Meschede. Der Bund der Steuerzahler erläutert, warum der Umweltschutz Steuern und Gebühren steigen lässt und auf welche Kommunen verzichten könnten.
Mit dem neuen Jahr erhalten die Bürger in Meschede, Eslohe, Schmallenberg und Bestwig - den vier Kommunen unserer Region - ihre Steuer- und Gebührenbescheide. Ein vergleichender Blick auf die Nachbarkommunen lohnt sich. Harald Schledorn, Gebührenexperte beim Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW und Markus Berkenkopf, BdSt-Haushaltsexperte, haben für die Redaktion noch mal genauer hingeguckt. Sie sagen: Ein kostenintensives Thema wird der Umwelt- und Naturschutz und erklären, auf welche Positionen manche Städte schon heute ganz verzichten.
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Gibt es Bereiche, in denen es langfristig schwer werden wird, die Gebühren im Zaum zu halten und warum?
Harald Schledorn: Die größten Herausforderungen und damit verbunden höhere betriebsbedingten Kosten sind bei den Abfallgebühren, Schmutzwassergebühren und Niederschlagswassergebühren zu erwarten. Es gibt schon einzelne Verwaltungsgerichte in NRW, die die Meinung vertreten, dass die Kosten, die dem Klimaschutz dienen, gebührenfähig sind. Sollte sich diese Rechtsprechung verfestigen, ist auf breiter Front mit Gebührenerhöhungen bei den wichtigsten kommunalen Benutzungsgebühren zu rechnen. Beispiel: Abfallgebühren. Angenommen die entsorgungspflichtigen Städte, Gemeinden und Kreise ersetzen ihre Abfallfahrzeuge, die bisher mit Diesel betrieben wurden durch Fahrzeuge, die mit Elektro- oder Wasserstoffantrieben versehen sind, dann würde dies zu einer erheblichen Kostenbelastung führen. Dagegen könnte letztlich der Abfallgebührenzahler wenig unternehmen.
Gibt es da noch andere Bereiche?
Durch zunehmende gesetzliche Verschärfungen beispielsweise bei der Klärschlamm oder der Düngemittelverordnung wird es in NRW zukünftig verboten sein Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen im Landschaftsbau einzusetzen oder auf landwirtschaftlichen Nutzflächen auszubringen. Es entstehen derzeit eine Vielzahl neuer Monoklärschlammverbrennungsanlagen in NRW. Auch weil man per Gesetz gezwungen ist, den wichtigen Rohstoff Phosphor aus der Klärschlammasche zurückzugewinnen. Diese Art der Klärschlammentsorgung ist aber deutlich teurer als die bodenbezogene Entsorgung des Klärschlamms. Diese Mehrkosten wird zukünftig der Abwassergebührenzahler zu tragen haben. Mehrkosten drohen auch von der fortschreitenden sogenannten Membrantechnik in der kommunalen Abwasserbehandlung. Damit wird in Kläranlagen versucht, Mikroplastik, Mikroorganismen, Viren, Pharmazeutika, Pestizide aus dem Abwasser herauszufiltern. Auch das führt zu Mehrkosten, die letztlich der Abwassergebührenzahler zu tragen hat.
Sie blicken auch auf die Mischwasserkanäle?
Ja, auch die Entwicklung dort kann die Gebühren verteuern. So sind beispielsweise laut Auskunft des Ruhrverbandes in Meschede 222 von 345 Kilometern Entwässerungsnetz Mischwasserkanäle (das entspricht 65 Prozent). In Schmallenberg sind es 153 von 383 km (40 Prozent). Ein Mischkanal nimmt das Straßenoberflächenwasser auf, aber auch das Schmutz- und Regenwasser der angrenzenden Grundstücke. Es gibt nun Bestrebungen diese Mischkanäle zu reinen Schmutzwasserkanälen zu machen und daneben einen zweiten Kanal zu bauen, der nur das Regenwasser aufnimmt. Ein solches Trennsystem wäre mit hohen Aufwendungen verbunden, die letztlich beim Gebührenzahler „hängen bleiben würden“. Auch hier hätte dieser kaum Möglichkeiten, die höheren Gebühren abzuwehren.
