Meschede. Während man sonst wochenlang warten muss, um aus der Kirche auszutreten, geht das in der Meschede und Schmallenberg innerhalb von Tagen.

Die Zahl der Kirchenaustritte hat im laufenden Jahr einen neuen Höhepunkt erreicht. Treiber ist ganz klar die katholische Kirche. Denn während die Austrittszahlen bei den evangelischen Christen relativ stabil bleiben, kehren die Katholiken ihrer Kirche in großer Zahl den Rücken. Ein Trend, der nicht auf Meschede beschränkt ist.

In der Kreisstadt sind bis zum 15. November bereits 273 Katholiken ausgetreten. In den beiden vorherigen Jahren waren es jeweils 190 - bis zum 31. Dezember. Die Zahlen nennt das Amtsgericht Meschede. Es ist zuständig für die Austritte in Meschede, Eslohe und Bestwig.

Beim Amtsgericht Schmallenberg haben sich die Zahlen bis Mitte November sogar auf 148 verdoppelt. 2019 und 2020 waren es 76 beziehungsweise 77 gewesen.

Keine Wartezeiten in der Region

Während Austrittswillige in anderen Orten von vier bis acht Wochen Wartezeiten auf einen Termin beim Gericht berichten - in Dortmund dauert das sogar mehr als fünf Monate - läuft das in der Region schnell und unbürokratisch ab.

Auch am Amtsgericht Meschede ist es ein stetes Kommen und Gehen. Der Justizbeamte am Eingang erkennt die Besucher schon: „Kirchenaustritt?“, fragt er nur noch und erklärt: „Das sind täglich eine Handvoll.“ Das Gericht hat den Ablauf vereinfacht, um den Ansturm zu bewältigen.

Kirchenaustritte in Meschede und Schmallenberg.
Kirchenaustritte in Meschede und Schmallenberg. © FUNKEGRAFIK NRW Denise Ohms

„Austrittswillige bekommen bei telefonischer Anfrage innerhalb einer Woche einen Termin hier bei uns im Gericht“, berichtet Doris Goß, Direktorin des Amtsgerichts Meschede. Telefonisch und per E-Mail würden alle Daten abgefragt, so dass die Unterlagen vorbereitet werden könnten. „Die Bürger müssen dann lediglich zum Gericht kommen, um die Unterschrift zu leisten und die Gebühr zu entrichten. Der eigentliche „Termin“ dauert maximal fünf bis zehn Minuten Minuten.“

Ähnlich geht es im Amtsgericht Schmallenberg: Dort berichtet Justizobersekretärin Nina Fröhlich seien Kirchenaustritte nach telefonischer Terminvereinbarung kurzfristig möglich. „Mitzubringen sind der Personalausweis und 30 Euro in bar.“

Gründe für den Austritt

Warum die Menschen austreten, interessiert die Gerichte nicht. „Diese Information ist für uns nicht relevant und wird daher nicht erfragt“, erklärt Nina Fröhlich. „Sollten sie mitgeteilt werden, wären sie auch vertraulich“, ergänzt Doris Goß.

Wer noch mal nachfragt, ist Dechant Georg Schröder der Schmallenberger Pfarrer ist Leiter des Pastoralen Raums Schmallenberg-Eslohe. Jede Woche bekomme er Austritte auf den Schreibtisch. Er hat ein persönliches Dokument verfasst, verschickt nicht den vorgefertigten Brief der Diözese und bittet darin die die ehemaligen Gemeindemitglieder, ihm ihre Beweggründe mitzuteilen. Ungefähr zehnmal im Jahr, sagt er, komme es vor, dass sich dann Bürger bei ihm melden.

Dann höre er, dass diese Menschen nicht ihren Glauben verloren haben, wohl aber den Glauben an die Institution Kirche. „Es sind die großen kirchenpolitischen Themen, die die Menschen aus der Kirche treiben“, sagt Schröder. Sie ärgerten sich über die zögerliche Aufbereitung des Missbrauchsskandals, über den Umgang mit Frauen, die fehlende Gewaltenteilung in der Kirche und die veralteten Vorstellungen von Liebe und Sexualität. Es ärgert sie, dass die Kirche dabei sogar bis ins Privatleben eingreift, sobald man bei der Kirche angestellt ist. „Alles Themen“, so betont Schröder, „die beim Synodalen Weg behandelt werden.“ Der Synodale Weg ist ein Gremium aus Laien und Hauptamtlichen, das die deutsche katholische Kirche reformieren will. Deshalb hält es Schröder auch für extrem wichtig, dass aus den Beschlüssen des Gremiums bald Taten folgen. „Wenn wir die Austrittszahlen stoppen wollen, muss Kirche überzeugen, aber auch zeigen, dass sie aus Fehlern lernt und ihre Konsequenzen zieht.“

Was nach dem Austritt passiert

Nach Abgabe der Erklärung erhält man eine Bescheinigung für die Unterlagen. Das Amtsgericht informiert die Stadt- oder Gemeindeverwaltung. Diese übersendet die Daten elektronisch an die Finanzverwaltung, wo die persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale geändert werden.

Das Amtsgericht ist nur für den Austritt zuständig. Für einen Eintritt müssen sich die Bürger mit der jeweiligen Kirchengemeinde oder Religionsgemeinschaft in Verbindung setzen.