shopping-Möglichkeiten findet, der wird sie nirgendwo finden.
Meschede-München
Hier ist Sitzfleisch gefordert: Mit dem 9-Euro-Ticket ist man fast 11 Stunden (10:38) bis München unterwegs und steigt viermal um, bis man München erreicht. Baut man ab Kassel den Fernzug ein, dauert es sechseinhalb Stunden. Der Preis ist hier natürlich ein Argument - je nach Tageszeit und Preisstruktur, sind da für eine Strecke 85 bis 125 Euro inklusive Bahncard 25 nötig - bei kurzfristiger Buchung. Was man auf jeden erleben sollte: einen Spaziergang durch den Englischen Garten und den Besuch eines klassischen Biergartens und der bayerischen Wirtshauskultur mit den entsprechenden Spezialitäten. Wer Lust auf Kultur hat, kann im Deutschen Museum schwelgen, und wer es lieber sinnlich mag, sollte sich den Viktualienmarkt nicht entgehen lassen.
Meschede - Berlin
Berlin ist ja immer eine Reise wert, heißt es. Hier allerdings ist das 9-Euro-Tickte nicht zu empfehlen: Neuneinhalb Stunden ist man mit Regionalzügen unterwegs und steigt mindestens dreimal um, in Kassel, Halle und Dessau. Nur fünf Stunden dagegen dauert die Fahrt mit dem ICE und der fährt ab Dortmund durch. Allerdings: Kostenpunkt 75 bis 120 Euro für eine Strecke. Aber dafür bietet Berlin dann auch viel für alle, die Kultur, Nachtleben, Shopping und Kulinarisches suchen. Neben dem Brandenburger Tor, sind Reichstag und das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ mögliche Ziele. Die Museums-Insel bietet jede Menge Kultur. Und abends kann man dann beispielsweise im Hackeschen Markt, in einem der zahlreichen Restaurants, Cafés und Bars versacken.
Meschede - Düsseldorf
Da lohnt sich das 9-Euro-Ticket. In zwei Stunden ist man ab Meschede in der Landeshauptstadt. Flaniert über die Kö, sitzt auf den Rheinterrassen oder unternimmt eine Rheinfahrt und kann sogar abends noch ein Theater besuchen, um mit dem Spätzug, samstags fährt der letzte um 0:22 Uhr in Düsseldorf loszufahren. Um 2:38 Uhr ist man dann wieder zu Hause. Es kann aber voll werden.