Gibt es auch Gebühren, die in Zukunft mehr und mehr verschwinden werden?
Schon heute gibt es Städte die einige Gebühren, Beiträge und Steuern bewusst nicht erheben. Ein Beispiel aus Ihrer Region Schmallenberg: Die Stadt erhebt keine Winterdienstgebühren. Die Aufwendungen werden aus dem städtischen Haushalt refinanziert. Von im Winter geräumten und gestreuten Straßen profitieren alle, nicht nur die Grundstückseigentümer in der Straße, deshalb ist es auch in Ordnung, wenn dies die Allgemeinheit refinanziert. Beispiel: Düsseldorf. Die Stadt hat die Erhebung der Kita-Beiträge nicht nur für die letzten zwei Kita-Jahre, wie im HSK, sondern für alle über Dreijährige ausgesetzt. Von einer guten Betreuung und Sozialisierung der Kinder profitiert die ganze Gesellschaft, also auch der, der keine Kinder hat. Deshalb ist auch diese Entscheidung richtig. Andere Städte setzen für den ersten Hund die Hundesteuer auf 0 Euro fest. Auch das ist sinnvoll, denn die Hundesteuer ist eine klassische Bagatellsteuer. Sie verursacht hohe Aufwendungen bei der Festsetzung und Erhebung. In vielen Städten beträgt der Anteil der Hundesteuer an den Gesamtsteuereinnahmen gerade einmal ein Prozent - ein Grund warum der Bund der Steuerzahler NRW die Abschaffung fordert.
Immer mal wieder wird auch über die Grundsteuer C diskutiert.
Mit der Grundsteuern C können die Städte und Gemeinden unbebaute, baureife Grundstücke durch einen gesonderten Hebesatz höher belasten. Einzelne Länder schließen die Grundsteuer C aus. Auch der Bund der Steuerzahler NRW wendet sich dagegen. Ich finde sogar: Die Grundsteuer könnte insgesamt abgeschafft werden. Nach Berechnungen von Haus und Grund Deutschland macht sie nicht einmal zwei Prozent des Gesamtsteueraufkommens in Deutschland aus. Sie ist ein Beschäftigungsprogramm für staatliche Finanzverwaltungen und die kommunalen Steuerverwaltungen. Sie verursacht Tausende von Rechtsstreitigkeiten.
Werden die Bürger Corona-Kosten auch bei ihren Abgaben merken?
Aufwendungen für die Bewältigung der Coronakrise wären außerordentlicher Aufwand und müssen damit aus der Gebührensatzkalkulation herausgehalten werden. Die Bürger müssten also hier nicht mit Mehrbelastungen rechnen.
Wenn Sie Ihren Gebührenbescheid am Anfang des Jahres bekommen. Bei welcher Position gucken Sie dann genau hin?
Ich persönlich nicht, aber der Bund der Steuerzahler NRW unterstützt derzeit ein Musterverfahren bei den Abwassergebühren. Deshalb werden wir bei den Schmutz- und Niederschlagswassergebührensätzen genauer hinschauen. Konkret wird uns interessieren, nach welchen Methoden die Kalkulation der Kapitalkosten vorgenommen wurde.
Bestwig ist ein Hochsteuer-Ort
„Bei der Grundsteuer B liegen Meschede, Schmallenberg und Eslohe unter dem fiktiven Hebesatz in NRW für kreisangehörige Kommunen von 479 Prozent“, lobt Markus Berkenkopf, Haushaltsexperte beim BdSt NRW. In Meschede sei der Hebesatz mit 475 Prozent allerdings bereits recht hoch.
Noch höher liegt er - bereits seit 2019 - in Bestwig. Er beträgt dort 488 Prozent, für den BdSt „ein Hochsteuer-Ort“.