Eslohe. Der Bund der Steuerzahler hat sein neues Schwarzbuch mit Steuerverschwendungen herausgegeben. Auf Seite 66 kommt Eslohe zu unrühmlicher Ehre.

Unrühmliche Ehre für die neue Brücke am Netto-Markt in Eslohe: Das Bauwerk hat es ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft, das am Dienstagmittag veröffentlicht worden ist. Das Schwarzbuch gibt es inzwischen seit mehr als 45 Jahren. Darin listet der Bund jedes Jahr aufs Neue 100 exemplarische Fälle von teilweise skurriler bis erschreckender Steuerverschwendung auf.

Auf Seite 66 findet sich diesmal die Gemeinde Eslohe mit ihrer Fußgängerbrücke wieder. Nachdem der Bund der Steuerzahler den Bau der Brücke über die Essel an der Tölckestraße und die damit verbundenen Kosten bereits zu Beginn dieses Jahres öffentlich kritisiert hatte, hat die Veröffentlichung im Schwarzbuch nun noch einmal eine besondere Qualität: Nun befindet sich Eslohe unter anderem in Gesellschaft mit der Stadt Köln, bei der die Sanierung der Kölner Bühnen kostenmäßig völlig aus dem Ruder läuft, und in Gesellschaft mit Bonn, wo sich die denkmalgerechte Instandsetzung der Beethovenhalle mit Blick auf die Finanzen aus Sicht des Bundes als „schweres Erbe“ entpuppt.

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In diesen beiden - und vielen weiteren Fällen, die im Schwarzbuch gelistet sind - geht es zwar um Millionensummen und damit um deutlich höhere Beträge als im Esloher Fall. Das aber, so sagt Janine Bergendahl vom Bund der Steuerzahler, sei gar nicht das Entscheidende. Sie betont gegenüber unserer Zeitung klar und deutlich: „Jeder einzelne verschwendete Euro Steuergeld ist einer zu viel.“ Und das sei eben auch in Eslohe der Fall. „Eine Brücke neben einer Brücke – das ist Steuergeldverschwendung par excellence“, urteilt Janine Bergendahl als Autorin des Esloher Verschwendungsfalls im Schwarzbuch. Sie war durch mehrere Hinweise aus Eslohe auf die Brücke aufmerksam gemacht worden. Für solche Hinweise sei der Bund immer dankbar, denn darauf sei man letztlich angewiesen, sagt Bergendahl.

„Lohnt eine Zeitersparnis von wenigen Sekunden?

„Zeit ist wertvoll – aber lohnt eine Zeitersparnis von wenigen Sekunden?“, leitet sie die Schilderung des Esloher Falles im Schwarzbuch ein. „Durch eine Fußgängerbrücke in Eslohe sparen sich Fußgänger einen Umweg von nur wenigen Schritten. Die neue Brücke wurde über den Esselbach gebaut – direkt neben eine bereits vorhandene Brücke“, heißt es weiter.

Und: „In Eslohe im Hochsauerlandkreis wird die Essel von einer Straßenbrücke überquert. Der Gehweg hat eine Breite von 1,75 Meter. So kann er nur eingeschränkt barrierefrei genutzt werden, wenn sich Fußgänger begegnen. Dies nahmen die politisch Verantwortlichen zum Anlass, um eine neue Fußgängerbrücke über die Essel zu bauen mit einer lichten Breite von 2 Metern. Die Ersparnis weniger Meter und einiger Sekunden für die Fußgänger kostet rund 95.000 Euro. 38.000 Euro davon zahlt die Gemeinde, der Rest stammt aus Städtebaumittelndes Bundes und des Landes“.

Immerhin sei die neue Brücke in Stahlbauweise errichtet worden, das minimiere die Unterhaltungskosten in der Zukunft, erkennt der Bund der Steuerzahler an.
Immerhin sei die neue Brücke in Stahlbauweise errichtet worden, das minimiere die Unterhaltungskosten in der Zukunft, erkennt der Bund der Steuerzahler an. © Frank Selter

Immerhin sei die neue Brücke in Stahlbauweise errichtet worden, das minimiere die Unterhaltungskosten in der Zukunft, erkennt der Bund der Steuerzahler an. Fairerweise verweist er auch darauf, dass die neue Fußgängerbrücke Teil eines Gesamtpakets ist, in dessen Zuge das Ortszentrum von Eslohe aufgehübscht wird. Denn genau in diesem Zusammenhang müsse man das Bauwerk auch sehen, hatte Eslohes Bürgermeister Stephan Kersting damals nach ersten kritischen Tönen betont. Während der Bund der Steuerzahler die Brücke dennoch für überflüssig hält, sieht Kersting das naturgemäß anders.

Verweis aufs Gesamtkonzept

Er hatte damals gegenüber unserer Zeitung zum einen auf einen einstimmigen Ratsbeschluss verwiesen und darauf, dass es in erster Linie immer darum gegangen sei, eine Sichtachse und einen Flaniercharakter zu schaffen - von der Hauptstraße, über den Raiffeisenplatz, vorbei am Netto-Markt hin zum Esselmarkt. Und genau das werde mit der neuen Brücke erreicht. Man dürfe ferner nicht außer Acht lassen, dass mit der neuen zwei Meter breiten Brücke nun endlich die Barrierefreiheit gegeben sei. Diese Barrierefreiheit hätte aus Sicht des Bundes der Steuerzahler jedoch auch ohne neue Brücke erreicht werden können. „Für 95.000 Euro hätten Bordsteine abgesenkt und Leitsysteme für Sehbehinderte gebaut werden können“, so der Bund.

Nachdem der Bau der Brücke bereits zu Beginn des Jahres nach der Berichterstattung in unserer Zeitung für bundesweite Schlagzeilen gesorgt hatte, wollte sich Bürgermeister Stephan Kersting gestern nicht noch einmal erneut zu dem Thema äußern. „Zu diesem Thema ist inzwischen wirklich alles gesagt“, so Kersting mit Verweis darauf, dass er sich bereits im März sehr ausführlich geäußert habe.

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