Meschede. Warum sich Mescheder Seniorinnen, sie wohnen alle im Blickpunkt, über ein „echtes Lächeln“ freuen und was ihnen Sorgen macht.

Natürlich kennen die drei Bewohnerinnen Silvia Koch, ihre Leiterin im Seniorenzentrum Blickpunkt in Meschede. Doch als alle vier für ein Foto vor die Tür gehen, sehen Eva-Maria Bobowski und Margot Dörheide, die beide erst nach Beginn der Pandemie ins Heim einzogen, sie bewusst das erste Mal ohne Maske. Sie freuen sich über das erste „echte Lächeln“.

Ausbruch im April 2020

Auch interessant

Die Pandemie traf das Seniorenheim, in dem blinde und sehende Bewohner leben, direkt zu Beginn massiv. Im April 2020 gab es einen Ausbruch mit vielen Infizierten, zwei hochbetagte Senioren starben. „Damals durften wir erst unsere Zimmer nicht verlassen“, erinnert sich Anna Götz. „Es war eine komische Zeit.“ Die 79-Jährige ist fast blind. Vorher traf sich die lebenslustige Bochumerin, die mit ihrem Mann ins Heim zog, als dieser erblindete, quer über die Stationen mit verschiedenen Bekannten und Freundinnen auf einen Kaffee oder zu gemütlichen Abenden. Das fehlt ihr bis heute. Silvia Koch hört Anna Götz zu. Eigentlich, so meint sie, sind diese Treffen wieder möglich. Sie will sich darum kümmern, dass die Freundinnen wieder zusammenkommen. „Wer redet, dem kann geholfen werden“, zitiert Anna Götz froh die Pfleger und freut sich darauf.

Margot Dörheide lebt im Seniorenzentrum Blickpunkt. Sie fühlt sich dort wohl und sagt: „Ich kann mich sehr gut auch mal allein beschäftigen.“
Margot Dörheide lebt im Seniorenzentrum Blickpunkt. Sie fühlt sich dort wohl und sagt: „Ich kann mich sehr gut auch mal allein beschäftigen.“ © Blickpunkt | Silvia Koch

Erinnerung an die Fensterbesuche

Eva-Maria Bobowski erinnert sich an die „Fensterbesuche“ ihrer Schwester aus dieser Zeit. „Unser Haus ist am Hang gebaut“, erklärt Silvia Koch. Deshalb war es in fast allen Etagen möglich, auf Abstand miteinander zu sprechen. „Das war schöner als die Video-Anrufe“, meint die Seniorin. Margot Dörheide kam im Sommer nach dem großen Ausbruch, als manches schon wieder gelockert worden war. „Ich kann gut für mich allein sein“, sagt sie, sie lese, nähe, löse Kreuzworträtsel und freue sich natürlich trotzdem über die regelmäßigen Besuche von Sohn und Schwiegertochter. Corona - das sei nicht ihr größtes Problem gewesen, erklärt sie. „Ich würde gern wieder so auf den Damm kommen, dass ich mal allein in die Stadt kann.“

Schlimmeres im Leben durchgemacht

Wie auch die beiden anderen Seniorinnen Corona nicht als die größte Bedrohung empfunden haben. Sie haben anderes durchgemacht: Schlaganfälle, die zunehmende Erblindung, die Flucht aus Ostpreußen. Auch wenn es schon bedrohlich sei, „dass diese Erkrankung ja nicht nur uns betrifft, sondern die ganze Welt“, finden sie. Angst um sich selbst hatten sie nicht. Und seit der Impfung, die für die ersten mittlerweile schon aufgefrischt wurde, fühlen sie sich relativ sicher.

+++Alle Berichte, die im Rahmen unserer Serie „Wenn wir uns wiedersehen erscheinen, finden sie nach Ihrer Verölffentlichung unter diesem Link+++

Anna Götz allerdings freut sich, wenn hoffentlich bald wieder die regelmäßigen Besuche losgehen, wenn die Kita- und Grundschulkinder kommen, der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr oder die Chöre. „Die kommen ja alle, „um uns eine Freude zu machen.“ Sie hofft auf Feste über alle Stationen hinweg, „wenn es hier mal wieder so richtig gerammelt voll ist“, sagt sie und lacht. „Und wenn man bei einem Fest mal wieder zwanglos mit fremden Menschen ins Gespräch kommen kann.“ Denn das fehle ihr schon, sagt sie. Auch wenn, wie Silvia Koch erinnert, die Rhythmus-Gruppen und der „Tierische Besuch“ seit dem Sommer wieder gestartet sind und dadurch ein Stück Normalität eingezogen ist.

Gern auf die Masken ganz verzichten

Noch tragen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Masken. Für die Bewohner sei das zu keiner Zeit verpflichtend gewesen, erklärt Silvia Koch. „Ich trage zu Hause in meiner eigenen Wohnung ja auch keine.“

Die drei Seniorinnen würden gern ganz darauf verzichten. So sei es schwierig, wenn man nicht mehr so gut höre, sagen sie, auch wenn sich alle Mitarbeiter viel Mühe gäben, deutlich zu sprechen. „Eigentlich sind wir doch jetzt hier alle geimpft und könnten auf die Masken verzichten“, wirft Margot Dörheide ein. Und Eva-Maria Bobowski ergänzt: „Es wäre doch schön, mal wieder ein echtes Lächeln zu sehen, nicht immer nur die Augen.“ Und Silvia Koch weiß, was sie meint: „Das dauert jetzt hier alles schon so lange. Da ist es klar, dass alle müde sind.“ Doch die Leiterin des Seniorenheims weiß auch, was sie nicht mehr erleben will, einen Ausbruch wie im April 2020. „Deshalb sind wir weiterhin so streng, tragen Masken und verlangen Impfungen oder zumindest Tests.“

+++Machen Sie mit bei unserer kurzen Umfrage: Wie wir uns wiedersehen+++

>>>HINTERGRUND

Im Seniorenzentrum Blickpunkt tragen die Mitarbeiter, trotz einer hohen Impfquote von mehr als 90 Prozent, zumindest FFP2-Masken oder Mund-Nasen-Schutz. Die Leiterin Silvia Koch schätzt, dass das auch noch bis zum Frühjahr so bleiben wird.

Besuchszeiten sind möglichst zwischen 9 und 17 Uhr, auch um die 3G-Kontrolle zu ermöglichen. „Wer dann nicht kann, weil er arbeiten muss, kann auch zu den Randzeiten kommen“, erklärt Silvia Koch.

Besucher müssen am Eingang einen 3G-Nachweis erbringen, eine Hygiene- und Gesundheitserklärung ausfüllen, und es wird Fieber gemessen. Täglich gibt es auch Testzeiten für die Nicht-Geimpften.

Im Blickpunkt leben 80 Menschen im Alter zwischen 50 und 100 Jahren. Im Schnitt sind sie Mitte 80. Gottesdienste und Feiern finden wieder stationsübergreifend statt, doch noch sitzen die Bewohner getrennt nach Wohnbereichen.