Meschede. Lässt die Hennetalsperre viel Wasser ab, wird das zum Problem für die Anwohner der Mescheder Ruhrstraße. Die Gründe erläutert Rolf Hennecke.

Einmal am Tag geht Architekt Rolf Hennecke mit dem Zollstock in den Keller des Hauses in der Ruhrstraße 21. Dort in der Ecke gibt es einen etwa 40 mal 40 Zentimeter breiten Schacht. „Von hier blickt man direkt in die Ruhr“, erklärt er. Was man sieht: Während das Unwetter an Meschede glimpflich vorbeigegangen ist, bleibt der Grundwasserspiegel hoch - mit Folgen für die Hausbesitzer.

45 Zentimeter über der Bodenplatte

Zuletzt war der Wert dann doch gesunken, nur einen Zentimeter stand der Grundwasserspiegel noch über der Bodenplatte des gemauerten Hauses. „Aber in der Woche zuvor - direkt nach dem Unwetter - stand er bei 45 Zentimetern“, erklärt Hennecke. „Wenn das über mehrere Tage anhält, drückt das Wasser durch das Mauerwerk. Dann sind die Steine durchnässt und hier ist nichts mehr zu retten.“ Ein Problem, das alle Häuser der unteren Ruhrstraße betreffe, „denn nach dem Krieg sind die wasserdichten Keller mit Vollziegelsteinen aus der Ziegelei erstellt worden.“

Rolf Hennecke misst in seinem Haus an der Ruhrstraße regelmäßig den Grundwasserspiegel.
Rolf Hennecke misst in seinem Haus an der Ruhrstraße regelmäßig den Grundwasserspiegel. © WP | Ute Tolksdorf

Der Architekt ist hochwassererprobt. Das Haus seiner Familie an der Ruhrstraße, das im Erdgeschoss an die Dessous-Modekette Hunkemöller vermietet ist, stand immer mal wieder unter Wasser. Zuletzt im Jahr 2006. Er hat über die Jahre Vorsorge getroffen: die Böden sind mit einer speziellen Isolierung abgedichtet, wichtige Akten sind aufgebockt, die Stromleitungen liegen unter der Decke, sodass man, selbst wenn das Wasser im Keller steht, eine Pumpe anschließen kann und Licht hat. Natürlich besitzt er auch eine eigene Pumpe, um das Wasser abzuleiten.

Wasser drückt gegen das Mauerwerk

Denn immer, wenn der Grundwasserspiegel steigt, wird das Wasser gegen den Boden und das Mauerwerk gedrückt. Hennecke kennt die Werte. Über das Hydrologische Institut Krefeld hat er sich schon vor Jahren die Messzahlen für den Grundwasserspiegel besorgt. „Alle 500 Meter gibt es hier eine Sonde.“

Im Heizungskeller hat sich der Mescheder einen Schott, eine Spundwand, bauen lassen, die er einhängt, sobald das Wasser eindringt. Die ist noch installiert, auch die Pumpe steht bereit. Denn während oberflächlich vom Hochwasser nicht mehr zu sehen ist und der Starkregen durch die neugestaltete Ruhrstraße ohne Probleme abfloss, stieg das Grundwasser. „Im Mess-Schacht stand das Wasser bei 63 Zentimeter.“

Spuren im Heizungskeller

Im Heizungskeller hat das auch diesmal Spuren hinterlassen, man sieht wo sich das Wasser durchdrückt - an den Wänden und an einem dunkel gefärbten Riss im Boden. Streichen wird Hennecke dort nicht - die Färbung ist sein persönliches Frühwarnsystem. „Und der Wasserstand hat eben nicht direkt mit dem Regen zu tun, sondern damit, wann und wieviel Wasser die Talsperre ablässt“, erklärt er. Die Henne drücke dann den Grundwasserspiegel nach oben. Normal steht er laut Hennecke in dieser Jahreszeit 20 bis 30 Zentimeter unter der Bodenplatte, jetzt noch einen Zentimeter darüber. „Das ist noch nicht gefährlich. Aber bei 20 Zentimetern über der Bodenplatte und das über 14 Tage eben doch - und deshalb messe ich täglich nach.“

Durch einen Schacht im Keller blickt Rolf Hennecke direkt auf den Grundwasserspiegel..
Durch einen Schacht im Keller blickt Rolf Hennecke direkt auf den Grundwasserspiegel.. © WP | Ute Tolksdorf

Hennecke weiß, dass die Hennetalsperre vor allem Wasser für die Trinkwasserversorgung des Ruhreinzugsgebietes bereitstellen muss. In den vergangenen trockenen Sommern wurde das schon knapp, daher war die Sperre diesmal randvoll - zu voll für den Starkregen. „Ich wünschte mir aber, dass man da auch mehr an uns Eigentümer denkt und uns besser informiert, damit wir Vorsorge treffen können.“ Auch ein regelmäßiger und mäßiger Abfluss schon seit April hätte geholfen. „Dann könnten die Hausbesitzer und Anwohner der Ruhrstraße auch bei Starkregen wieder ruhig schlafen und unbesorgt morgens im Keller nach den letzten Wasserresten sehen.“

Das sagte der Betriebsleiter der Hennetalsperre

Dazu sagt Christof Sommer, Betriebsleiter der Hennetalsperre, Kommunikation sei erstmal Sache des Kreisleitstelle. Alle Infos seien von dort auch zeitnah über die Warn-App Nina geteilt worden. „Wir können nicht jeden einzeln informieren.“

Allerdings sei selbst die Warnung über die App eine zweischneidige Sache. „Wenn man da zuviel warnt, also zum Beispiel Grundwasserstände mit hineinnimmt, kann es sein, dass mancher genervt die Warnmeldungen abschaltet.“ Der Grundwasserspiegel sei jetzt nach drei trockenen Sommern das erste Mal wieder auf Normalstand. „Wir lassen normalerweise nicht mehr ab als zufließt.“

Für das Überlaufen der Talsperre hatte er sich schon in einem früheren Interview gerechtfertigt: „In den drei vorherigen trockenen Sommern haben wir das Wasser, das jetzt überläuft, gebraucht, um die Trinkwasserversorgung im Ruhreinzugsgebiet zu sichern. Da hätte es sonst Versorgungsengpässe gegeben.“