Bestwig. In Bestwig sollen die Schützenvereine mehr Geld von der Gemeinde erhalten. Das weckt Begehrlichkeiten: Werden andere benachteiligt?
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Im Millionenhaushalt der Gemeinde Bestwig macht diese Summe eigentlich nur einen Klacks aus – aber ausgerechnet hinter diesen 25.000 Euro stecken Emotionen. Mit dieser Summe sollen jetzt die Bestwiger Schützenvereine unterstützt werden – nicht jeder, sondern alle zusammen. Bisher waren es 12.800 Euro. Dafür hatte sich, wie berichtet, die Bestwiger CDU-Fraktion im Vorfeld der Haushaltsberatungen stark gemacht. Das Geld soll zielgerichtet in die Instandhaltung der Schützenhallen fließen. Die Zahlung ist erst einmal auf dieses Jahr beschränkt.
„Auch Sportvereine haben ihre Probleme“
Die Summe ist jetzt auch beschlossene Sache, der Gemeinderat stimmte bei der Verabschiedung des Haushaltes dafür. Das Geld wird an den Gemeindeschützenverband als Dachverband ausgezahlt. Aber das Geld weckt Begehrlichkeiten. Jörg Salinus, Vorsitzender des Gemeindesportverbandes (und SPD-Ratsmitglied), beantragte kurzfristig, auch die Zuschüsse für die heimischen Sportvereine um 40 Prozent zu erhöhen: „Ich finde es immer gut, wenn die Gemeinde etwas für ihre Vereine tut. Aber ich denke, dass sollte nicht einseitig sein. Denn auch die mehrspartigen Sportvereine in der Gemeinde stehen den Schützenvereinen in Nichts nach und haben auch ihre Probleme“, schrieb er an Bürgermeister und Fraktionen.
Im Gemeinderat sprach Salinus von Problemen durch die Corona-Krise: „Bei den Aussichten für das laufende Jahr sieht es mau aus. Es geht an die Substanz. Es wird nicht so glatt gehen wie im letzten Jahr.“ Die Ausgaben blieben, aber Einnahmen würden wegbrechen: Denn die Mitgliederzahlen und Spenden gingen zurück, Trainer und Übungsleiter müssten weiterbezahlt werden, obwohl nichts stattfindet. Geplante Anschaffungen würden bereits verschoben, hörte Salinus aus den Sportvereinen.
Bürgermeister Ralf Péus wehrte sich gegen den Vorwurf einer einseitigen Unterstützung. Insgesamt würden die Sportvereine in der Gemeinde jedes Jahr mit umgerechnet rund 300.000 Euro unterstützt – unter anderem in den letzten zehn Jahren jährlich allein mit 280.000 Euro für die Unterhaltung von Sportplätzen, Sporthallen und Sportheimen, man verlange keine Benutzungsgebühren für Sportplätze und -hallen, zahle Zuschüsse für Übungsleiter, Jugendarbeit und Tennisplätze. Und: Sportvereine hätten die Möglichkeit, Förderprogramme des Landes zu nutzen. Aktuell seien das 300.000 Euro: „Solche Möglichkeiten haben die Schützen nicht.“
Im Mai eine Grundsatzberatung
Der Antrag der Sportler kam formal zu kurzfristig vor Verabschiedung des Haushaltes. Der Sportler-Wunsch wurde deshalb in die Sitzung des Bürgerausschusses im Mai vertagt. Dort soll grundsätzlich über die Unterstützung gesprochen werden – etwa, ob man von den bisherigen Einzelfallregelungen zu einer neuen Pauschalförderung übergehen sollte.
An der Unterstützung der Schützen in der Sache hatte SPD-Fraktionschef Paul Theo Sommer nichts auszusetzen: Schließlich habe man seit 26 Jahren die Summe für die Schützen nicht angepasst. Der Zuschuss diene nur der Erhaltung der Schützenhallen. Und dort gebe es einen hohen Sanierungsbedarf – und die Hallen würden ja nicht nur für Schützenfeste genutzt, sondern seien im Grunde Dorfgemeinschaftshäuser.
Sommer forderte aber auch eine Gleichbehandlung aller Vereine. Im Mai soll klar sein, wer die Hilfe benötigt: „Wichtig für uns ist, dass sich alle Vereine, die Unterstützung brauchen, hier wiederfinden.“
SPD spricht von „Populismus“
Die SPD kritisierte die Art und Weise, wie die CDU vorgegangen sei: Die Union habe den Schützen-Antrag im Hauptausschuss plötzlich aus dem Hut gezaubert – „das ist populistisch“: „Das habt ihr doch gar nicht nötig!“ Besser sei es doch, wie in der Vergangenheit, solche Anträge vorher mitzuteilen, damit sich die anderen Fraktionen darauf vorbereiten könnten.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Brockhoff verteidigte den Antrag: „Wir wollen keine Neid-Debatte unter den Vereinen starten.“ Die bisherige Summe für die Schützen stamme noch aus DM-Zeiten, man wolle sie jetzt nur anpassen: „Das ist keine Corona-Hilfe“, stellte er klar.
>>>HINTERGRUND: Bürgermeister kontra Grüne - und umgekehrt<<<
Hart miteinander ins Gericht gingen Bürgermeister Ralf Péus (CDU) und Matthias Scheidt (Grüne) im Gemeinderat.
Für den grünen Fraktionsvorsitzenden war es die Premiere mit seinen ersten Kommentaren zu einem Haushalt. Scheidt hatte auch eigene Anträge gestellt, unter anderem die Bestwiger Wirtschaftsförderung näher zu untersuchen und die geplanten Umbauten an den Feuerwehrhäusern durch eine Baukommission zu begleiten. Péus war sauer, dass diese Anträge nur zwei Stunden vor der Ratssitzung eintrafen, ohne Begründung – für ihn eine „Unverschämtheit und Unfairness“. Scheidt wiederum sprach von „hartem Tobak“: „Das als eine Unverschämtheit zu bezeichnen, ist in sich selbst eine Unverschämtheit.“ In anderen Kommunen sei es üblich, auch Anträge noch zum Haushalt zu stellen: „Wenn das hier bisher anders war: Willkommen in der Realität!“ Die Geschäftsordnung lasse das auch in Bestwig zu.
Martin Bracht (CDU) wiederum fand das „ein bisschen seltsam“: Wenn man Anträge stelle, wolle man doch auch eine positive Entscheidung dazu – woher aber solle die kommen, wenn solch ein Antrag erst so kurzfristig eingereicht werde? Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Paul Theo Sommer sagte, er habe sich über die grünen Anträge „richtig geärgert“: „Das macht man nicht“ – Anträge müssten schon vorzeitig allen Politikern bekannt sein, bevor man sich damit beschäftige. Die grünen Anträge wurden zur weiteren Diskussion in die Fachausschüsse verwiesen.