Meschede. So haben Klima, Windräder, Digitalisierung und Steuern in der Mescheder Stadthalle für teils hitzige Diskussionen gesorgt.

Das werden die Mitglieder von IMW besonders gerne gehört haben: CDU und FDP wollen keine Steuern erhöhen und den Soli abschaffen. Die Interessengemeinschaft Mescheder Wirtschaft stellte vor der Bundestagswahl wieder die Kandidaten in einer Podiumsdiskussion auf den Prüfstand. Unter der Leitung der Moderatoren Nicola Collas und Andreas Melliwa konnten die Wahlkreis-Kandidaten in der Stadthalle ihre Schwerpunkte vorstellen.

Gut gefüllte Reihen bei der IMW-Podiumsdiskussion in der Mescheder Stadthalle.
Gut gefüllte Reihen bei der IMW-Podiumsdiskussion in der Mescheder Stadthalle. © Unbekannt | Brigitta Bongard

Die Kandidaten waren in alphabetischer Reihenfolge von AfD bis SPD auf der Bühne der Stadthalle angeordnet: Otto Strauß (AfD), Friedrich Merz (CDU), Karl-Ludwig Gössling (Die Linke), Carl-Julius Cronenberg (FDP), Maria Tillmann (Grüne/Bündnis 90) und Dirk Wiese (SPD). Nach einleitenden Worten durch den IMW-Vorsitzenden Frank Hohmann, der die Wünsche und Ziele der IMW an die künftigen Regierung kurz zusammenfasste - die Digitalisierung steht hier ganz oben auf der Prioritätenliste - startete die Runde mit einer kurzen „Privatvorstellung“ aller sechs Kandidaten - „was wussten wir noch nicht über Sie?“, lautete die Frage der Moderatoren, die letztlich wenig überraschende Antworten hervorbrachte: Alle Kandidaten stellten ihre Verbundenheit zum Sauerland heraus, berichteten über Sportarten, die sie gerne betreiben, klärten über ihren Familienstand auf.

Der erste größere Disput

Der erste größere und stellenweise lautere Konflikt hatte sich dann bereits im ersten Themenblock zu Wirtschaft und Finanzen ergeben. Steuern wurden rasch Thema und die nicht vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags würde laut Friedrich Merz an der Glaubwürdigkeit der Regierung kratzen. Er sprach sich dafür aus, den Soli endlich komplett abzuschaffen, auch für Besserverdienende. Gegenfinanzieren müsse man die fehlenden Steuereinnahmen dann mit Wirtschaftswachstum - da konnte ihm FDP-Kandidat Carlo Cronenberg nur beipflichten, man würde schließlich weniger investieren, so lange man den Soli bezahle.

Eine Meinung, die Dirk Wiese von der SPD nicht teilte und weiterhin erklärte, dass seiner Meinung nach grundsätzlich kein Raum für große Steuersenkungen sei: „Allen muss klar sein, dass die Fördermittel für Flut und Corona über die Steuern zurückgezahlt werden müssen“, so Wiese, der sich mit seiner Partei weiterhin für die Entlastung von Gering- und Mittelverdienern einsetzen möchte. Maria Tillmann von den Grünen betitelte die Vorstellung von Merz und Cronenberg, dass die Wirtschaft angekurbelt würde, wenn man die Reichen entlaste, sogar als „Fiktion“, Karl-Ludwig Gössling (Die Linke) sprach sich dafür aus, zunächst einmal Steuer-Schlupflöcher zu schließen.

Die skurrilste Aussage

Eine der skurrileren Diskussionen und gleichzeitig die wohl friedlichste Übereinkunft des Abends entfachte ebenfalls im Themenblock Wirtschaft und bezog sich auf die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Während sich in diesem Punkt nahezu alle anwesenden Parteien einig waren und den Konsens vertraten, dass die deutsche Wirtschaft ohne ausländische Fachkräfte auf Dauer nicht bestehen könne, verlor Otto Strauß von der Alternative für Deutschland (AfD) den Faden und sprach in einem Atemzug von Fachkräfte-Zuwanderung der seiner Aussage nach steigenden Quote der Gruppen-Vergewaltigungen.

