Meschede. Teile von Martinrea-Honsel in Meschede sind erneut von Kurzarbeit betroffen. Die IG Metall bestätigte die Situation und kündigte Schritte an.
Beim Automobilzulieferer Martinrea-Honsel in Meschede ist wieder ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit. Gleichzeitig laufen Vorbereitungen, um über die ab 2022 geltende Arbeitszeit verhandeln zu können.
Über beide Themen gibt das Unternehmen in Meschede selbst keine Auskunft, Anfragen laufen ins Leere. Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Arnsberg, bestätigt dagegen die Kurzarbeit. Betroffen ist das Walzwerk, die Kurzarbeit sei bis zum Ende des Jahres zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart worden. Martinrea-Honsel hatte zuletzt von Ende März bis zum 1. September 2020 Kurzarbeit für alle Beschäftigten – damals war die Coronakrise die Ursache.
Noch fünf unbezahlte Wochenstunden
Diesmal allerdings ist für Martinrea-Honsel die generelle Situation in der Automobilindustrie mit schwankender Auftragslage und Materialknappheit der Hintergrund: „Es gibt eine große Unsicherheit bei Aufträgen.“ Schwarz kennt das auch von anderen Betrieben: „Ich betreue Unternehmen, die glaubhaft nachweisen konnten, dass innerhalb von ein, zwei Wochen die Auftragsbestände von den Kunden auf einmal drastisch korrigiert wurden. Das ist echt übel, um es vorsichtig auszudrücken. Momentan kann keiner mehr großartig planen, wie die Auftragslage in den nächsten vier bis acht Wochen aussieht.“
Erstausrüster würden jenen Zulieferern bevorzugt ihre Bauteile schicken, bei denen für sie die Gewinnmargen höher seien: „Wer Glück hat und genau diese Marken und Modelle bedient, der bekommt zum Beispiel diese benötigten Chips und erhält dann Aufträge und hat keine Kurzarbeit – und andere Unternehmen haben eben Pech.“ Um die Mitarbeiter halten zu können, wurde deshalb die Kurzarbeit bei Martinrea-Honsel vereinbart.
Tarifvertrag läuft aus
Wenn die Kurzarbeit Ende des Jahres ausläuft, dann muss bei Martinrea-Honsel ab Anfang des Jahres eine weitere offene Frage geklärt werden: Am 31. Januar 2022 läuft ein Tarifvertrag aus, der seit 2017 gilt – und in dem sich die Beschäftigten zu einer unbezahlten Mehrarbeit von fünf Stunden pro Woche verpflichtet hatten, im Gegenzug für die Verpflichtung des Unternehmens zu Investitionen. Ab 1. Februar würde die 35-Stunden-Woche zurückkommen. Allerdings möchte der Arbeitgeber die 40-Stunden-Regelung verlängern. Wie berichtet, hatten Beschäftigte über die hohe Arbeitsbelastung beklagt.
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„Wir sind noch nicht in Verhandlungen eingetreten“, sagt Carmen Schwarz. Zunächst werden gerade externe Sachverständigen hinzugezogen, die die wirtschaftliche Situation des Unternehmens analysieren. Sie untersuchen auch, wie sich die Zahlen entwickeln werden – auch mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Lage der Zuliefererbranche. Die IG Metall will außerdem Antworten auf die Fragen der Transformation und Digitalisierung: „Da muss Martinrea-Honsel seine Hausaufgaben machen“, sagt Carmen Schwarz. Aus ihrer Sicht müsse in den nächsten Jahren stark investiert werden, weil ein Großteil der Aufträge noch am klassischen Verbrennungsmotor hänge, statt am Elektromotor: „Dafür muss es Konzepte geben. Daran hängt wiederum die Frage der Qualifikation der Mitarbeiter.“
Workshops mit Beschäftigten
Mit den Beschäftigten sollen Workshops geführt werden: „Die Leute müssen zu Wort kommen. Sie sollen ihre Erfahrungen schildern aus fünf Jahren abweichendem Tarifvertrag und welches Potenzial sie als Experte an ihrem Arbeitsplatz sehen. Wir müssen die Kompetenz einfangen, die es da gibt.“
Ergebnisse der Experten werden Ende Januar erwartet und der IG Metall und dem Betriebsrat, danach im Februar auch dem Arbeitgeber vorgestellt. Im Februar müssten dann auch die Beschäftigten entscheiden, ob sie Carmen Schwarz ein Verhandlungsmandat für einen neuen Tarifvertrag mit dem Arbeitgeber erteilen: „Mein Anspruch wäre es, etwas zu schaffen, was den Standort und die Arbeitsplätze wirklich absichert – ein Tarifpakt, wo Zukunft drinsteht und sich die Bedürfnisse der Kollegen und Kolleginnen wiederfinden.“
Eine mögliche Drohkulisse
Nach Besuchen im Walzwerk, in Kokille und Druckguss weiß sie: „Die Stimmung ist nach fünf Jahren verständlicherweise nicht offen für weitere Abweichungen.“ Die Verhandlungen werden schwierig: Denn Martinrea-Honsel hat bereits angekündigt, dass sich die Beschäftigten wieder an Investitionen beteiligen müssten. Die Drohkulisse ist auch bekannt: Martinrea-Honsel besitzt in Spanien ein ähnliches Werk und könnte mit einer Verlagerung drohen.
>>> Befristet Beschäftigte
Aktuell lösen möchte die IG Metall auch die Frage der Zukunft von 70 bis 80 befristet Beschäftigten bei Martinrea-Honsel.
Ein Teil der Verträge läuft Ende 2021, der andere 2022 aus.
Carmen Schwarz möchte eine vorzeitige Verlängerung oder Entfristung erreichen: Trotz Kurzarbeit müsse das Unternehmen dafür sorgen, den Stand der Beschäftigten und qualifizierte Kräfte zu halten.