Meschede. An den Gerichten wirken ehrenamtliche Schöffen mit. Wie ist es dort Recht zu sprechen? Eine Meschederin berichtet.

Das Wort Schöffe kommt aus dem Althochdeutschen, es leitet sich von sceffino ab, was so viel wie „Anordnende“ bedeutet. Gemeint sind ehrenamtliche Laienrichter, die an Strafprozessen mitwirken. Das Gericht setzt sich in diesem Fall aus einem Berufsrichter und zwei Schöffen zusammen, die völlig gleichberechtigt sind, also das gleiche Stimmrecht haben. Else Garske, geboren 1949, lebt in Meschede und war 30 Jahre Schöffin, 10 Jahre am Amtsgericht Meschede, 10 Jahre am Verwaltungsgericht Arnsberg und 10 Jahre am Landgericht Arnsberg. Sie teilt ihre Erfahrungen mit uns.

Wie wird man Schöffin?

Nach dem Gerichtsverfassungsgesetz werden Schöffen alle fünf Jahre gewählt. Die zuständigen Städte und Gemeinden stellen nach unterschiedlichen Verfahren Vorschlagslisten auf, die alle Gruppen der Bevölkerung angemessen berücksichtigen sollen. Schöffen müssen mindestens 25 und höchstens 69 Jahre alt sein, deutsche Sprachkenntnisse und ihren Wohnsitz im Gerichtsbezirk haben, gesundheitlich geeignet, nicht überschuldet sein und sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Eine Ablehnung dieses Ehrenamtes ist nicht vorgesehen. Alle Schöffen sind zur absoluten Verschwiegenheit über den Hergang, die Beratungen und die Abstimmung auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit verpflichtet. Der Zeitaufwand belief sich bei mir auf sechs bis zehn Verhandlungstage pro Jahr.

Können Sie Beispiele für Verfahren nennen, denen sie beigewohnt haben?

Beim Jugendgericht in Meschede ging es um Diebstahl, Körperverletzung, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Sachbeschädigung, um nur einige Beispiele zu nennen. Beim Verwaltungsgericht war ich der Sozialkammer zugeteilt. Dort ging es um Klagen von Bürgern gegen Behörden und Verwaltungen im Zusammenhang mit Krankheit oder Alter. Da ging es um Klagen gegen Abschiebungen oder andere behördliche Verfügungen ebenso wie Klagen gegen Schulen und Universitäten wegen strittiger Beurteilungen. Im Landgericht saß ich im Berufungsgericht, wenn etwa ein Angeklagter sich falsch beurteilt fühlte oder die Staatsanwaltschaft ein Urteil der vorherigen Instanz nicht akzeptierte.

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Wie bereitet man sich auf das Schöffenamt vor?

Zur Vorbereitung auf die Aufgaben, Rechte und das Verhalten als Schöffe werden Kurse von freien Trägern und der Gerichte angeboten, z.B. vom Kolping-Bildungswerk Dabei wurden die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Schöffen vorgestellt und alle Fragen zu Recht und Gesetz besprochen und beantwortet. Die Teilnehmer wurden auch mit verschiedenen Einrichtungen des Strafvollzuges und der Resozialisierung bekannt gemacht, um eine Vorstellung von den Konsequenzen eines Urteils zu bekommen. Auf die eigentliche Gerichtsverhandlung kann ein Schöffe sich nicht vorbereiten, da man die Fälle erst unmittelbar vor der Verhandlung vorgestellt bekommt.

Wie beurteilen Sie das Schöffenamt?

Nach meiner Erfahrung ist es eine gute Einrichtung. In den vielen Gesprächen vor der Urteilsfindung ergänzen sich die Sichtweisen der Berufsrichter, die ja die Gesetze als wichtigste Grundlage für die Urteilsfindung sehen müssen, mit der unvoreingenommenen Sichtweise der zwei Schöffen, die ja als Vertreter des Volkes mitunter andere Kriterien gelten lassen.

Wie reagieren die Mitmenschen auf dieses Ehrenamt?

Man sieht einem Schöffen oder einer Schöffin das Amt ja nicht an. Kommt es gelegentlich zur Sprache, stellt man fest, dass die Vorstellungen doch sehr von den Gerichtssendungen im Fernsehen geprägt sind. Die eigentliche Arbeit der Schöffen, alles genau zu bedenken und zu diskutieren, ist eher unbekannt.

Gibt es etwas, das Sie Ihren Meschedern sagen möchten?

Ich hatte in all den Jahren großen Respekt vor der Aufgabe und habe oft und lange über einzelne Fälle nachgedacht. Es ging in jedem einzelnen Fall um Menschen und ihre Rechte, und ich glaube, dass wir als Schöffen den Menschen und dem Recht gedient haben. Für mich waren es immer neue Erfahrungen von Lebenswirklichkeiten und ich möchte diese Zeit wirklich nicht missen. Ich habe dieses Amt während der dreißig Jahre sehr gerne und mir großem Respekt ausgeübt.

Weitere Informationen: www.ag-meschede.nrw.de/aufgaben/abteilungen/Schoeffen/index.php