Meschede. Mitglieder des Studios im Herum haben ihrem Ärger über Erstattungen durch Gutscheine im Internet Luft gemacht. Das sagt der Geschäftsführer dazu.

Die hiesigen Fitnessstudio-Inhaber warten noch immer auf grünes Licht aus Berlin, um endlich wieder zu öffnen. Inzwischen sind die Studios seit fast vier Monaten geschlossen, in denen viele Betreiber ihren Mitglieder die Beiträge erlassen oder einen Ausgleich für die verpasste Trainingszeit bieten.

Mitglieder des Fitnessstudios im Henne-Ruhr-Markt in Meschede haben ihrem Ärger darüber jetzt im Internet Luft gemacht und beschweren sich in einer Facebookgruppe über die Fortzahlung der Beiträge und eine Gutschein-Lösung als Ausgleich für die Monate ohne Trainingsmöglichkeit während der Lockdown-bedingten Schließung.

Gutscheinlösung

Inhalt der Diskussionen ist zum einen, dass sie in den Monaten, die das Studio coronabedingt geschlossen hat, die vollen Beiträge bezahlen müssen, teils ist sogar von zusätzlichen Trainer- und Bürogebühren die Rede. Schwerer trifft einige Mitglieder jedoch die Tatsache, dass die so genannte „Gutscheinlösung“, also eine Erstattung der verpassten Trainingszeit in Form eines Gutscheins, einfach an die Vertragslaufzeit drangehängt werden soll, ohne dass sie ihr Einverständnis dafür geben.

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Bei Verbraucherzentrale NRW sind diesbezüglich deutschlandweit eine Reihe an Anfragen eingegangen, komplette Klarheit bezüglich verlängerter Vertragslaufzeiten herrsche jedoch nicht. Die Verbraucherzentrale ist der Ansicht, dass Verlängerungen der Laufzeit, die die ausgefallenen Trainingszeiten ersetzen sollen, grundsätzlich nur freiwillig, also im Einvernehmen mit den Verbrauchern, möglich sind.

In der letzten Zeit sind allerdings einige Urteile ergangen, in denen anders entschieden wurde. Das Argument: Es müsse eine Vertragsanpassung vorgenommen werden, und das Studio könne die Vertragslaufzeit daher einseitig um die Zeit der Schließung verlängern. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage liegt bislang nicht vor. Wer es also auf einen Gerichtsprozess zu dieser Frage ankommen lässt, geht derzeit ein gewisses Risiko ein. Die beitragsfreie Trainingszeit im Herum sei ausdrücklich keine rechtliche Vertragsverlängerung, erklärt Geschäftsführer Christian Pullen.

Einzelfall prüfen

„Wer kann, sollte in der Krise nicht kleinlich gegenüber Anbietern in Not auftreten und überlegen, ob das Angebot einer kostenlosen Vertragsverlängerung, wenn möglich, angenommen werden kann. Kunden sollten sich jedoch nicht alles bieten lassen“, heißt es von der Verbraucherzentrale. Petra Golly, Leiterin der Geschäftsstelle der Verbraucherzentrale Arnsberg, rät dazu, bei Fitnessstudio-Verträgen immer den Einzelfall zu prüfen. „Die Vertragskonstellationen können da von Studio zu Studio stark variieren und man vergleicht schnell Äpfel mit Birnen“, so Golly. Daher sei jeder, der sich mit seinem Vertrag unsicher ist, eingeladen, sich von der Verbraucherzentrale beraten zu lassen.

Auf Nachfrage dieser Zeitung im Fall des Mescheder Fitnesscenters im Herum, erklärte Geschäftsführer Christian Pullen: „Auch die während der Schließungszeit weiterlaufenden Fixkosten, wie z. B. Personalkosten, verbrauchsunabhängige Nebenkosten sowie Leasing- und Finanzierungsraten, und die Tatsache, dass wir trotzdem für unsere Mitglieder noch Service anbieten wollen, führt zu erheblichen Kosten, die wir als Unternehmen und ich als Unternehmer schultern müssen.“ Daher habe man die Beiträge derjenigen Mitglieder normal per erteilter Lastschrift eingezogen, die das Fitnesscenter im Wissen um die Gutscheinlösungen aus der ersten Schließungszeit finanziell weiter unterstützt hätten.