Nicola Collas griff an dieser Stelle ein und bat Strauß zum ersten, aber nicht zum letzten Mal, beim Thema zu bleiben. Der AfD-Mann ließ sich jedoch nicht beirren, blieb mit seiner Meinung jedoch allein auf weiter Flur: „Wer gekommen ist, sind keine Fachkräfte“, findet er, während Merz ein Ausrufezeichen hinter eine geregelte Einwanderung von mindestens 180.000 bis 200.000 Immigranten für die deutsche Wirtschaft setzte und Wiese und Tillmann sich dafür stark machten, denen, die kommen, um zu arbeiten, die bürokratischen Hürden zu erleichtern.

Die lauteste Diskussion

Gute zweineinhalb Stunden konnten die Zuschauer den Ausführungen der sechs Wahlkreis-Kandidaten folgen.
Gute zweineinhalb Stunden konnten die Zuschauer den Ausführungen der sechs Wahlkreis-Kandidaten folgen. © Unbekannt | Brigitta Bongard

Besonders kontrovers wie laut wurden die Themen Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien angegangen. Maria Tillmann erklärte, dass deutlich mehr in Windkraft vor Ort investiert werden müsse, um sich dezentral mit erneuerbaren Energien zu versorgen, woraufhin vor allem Friedrich Merz laute Worte fand, um zu erklären, dass er diesen Weg im Sauerland keinesfalls mitgehen werde. „An Inlandsstandorten macht Windkraft oft wenig Sinn, ich sehe hier größere Chancen in der Solarenergie und der Photovoltaik“, sagte er und wies darauf hin, dass solche Anlagen das Landschaftsbild im HSK nicht so stark verändern würden wie Windräder.

Gar als „öko-romantischen Traum“ betitelte Carlo Cronenberg die Idee der Grünen, das Sauerland energie-autark aufzustellen. Dirk Wiese unterstrich ebenfalls, dass Importe dahingehend immer nötig sein werden, um die Region zu versorgen und die Energiewende so, wie sie unter der Laschet-CDU in NRW laufe, niemals erfolgreich umgesetzt werden könne. „Die Wende muss gelingen, wir haben Ziele und machen das nicht aus Lust und Laune“, erklärte Wiese.

Die schwersten Vorwürfe

Das Thema Außenpolitik und der Zusammenhalt Europas erregte etwas später vor allem die Gemüter von Wiese und Merz, die sich letztlich bekannte Kritikpunkte um die Ohren warfen. „Kommen Sie mir nicht mit dem hanseatischen Kaufmann Olaf Scholz. Wir wissen alle, dass er 47 Millionen Euro Forderungen gegen eine Bank hat verjähren lassen, um diese zu retten“, lautete Merz Ansage an Dirk Wiese, der auf der gleichen Ebene konterte und unter anderem die Masken-Affäre und Korruption in den Reihen der CDU aufzählte.

Ziele für den HSK

Zum Abschluss der Runde hatte jeder der sechs Kandidaten die Chance, eine Minute lang darüber zu sprechen, was er oder sie konkret für den Hochsauerlandkreis erreichen möchte, wenn man denn in den Bundestag einziehen würde. Friedrich Merz erklärte, dass er definitiv für den Kreis da sein werde und bislang noch keine anderen Ämter für ihn vorgesehen seien, er wolle sich in Berlin für die „Industrieregion im Grünen“ einsetzen. Karl-Ludwig Gössling formulierte mit den Themen Glasfaserausbau und dem Fokus auf Nachwuchs und Bildung einige Ziele der Linken für den Kreis und Carlo Cronenberg und Maria Tillmann sprachen beide das Thema A46-Ausbau an: Die FDP werde sich unter anderem dafür einsetzen, die Grünen sind dagegen und für eine Mobilitätswende auf dem Land.

Unter anderem für den Erhalt des Sauerlands als Naherholungsgebiet und gegen Windräder sprach sich AfD-Kandidat Otto Strauß aus. Die letzten Worte dazu fand SPD-Kandidat Dirk Wiese, der erklärte, dass seine Partei die Säulen Arbeit, Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen angehen wolle, damit der Hochsauerlandkreis dauerhaft wirtschaftlich erfolgreich ist.