Schmallenberg. Tausende Jahre sind die Waffen alt, die auf dem Wilzenberg gefunden wurden. Archäologen sind begeistert. So kam es zu dem Jahrhundertfund.
Nein, neugeschrieben muss die Geschichte des Wilzenberges nicht. Wohl aber fortgeschrieben. Grund dafür ist ein Hobby-Archäologe aus dem benachbarten Winkhausen: Matthias Dickhaus. Seit 2017 ist er mit seinem Metalldetektor auf Schatzsuche im Schmallenberger Land, 2018 war er auf dem Wilzenberg unterwegs. Dort brachte er nach und nach den größten eisenzeitlichen Waffenhort Nordrhein-Westfalens ans Tageslicht - mehr oder weniger durch Zufall und Glück. Eine Entdeckung von historischer Tragweite und Bedeutung.
Schon vor Christi Geburt war der Wilzenberg Anziehungspunkt vieler Menschen. Zu besonderen Anlässen besuchten sie den heute als „Heiliger Berg des Sauerlands“ bekannten Wilzenberg, hielten dort vermutlich Treffen und Rituale ab.
Fachleute entdeckten bereits in vergangenen Jahrzehnten die unterschiedlichen Wälle auf der Kuppe des Wilzenberges, Befestigungen aus Stein, Holz und Erde. Auch für Matthias Dickhaus ein spannender Ort.
In Abstimmung mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) begann er 2018 dort oben Forschungen mit dem Metalldetektor, steckte das Gebiet in Areale ab, suchte und sammelte.
Kistenweise Bombensplitter aus den Kriegsjahren gefunden
Kistenweise Bombensplitter, Büchsen, Kronkorken fand er dank seines Metalldetektors. Doch vereinzelt auch immer wieder Eisenteile, die den Heimatforscher stutzig machten. Präzise zeichnete er mithilfe von GPS-Daten auf, welches Teil er wo und wie auf dem Wilzenberg, insbesondere im Bereich unterhalb der Marienkapelle, gefunden hatte. Die Experten des LWL, Dr. Manuel Zeiler und Prof. Dr. Michael Baales, sind begeistert und intensivieren den Kontakt. Drei Jahre ist Dickhaus für den Landschaftsverband auf dem Wilzenberg unterwegs: „Ich habe hier jede freie Minute verbracht, gesucht und geforscht.“
Immer wieder piept der Metalldetektor. Am Ende kommt Dickhaus auf knapp 100 historische Fundstücke. Alle aus der Zeit der Kelten, tausende Jahre alt. Dickhaus, Zeiler, Baales, alle sind sich einig: „Mit so einem Fund hätten wir hier niemals gerechnet.“ Vor allem, weil in den Jahrzehnten zuvor immer mal wieder gegraben wurden und auch viele andere Hobby-Historiker dort oben bereits mit ihren Metalldetektoren unterwegs waren. „Hiermit schreiben wir die Geschichte Westfalens weiter“, kommentierte Manuel Zeiler von der LWL-Archäologie-Außenstelle mit Sitz in Olpe.
Bereits 1950 wichtiger Waffenfund auf dem Wilzenberg
Denn das, was Dickhaus dort auf dem Wilzenberg findet, sind historische Waffen: Spitzen, Speere und Lanzen. Wie kommen die auf den Wilzenberg? Bereits 1950 wurden auf dem Wilzenberg zufällig Speer- und Lanzenspitzen aus der Eisenzeit gefunden, die in zwei Schwerter eingewickelt waren. Tief vergraben im Boden. Schon damals auffällig: Die Spitzen waren alle mutwillig verbogen und deformiert. Gleiches bei den vielen Funden von Dickhaus.
„Denkbar ist nach aktueller Forschungslage, dass im Umfeld des Wilzenberges ein Kampf stattfand und die Sieger ihren Triumph vollendeten, indem sie die erbeuteten Waffen auf die Wallburg brachten“, erklärt Zeiler. Dort wurden die Waffen deformiert und präsentiert. Was erklären könnte, dass sie nicht tiefvergraben, sondern relativ flach unter der Erdoberfläche lagen. Ähnliche Kulthandlungen kenne man beispielsweise aus französischen Forschungen. Kriege auf dem Wilzenberg selber habe es nicht gegeben.
Auch interessant
Auch Schildbuckel, Werkzeuge und Teile von Pferdegeschirren waren unter den Funden. Aufmerksamkeit unter den Forschern erlangte vor allem eine seltene Art Pferdetrense, welche im Gebiss des Pferdes, welches möglicherweise einen Streitwagen zog, befestigt wurde. Heute strengstens verboten, half es in Kriegen der Eisenzeit zur exakten Steuerung des Pferdes. Von wem die Waffen genutzt wurden und wo die Schlachten stattfanden, das sei nicht zu rekonstruieren. Genauso wenig, ob die Waffen alle aus einer oder mehrerer Schlachten stammen. Geschätzt gehen die Waffen aber auf 30 oder 40 Krieger zurück.
Bürgermeister dankt allen Beteiligten
Auch Bürgermeister König zeigte sich angetan von dem historischen Fund: „Der Wilzenberg hat eine lange und bewegte Geschichte, hat eine religiöse und touristische Bedeutung, die Stadt ist eng mit dem Berg verbunden.“ Es sei beeindruckend, dass dort solche Funde gemacht werden konnten, dankte König dem LWL aber insbesondere Matthias Dickhaus.
Die Funde wurden aufwendig restauriert und lagern nun im LWL-Archiv in Münster in einer entsprechenden Klimakammer: „Wir können hierdurch wichtige Erkenntnisse für den historischen Kontext gewinnen.“ Möglich sei auch durchaus, dass die Funde in einer mehrwöchigen Ausstellung im kommenden Jahr in Anlehnung ans Grafschafter Ortsjubiläum allen Schmallenbergern zugänglich gemacht werden. Auch wird es eine Dokumentation seitens des LWL geben.
„Der Wilzenberg ist jetzt auf Links gedreht, hier wird man wahrscheinlich nichts mehr finden“, so Archäologe Zeiler. Dank Matthias Dickhaus ist ein weiteres Kapitel der Wilzenberg-Geschichte geschrieben: „Das hätte ich mir nie erträumen lassen.“
LWL präsentiert Ergebnisse online
Am 12. April bietet der LWL die digitale Tagung „Archäologie in NRW 2020“ an. Die Jahrestagung wird unter anderem die bedeutendsten Funde des vergangenen Jahres zum Thema haben.
Auch die Funde rund um den Waffenhort vom Wilzenberg werden von Dr. Manuel Zeiler um 11.30 Uhr vorgestellt.
Wer sich dies anschauen möchte, muss sich am 12. April lediglich über den YouTube-Kanal des LWL einwählen. Dies wird keine Videokonferenz, sondern ein reiner Videobeitrag sein.