Grafschaft. Guido Schürholz ist Leiter der Corona-Station im Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft. Er blickt auf die vergangen zwei Pandemie-Jahre.
Die zurückliegenden zwei Jahre der Corona-Pandemie haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Corona-Station in Grafschaft direkt zu spüren bekommen. Guido Schürholz, Leiter der Corona-Intensivstation im Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, spricht im Interview über die schwere Zeiten während der Pandemie und richtet seinen Blick in die Zukunft.
Wie haben Sie auf den Beginn der Pandemie reagiert?
Guido Schürholz Nachdem wir die alarmierenden Meldungen aus Italien bekommen haben, wie sich die Krankheitsverläufe abbilden und wie sich die Überlastung der Krankenhäuser abzeichnet, haben wir hier einen Krisenstab einberufen und vorbereitende Maßnahmen getroffen, um uns eben auch auf die Situation bei uns vorzubereiten. Wir funktionierten eine Intensivabteilung zur Corona-Intensivstation um.
Wie ging es Ihnen dabei?
Zu Beginn der Pandemie wusste man gar nicht, in welche Richtung es geht. Man ist natürlich immer, auch um sich gut vorzubereiten, vom schlimmsten Fall ausgegangen – eben wie in Norditalien. Darauf richteten wir dann unserer Maßnahmen und Vorbereitungen aus.
Wie sah Ihr Arbeitspensum zu Beginn der Pandemie?
In den Hochzeiten als viele Patienten intensivpflichtig waren, resultierte die höhere Arbeitsbelastung eher aus den Bedingungen, die sich durch die Isolationsmaßnahmen ergeben haben. Die Schutzkleidung täglich häufig an- und abzulegen, ist, wie auch das Arbeiten unter voller Schutzausrüstung, sehr herausfordernd. Das war eher die zusätzliche Belastung. Dazu die Krankheitsbilder der Patienten, die teilweise sehr schwerwiegend waren. Aber wir sind ja eine Intensivstation. Das waren alles Dinge und Abläufe, die wir vorher schon so gesehen haben. Man sieht wie Patienten leiden und kann auch teilweise nichts mehr für sie tun.
Wie fühlt man sich da?
Wie gesagt, wir sind in gewisser Weise drauf vorbereitet diese Krankheitsverläufe zu erleben. Aber was für uns neu war, waren die relativ kurzen Zeiträume, in denen sich die Zustände der Patienten fulminant verschlechterten. Und diese schweren Krankheitsverläufe waren sehr beeindruckend und fordernd.
Wie schafft man es, so etwas nicht persönlich an sich ranzulassen?
Das geht eigentlich nur durch eine gute Teamarbeit. Man hält Rücksprache mit den Kollegen, wie sie diese Situation erleben. Man führt Krisengespräche im Team oder mit Unbeteiligten, die nichts mit der Situation zu tun haben. Wir haben Maßnahmen entwickelt wie wir solche Situationen auffangen. Außerdem ist der Rückhalt von Familie und Freunden sehr wichtig.
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Hatten Sie vor allem zu Beginn der Pandemie genug Kapazitäten und Ausrüstung?
Wir haben, weil wir hier eine Beatmungsklinik sind, selbst Masken mit effektiven Filtern entwickelt, die uns dann geschützt haben. Ansonsten waren in der Hochphase manchmal die Schutzkittel und Handschuhe knapp. Aber der Mitarbeiter- und Patientenschutz war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet.
Haben Sie sich manchmal überarbeit oder überfordert gefühlt?
Im Sinne der hohen Arbeitsbelastung nicht unbedingt. Aber für alle war dieser Unsicherheitsfaktor sehr schwierig. Man wusste nicht, wo die Reise hingeht. Es ist auch sehr belastend, wenn der Patient im stabilen Zustand zu uns kommt und sich das Krankheitsbild innerhalb weniger Stunden stark verschlechtert. Das waren Dinge, die haben wir vorher nicht erlebt.
Wie hat sich die Situation auf der Corona-Station im Laufe der Pandemie gewandelt?
Ein großer Schritt zur Verbesserung war die Impfung, als Prävention für die Risikogruppen aber auch für uns als Krankenpersonal. Dazu kommt, dass man im Laufe der Jahre Routinen entwickelt. Bei der Behandlung der Patienten gibt es jetzt Standards, die eingehalten werden und die Abläufe sind viel routinierter. Es gibt keine Probleme mehr mit dem Nachschub an Verbrauchsmaterialien. Der Umgang mit der Pandemie ist für unsere Station im Laufe der Zeit also deutlich einfacher geworden. Momentan ist die Belastung für uns gut zu bewältigen.
Hat die Pandemie Einfluss auf das Team der Corona-Station genommen?
Die Krise hat noch mal positiven Einfluss auf den Teamgeist genommen. Wir haben uns gegenseitig unterstützt und motiviert. Die Zusammengehörigkeit wurde während der Pandemie gestärkt. Zunächst bei uns auf der Intensivstation und ich glaube auch allgemein bei Mitarbeitern des Gesundheitswesens.
Was wünschen Sie sich von der Politik für die Zukunft?
Auf den Gesundheitsbereich bezogen wünsche ich mir generelle Reformen, die auch umgesetzt werden. Da geht es über die reine Wertschätzung hinaus. Es geht um Berufs-und Arbeitsbedingungen. Beispielsweise müsste die Personalausstattung überall so groß sein, dass Dienstpläne verlässlich eingehalten werden können. Oder verbesserte Ausfallregelungen, bei denen Kollegen nicht mehr in ihrer Freizeit einspringen müssen. Unabhängig von der Pandemie muss die Politik da ihre Hausaufgaben machen.