Schmallenberg. Ohne Führerschein und unter Drogen war er auf der gesperrten B 236 unterwegs und verletzte zwei Polizisten. Das hatte vor Gericht Folgen.
Es war ein emotionaler Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht in Bad Fredeburg. Für den Angeklagten wie auch für dessen Familie. Denn der Angeklagte, ein 19-jähriger Schmallenberger, sitzt seit Sommer hinter Gittern in der Justizvollzugsanstalt Iserlohn. Seine Familie war gekommen, um ihn zumindest für eine kurze Zeit wiedersehen zu können. Der 19-Jährige mit Fußfesseln und in Begleitung von zwei Wachleuten auf der Anklagebank, die Familie im Zuhörerraum, ein paar Freunde auf Abstand draußen vorm Amtsgericht.
Die Zahl der Delikte des 19-Jährigen ist lang. Mit 15 Jahren nahm er zum ersten Mal Drogen, irgendwann auch regelmäßig, wie er selber zugab. Hinzukamen etliche Fahrten ohne Fahrerlaubnis, Drogendeals auf dem Schulhof und Drogenschmuggel aus dem Ausland. „Auf die Menge der Delikte kommt es inzwischen gar nicht mehr an“, sagte Richter Ralf Fischer im Amtsgericht: „Diese Vielzahl ist ganz schön gewaltig.“ Alleine dafür wurde der Schmallenberger am 10. Juni des vergangenen Jahres zu einer Haftstrafe von 1,5 Jahren verurteilt.
Von Oberkirchen in Richtung Albrechtsplatz
Der Grund für den erneuten Verhandlungstermin war ein Delikt, der sich nur neun Tage vor der Verurteilung, am 1. Juni 2020, auf der B 236 zutrug. Der Schmallenberger war, wie so oft, ohne Fahrerlaubnis und im Drogenrausch unterwegs. Die Strecke von Oberkirchen in Richtung Albrechtsplatz ist von März bis Oktober für Motorradfahrer an Wochenenden und Feiertagen gesperrt. Der 1. Juni, Pfingstmontag, war ein solcher Feiertag. Deshalb kontrollierte an diesem Tag dort auch die Polizei.
Als der 19-Jährige mit seiner Suzuki-Maschine auf die Polizeikontrolle zufährt, weist ihn einer der Polizisten mit der Kelle zum Rechtsranfahren an. Der Polizist, als Zeuge vor Gericht geladen: „Aber das tat er nicht, er blieb einfach mitten auf der Straße stehen, trotz mehrmaliger Aufforderung.“ Also spricht er den 19-Jährigen an und versucht, den Zündschlüssel rumzudrehen: „In dem Moment gibt er Gas und versucht zu flüchten.“
Der Polizist greift an den Lenker, wir knapp zehn Meter mitgeschliffen, seine Polizeikollegin greift an den Sattel des Motorrads. Der 19-Jährige würgt seine Maschine ab, die Beamten können ihn überwältigen, fesseln und Verstärkung rufen. Richter Fischer: „Das war ein erheblicher Angriff, sie haben eine Verletzung der Beamten billigend in Kauf genommen. Das ist das absolute Ende der Fahnenstange, sie haben ihr Fahrzeug als Waffe benutzt.“ Der 19-Jährige reumütig vor Gericht: „Ich habe die Kontrolle über mich verloren, ich verstehe mich selber nicht mehr.“
Schürfwunden am Bein und gerissene Sehne
Während der Polizeibeamte mit Schürfwunden am Bein davonkommt, reißt eine Sehne im Daumen der Beamtin, was eine vierwöchige Krankschreibung zur Folge hat: „Und ungewiss ist, ob das je wieder ganz wird.“
Würde man die einzelnen Straftaten einfach aufaddieren, so Fischer, käme der junge Schmallenberger auf eine Haftzeit von fünf Jahren: „Aber in diesem Urteil ist viel Gnade und viel Hoffnung dabei.“ So wartete auf den 19-Jährigen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren - „weil ich hier auch einen anderen Angeklagten als noch im Sommer sehe“.
In der JVA könne er seine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker beenden. Zudem könne er zum Haftende eine Therapie beginnen. Denn der Drogenmissbrauch habe zu deutlichen Wesensveränderungen geführt, so Fischer: „Gerade in jungen Jahren ist das gefährlich. Das Wichtigste ist, dass Sie die Finger von den Drogen lassen. Sie sehen ja, wo das hingeführt hat.“
In Berufung, so einigten sich der Angeklagte und sein Verteidiger, wolle man nicht gehen. Nach dem Urteil und dem kurzen Wiedersehen ging es in Begleitung der Wachleute zurück nach Iserlohn. Dort wolle, wie der Angeklagte selber sagte, nun die Kurve kriegen. Eine Führerscheinsperre erhielt er für die nächsten drei Jahre.
Die JVA Iserlohn
In der Justizvollzugsanstalt Iserlohn sind Männer und Frauen inhaftiert, die älter als 14 und jünger als 24 Jahre sind.
Insgesamt gibt es in der JVA Iserlohn 282 Haftplätze, davon 152 im geschlossenen Vollzug, 88 in einer Sonderform des geschlossenen Vollzugs, 44 im offenen Vollzug und 5 im Übergangshaus.
In der JVA arbeiten rund 200 Bedienstete.