Meschede. Seit über einem Monat sind die Salons zu, doch von den Coronahilfen ist nichts bei den Friseuren angekommen. Die Lage ist dramatisch.
Ulrich Brieden ist ein stets gut frisierter Mann. Angesichts seines Berufs ist das auch wenig verwunderlich, denn Brieden ist Obermeister der Friseurinnung Meschede/Brilon. Derzeit aber stehen ihm die Haare im wahrsten Sinne des Wortes „zu Berge“ – denn seine Fähigkeiten an der Schere kann er bei sich selbst nur schlecht anwenden. Der nun verlängerte Lockdown sorgt bei ihm für große Sorgen. Nicht um seine Frisur, sondern viel mehr um die rund 70 Betriebe, die in der Innung organisiert sind.
Bis zum 14. Februar wurden die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie am vergangenen Dienstag verlängert. Somit müssen auch die Friseure ihre Geschäfte weiter geschlossen halten. „Die laufenden Fixkosten gibt es aber trotzdem“, weiß Ulrich Brieden. Hilfe für seinen Berufsstand gibt es dafür aktuell nicht, in der sogenannten „Überbrückungshilfe III“ bleiben die Friseure bis jetzt außen vor. „Das ist eine Förderlücke“, sagt Brieden, der gemeinsam mit anderen Obermeistern weiterer Innungen aus ganz Nordrhein-Westfalen nun ein Schreiben an NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Pinkwart aufgesetzt hat.
Friseure fühlen sich im Stich gelassen
In diesem Schreiben schildert ein ganzer Berufsstand die derzeitigen Probleme. „Es gibt derzeit keine Einnahmen, die Kosten aber laufen weiter. Ich kenne einige Unternehmer, die aktuell mit ihrem privaten Geld versuchen, ihr Geschäft über Wasser zu halten“, sagt Ulrich Brieden. Einer dieser Unternehmer ist Yasin Kosdik. Seit dem 15. Dezember hat er seinen Salon geschlossen, Geld vom Staat gab es seither nicht. „Ich bin maximal frustriert und fühle mich im Stich gelassen“, sagt er.
Immer wieder aufs Neue macht er Termine, immer wieder muss er diese verschieben und die Kunden vertrösten. „Da wächst natürlich die Sorge, dass einige unserer Kunden abwandern“, sagt Kosdik. Doch wohin abwandern, wenn alle anderen Friseure ebenfalls geschlossen haben?
Schaden durch Schwarzarbeit
Die Lösung liegt auf der Hand: „Ich wurde schon ein paar Mal angesprochen, ob ich nicht privat zum Schneiden vorbeikommen könne“, berichtet Kosdik. Das allerdings ist keine Option für ihn, denn das wäre Schwarzarbeit, illegal verdientes Geld und würde zu einem Schaden für seinen Betrieb führen.
Seine Mitarbeiter bekommen Kurzarbeitergeld, auch wenn davon seit der Schließung Mitte Dezember nichts geflossen ist. Kosdik selbst aber schaut ohnehin in die Röhre. „Wir fallen durchs Raster“, sagt Innungschef Brieden, der ebenfalls mit zwei Geschäften selbständig ist.
Kosdik bringt eigene Lösungen ins Gespräch
Die Aufforderung der Innung an die Politik beschränkt sich deshalb vor allem auf Unterstützung durch das Land für die Unternehmer. Es geht ihnen vorrangig um die Deckung der laufenden Fixkosten – Miete, Strom oder Arbeitgeberbeträge für die Sozialversicherungen. Sind diese bezahlt, hat der Unternehmer zwar noch kein eigenes Gehalt bezahlt, muss aber auch nicht an sein privates Vermögen, um seinen Betrieb am Laufen zu halten.
Soweit muss es laut Yasin Kosdik aber gar nicht kommen. „Wir würden vieles auf uns nehmen, um wieder öffnen zu können. Private Sicherheitsleute oder Soldaten der Bundeswehr am Eingang, die Fieber messen, sich einen negativen Corona-Test zeigen lassen und die Kontakte nachverfolgen. Es ist so viel möglich“, sagt der Friseur aus Meschede. „So wie es aber aktuell läuft, halten wir das nicht mehr lange durch“, sagt er. Wie viele seiner Mitbewerber die Pandemie finanziell überstehen werden, wird sich erst in ein paar Monaten sagen lassen. „Wir werden im Sommer sehen, wie viele Betriebe noch da sind“, glaubt Obermeister Ulrich Brieden.
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