Meschede. Eine Familie in Meschede hat einen Hund, zwei Katzen und eine Wildmaus - sie wurde zweimal vor dem Tod gerettet. Eine tierische Geschichte.

Geburtstage müssen gefeiert werden, auch von tierischen Familienmitgliedern und besonders dann, wenn sie schon fast zweimal dem Tod von der Schippe gesprungen sind. Die Wildmaus von Familie Carvalho in Meschede überwintert dieses Jahr schon zum zweiten mal zwischen zwei Perserkatzen und einem großen Schäferhund-Mischling.

Es war damals ein sonniger Nachmittag im Herbst, an dem Familie Carvalho ganz Hals über Kopf neben zwei Perserkatzen und einem Langhaarschäferhund noch auf die Maus kam. Beim Autowaschen vor dem Haus kamen drei kleine Mäuschen des Weges daher und unterbrachen Vater und Sohn mit ihrem possierlichem Spiel. „Meiner Frau war schnell klar, dass die drei Babymäuse von ihrer Muttermaus wohl verlassen wurden“, erzählt Toni Carvalho.

Sorge vor dem Erfrieren

Abends bei kühleren Temperaturen waren die drei immer noch an der Mauer, aber allesamt eingeschlafen. Toni und Kerstin Carvalho waren zum Handeln aufgefordert. „Wenn wir jetzt keine Fürsorge treffen, dann erfrieren sie“, reflektiert Kerstin Carvalho die Situation heute.

Dass Toni Carvalho einen Draht zu seinen Tieren, hat sieht man sofort.
Dass Toni Carvalho einen Draht zu seinen Tieren, hat sieht man sofort. © Miriam Geck

Bevor sie sich auf dem Weg zur Nachtdienst machte, nahm sie die Mäuschen und bettete sie sie in einen Froteewaschlappen mit weichen Papierschnipseln. So viel Verantwortung musste einfach sein. „Wenn man Besitzer von Tieren ist, dann bringt man es nicht übers Herz, die Kleinen dem Frost auszusetzen“, sagt Toni Carvalho.

Am nächsten Morgen lag dann doch eines der Mäuschen erfroren im Versteck. Die zwei anderen sollten nur vorübergehend zwischen den restlichen zwölf Pfoten eine Bleibe bekommen.

Wie Katz und Maus? Da ist bestimmt eine Katastrophe vorprogrammiert oder? Nummer zwei überlebte trotz Erster-Hilfe-Maßnahmen mit Wärmelampe und Pipettenfütterung nicht, aber der harte Kern wurde liebevoll auf den Namen „Der Happen“ getauft und sorgt im Alltag für viel Faszination.

Toni Carvalho investierte in einen neuen Käfig mit Glas, da der Erstmaßkäfig von der letzten Vogelrettung doch zu klein war. Natürlich wollten er und seine Frau auch wissen, mit was für einer Maus sie es zu tun haben und ob eine artgerechte Haltung in Zukunft in Frage komme.

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Er berichtet: „Wir suchten Rat in Mäuseforen bei Facebook und konnten anhand unserer Fotos klären, dass es sich um eine Rötelmaus handelt.“ Dann nahm er Kontakt mit Wildtierstationen auf, bekam aber als Antwort, dass Rötelmäuse kein schützenswertes Leben haben. „Für uns war klar, dann behalten wir sie, zumal schon einige Tage vergangen waren und wir uns alle inklusive der ‘Großtiere’ aneinander gewöhnt hatten.“

Artgerechte Haltung

Toni Carvalho ergänzt: „ Wir sind immer für artgerechte Tierhaltung, das hätte zum Zeitpunkt letztes Jahr geheißen, dass wir unserem Happen einen Spielkameraden besorgen, aber nach Austausch in den Foren beschlossen wir, dass der Zeitpunkt nicht mehr der Richtige war.“ Das Tier hatte sich bereits daran gewöhnt, den Käfig nicht teilen zu müssen und im anderen Fall hätte es die Rangordnung angegeben und den Kameraden gebissen.

Zwei Perserkatzen, ein Schäferhund-Mischling und eine Wildmaus: Der tierische Teil der Familie.
Zwei Perserkatzen, ein Schäferhund-Mischling und eine Wildmaus: Der tierische Teil der Familie. © Privat

Also von wegen wie Katz und Maus. Es zeigte sich schnell eine Demokratie unter Tieren der Familie. „Statt sich in der Opferrolle als Katzenfutter zu sehen, gibt der Happen oftmals lautstark den Ton an, wenn ihm die Hundenase von Nandor nicht passt“, erzählt Kerstin Carvalho. Er sei dem Hund mit den Krallen vor die dicke Schnauze gefahren. Ebenfalls Kater Romeo, der auf allen Vieren zur Begrüßung vor den Gitterstäben hing, bekam eine piepsend, wetternde Mäuseabfuhr.

Durch die Foren im Internet konnte Toni Carvalho alles mögliche über Rötelmäuse ausfindig machen, auch die Risiken eines Hantavirus, das richtige Futter und die Lebenserwartung. „Dass unser Happen an Hantavirus erkrankt ist, halte ich für unwahrscheinlich, dann hätten wir längst alle grippeähnliche Symptome entwickelt und wir sollten die Zeit miteinander genießen.“

Rettung mit Seitenschneider

In diesem Zusammenhang berichtet Toni Carvalho, dass er seinen Happen nicht nur vor dem Frost gerettet habe, sondern auch vor einer möglichen Erstickung aus der Hamsterkugel. Während der Käfigreinigung parkte er den Kleinen in der Kugel, worin er übermäßig turnte und sich irgendwann verfing. Nicht mehr vor und zurück ging es und der Sauerstoff wurde knapper. „Dann musste ich zur Werkzeugkiste greifen. Ich wollte ihn doch retten und legte den Seitenschneider an“, lässt Toni Carvalho das Ereignis Revue passieren.

Er grinst: „Dass das Tier noch lebt, liegt wohl auch an der guten Pflege. Katzenmilch, Beautyfutter für Haut und Fell, Frischobst und Nüsse stehen auf dem Speiseplan.“ Wenn der Tag zu Ende geht, ist abends im Wohnzimmer Mäusekino angesagt. Kerstin Carvalho erklärt, was es damit auf sich hat: „Wir sitzen auf dem Sofa und sehen fern und glotzend und Männchen machend werden wir beobachtet.“ Hier unterhält wohl jeder jeden und zum Glück ist bei uns nie der Hund verfroren, denn Nandors raues Bellen hat schon so manchen Postboten verschreckt.

„Irgendwie läuft also immer bei uns die Sendung Hund & Katze & Maus“, so Toni Carvalho.