Drei verschiedene Gutscheine

Insgesamt stehen nach seiner Darstellung drei verschiedene Gutscheine zur Wahl, die ersten beiden beinhalten einen materiellen Ausgleich der verlorenen Beitragszahlungen durch Eiweiß-Shakes, Heißgetränke oder auch Wellness-Leistungen in verschiedenen Zusammenstellungen. Die dritte Option ist die umstrittene Vertragsverlängerung nach Ende der Laufzeit um die Monate, die das Fitnesscenter geschlossen hat.

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„Eine Kündigung des Mitglieds ist dazu nicht erforderlich. Wenn Mitglieder sich im Rahmen des Vertrages entscheiden, ihre Mitgliedschaft nicht zu verlängern, sind wir darüber traurig, aber können das verstehen und würden uns freuen, nach diesen Zeiten diese als Mitglieder wieder begrüßen zu dürfen“, erklärt Christian Pullen. Dass für Mitglieder, die zum oder während des Lockdowns ihre Verträge fristgerecht gekündigt haben und nicht mehr im HeruM trainieren möchten, keine der drei Optionen eine sinnvolle Rückerstattung bedeutet, kommt nicht zur Sprache.

Um die Verbundenheit zu den Mitgliedern auszudrücken, die das Fitnesscenter im Herum weiter unterstützen, seien dafür Dankeschön-Geschenke geplant. „Dies wollen wir aber aus denke ich verständlichen Gründen erst dann überreichen, wenn für uns absehbar ist, wann die Corona-Einschränkungen für uns enden“, so Pullen.

>>> Zu den Hintergründen

Dass Mitglieder ihren Ärger über die Vorgehensweisen inzwischen in den sozialen Medien teilen und über die Gutscheinlösung geschimpft wird, hat sogar die Anwälte des Unternehmens auf den Plan gerufen: „Keine 24 Stunden nach dem ersten Beitrag zu diesem Thema hat mich ein Rechtsanwalt kontaktiert und mir nahegelegt, den Post wieder zu löschen, da sonst eine Abmahnung drohen könnte“, berichtet Christian Heidingsfelder, der die Facebook-Gruppe „Mescheder Gedöns“ leitet, in der die Diskussion um das Fitnessstudio entbrannt war. Heidingsfelder ist der Aufforderung nachgekommen, auch, als es um die Löschung eines zweiten Beitrags sowie das Eliminieren des Namens des Fitnesscenters aus einem dritten Facebookbeitrag ging.

Auf Nachfrage bestätigt Christian Pullen, Geschäftsführer der Fitness heruM Galerie GmbH, dass man versucht habe Christian Heidingsfelder zu kontaktieren, um die Angelegenheiten durch ein Gespräch zu klären und „offenbar aufgetretene Missverständnisse auszuräumen“. Nach etlichen, erfolglosen Anrufversuchen habe man dann eine Kanzlei gebeten, Kontakt zum Gruppen-Administrator aufzunehmen. „Grundsätzlich hatten und haben wir nicht vor, wegen der angesprochenen Diskussion rechtliche Schritte einzuleiten. Einen Hinweis auf unrichtige Tatsachenbehauptungen oder so genannte „Schmähkritik“ behalten wir uns jedoch vor. Da unterscheiden wir uns nicht von jedem anderen Unternehmen oder auch Privatpersonen, denen so etwas widerfährt. Ich fühle mich dazu auch meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber verpflichtet“, erklärt Christian Pullen.

Mitglieder, die Fragen zu ihren Verträgen oder Erstattungen haben, könnten sich werktags per Mail oder telefonisch im Studio melden. Aufgrund des hohen Aufkommens an Anfragen zu allen Themen könne es zwischenzeitlich auch einmal zu einer etwas längeren Bearbeitungszeit kommen.