Bestwig. Die Gemeinde Bestwig hat in der Corona-Krise an ihren Schulen Maßstäbe gesetzt. Dennoch sind Eltern und Schüler langsam am Limit.

Seit mehr als einem Jahr müssen Lehrer, Eltern und Schüler nun mit dem eingeschränkten Corona-Schulalltag leben. Vieles hat sich dabei eingependelt. Aber: Inzwischen ist die Luft raus. Eltern und Schüler sind am Limit. Das ist jetzt im Schulausschuss Bestwig deutlich geworden.

Matthias Risse, Leiter Andreas-Grundschule in Velmede hatte zu Beginn der Corona-Krise durch ebenso lehrreiche wie amüsante Youtube-Videos auf sich aufmerksam gemacht, um seine Schüler bei Laune zu halten. Seitdem hat sich eine ganze Menge getan. Jetzt zog er gemeinsam mit seinen Schulleiter-Kolleginnen aus Ramsbeck und Nuttlar eine ausführliche Corona-Bilanz. Demnach sei es vor allem jenen Schulen gelungen, die Krise zu meistern, die sich rechtzeitig auf Distanz- und Wechsel-Unterricht vorbereitet hätten. Und genau das ist an den drei Bestwiger Grundschulen erfolgt.

Organisation der Kommunikation

Entscheidend sei hier zum einen die Organisation der Kommunikation gewesen - zwischen Schülern, Eltern und Lehrern. Aber auch die Entwicklung eines recht flexiblen Distanz-Lern-Modells sei hier bedeutend gewesen. Funktioniert habe das an den Bestwiger Grundschulen über die kostenpflichtige Lernplattform IServe, für deren Zurverfügungstellung man der Gemeinde als Träger der Grundschulen sehr dankbar sei. Denn: Durch die technischen Möglichkeiten und vor allem durch einen intelligenten Aufgabenmanager und virtuelle Klassenräume sei man schon „sehr nah dran an normalem Unterricht“, so Risse. Genau das sehe auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Corona-Krise an vielen anderen Schulen des Landes noch deutlich anders aus.

Gerade jetzt, so sagt Risse, müsse der Unterricht anders gestaltet werden als noch vor einem Jahr. „Weil Kinder und Eltern jetzt anders drauf sind als vor einem Jahr“, hat der Schulleiter festgestellt. Dazu gehöre auch die technische Ausstattung. Denn: Die Lernplattform funktioniere zwar auch auf dem Handy, deutlich komfortabler sei sie aber über ein Tablet oder einen Laptop zu bedienen. Und auch das scheint kein Problem zu sein. Von den 23 Leihgeräten, die der Schule zur Verfügung stehen, seien 22 bei den Schülerinnen und Schülern daheim in Benutzung. An den anderen beiden Grundschulen der Gemeinde sehe dieses Verhältnis ähnlich aus.

Maßstäbe gesetzt

Insgesamt bleibe also festzuhalten, dass die Bestwiger Schulen durch die Digitalisierung und insbesondere durch IServe erfolgreich in der Lage sind und waren das Schulleben in Corona-Zeiten zu organisieren. Es sei keineswegs selbstverständlich, was Bestwig hier für die Schulen geleistet habe, so Risse. Wenn er auf andere Kommunen schaue, könne man mit Fug und Recht behaupten, dass die Gemeinde hier Maßstäbe gesetzt habe.

An den Bestwiger Grundschulen kommt inzwischen die Lernplattform IServe zum Einsatz.
An den Bestwiger Grundschulen kommt inzwischen die Lernplattform IServe zum Einsatz. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

Aber, so betonte Anne Rath als Leiterin der Grundschule Ramsbeck, ganz grundsätzlich habe es unterm Strich allen Kindern sicherlich nicht gut getan, auf den regelmäßigen Schulbesuch verzichten zu müssen. Die Situation sei schlichtweg nicht vergleichbar mit normalem Schulalltag. Immerhin aber gebe es auch einige wenige Kinder, die von der Situation profitiert hätten, wenn es um ihre persönlichen Leistungen gehe. Gerade in der Notbetreuung sei darauf geachtet worden, dass diejenigen Schüler kommen, die Zuhause keine Unterstützung zu erwarten haben - mit dem Ergebnis, dass einige Kinder, die es sonst nicht geschafft hätten, erfolgreich gefördert werden konnten. Unterm Strich könne man sagen, dass es sei wie an allen anderen Schulen auch: „Es sind einige Gewinner dabei, aber auch viele Verlierer.“ Risse ist überzeugt davon, dass vor allem die kräftezehrende Situation der dritten Welle mit dem ständige Hin und Her zwischen Distanz- und Wechsel-Unterricht manchen Kindern mehr geschadet hat, als der vorherige reine Distanz-Unterricht. Man merke sehr deutlich, dass die Luft raus sei - bei den Eltern und bei den Kindern.

Anne Rath sprach von einer großen Herausforderung. Und dabei meine sie nicht in erster Linie die Herausforderung der Lehrer, sondern die der Eltern, die im Distanz-Unterricht ständig für ihre Kinder da sein müssten. Konzentriert haben sich die Bestwiger Grundschulen im Distanz-Unterricht auf die Kernfächer Mathe, Deutsch, Sachunterricht und Englisch. Aufgaben aus anderen Fächern seien als freiwillig angeboten worden. Dabei habe sich aber herausgestellt, dass es schon mehr als eine Herausforderung sei, diese Flut an Aufgaben gemeinsam mit den Kinder zu bewältigen. Viele Eltern hätten aufgrund von Berufstätigkeit schlichtweg nicht die Möglichkeit, sich gemeinsam mit ihrem Kind fünf Stunden am Tag vor den Rechner zu setzen.

Lob an Eltern und Großeltern

Daher habe man versucht, den Schulalltag so zu gestalten, dass ihn jeder auch bewältigen könne. Eltern - und in nicht wenigen Fällen auch die Großeltern - hätten hier großartige Arbeit geleistet. Aber, das betonte auch die Ramsbecker Schulleiterin ausdrücklich: Inzwischen seien Eltern und Schüler am Limit. Sie wünsche sich, dass es nun langsam aber sicher endlich einigermaßen normal weitergehen könne.

Wunsch nach Präsenz-Unterricht

„Wir alle wünschen uns, dass wir wieder zum Präsenz-Unterricht zurückkehren können.“ Und wenn es nur für die letzte Woche vor den Ferien sei, um sich wenigstens von den Kindern verabschieden zu können. „Denn auch wir vermissen die Kinder“, so Rath. Ebenso ausdrücklich hob die Schulleiterin auch die sehr gut funktionierende Notbetreuung hervor, die in dieser Form ohne die Unterstützung der Fördervereine und die gute Zusammenarbeit mit der OGS nicht möglich gewesen sei.

Eva-Maria Schlotmann-Griffin, Leiterin der Grundschule in Nuttlar, verwies darauf, dass auch an den Tagen, an denen die Schüler in der Schule seien, durch die strengen Hygieneregeln sowie die Masken- und die Testpflicht nicht von einem „normalen Schulalltag“ die Rede sein könne. Gerade für die herkömmlichen Schnelltests sei trotz guter Vorbereitung Morgen für Morgen eine gute Viertelstunde der Unterrichtszeit draufgegangen. Wenigstens das habe sich glücklicherweise durch die Lollitests erledigt, die deutlich schneller zu bewältigen seien.