Meschede. Wohnen ist mehr als Bauen und Vermieten - das betonen die beiden scheidenden Vorstandsmitglieder der SBG: Josef Lumme und Elmar Reuter.

Mit dem 31. Dezember scheiden die Vorstandsmitglieder der Siedlungs- und Baugenossenschaft, Josef Lumme (67) und Elmar Reuter (73), aus. Reuter, zuvor hauptamtlicher Bürgermeister in Olsberg, gehörte dem Vorstand seit 2009 an. Vorstand Josef Lumme begann 1969 dort seine Ausbildung. Nach mehr als 50 Jahren bei der SBG geht er nun in Rente. „Das war für mich kein Job, das war meine Berufung“, sagt er. Lumme und Reuter haben den Wohnungsmarkt in der Region entscheidend mit geprägt und auch noch weitere Ideen für die Zukunft: „Bauen und Vermieten reicht nicht: Wir haben auch einen sozialpolitischen Anspruch.“

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85 Jahre gibt es die Siedlungs- und Baugenossenschaft. Sie entstand, weil man den privaten Wohnungsbau fördern wollte und wuchs stark, nach dem Zweiten Weltkrieg in der extremen Wohnungsnot. Erleben Sie heute noch Menschen in Wohnungsnot?

Josef Lumme: Eine vergleichbare Wohnungsnot haben wir hier sicher nicht. Das Wohnen ist anspruchsvoller geworden. Früher rechnete man pro Person mit 22 Quadratmetern, heute mit 44. Beruflich bedingt, oder aufgrund eines Ortswechseln, aber überwiegend weil man sich verbessern möchte, wird heute eine neue Wohnung gesucht. Wir spüren vor allem eine hohe Nachfrage nach Wohnungen mit 60 bis 70 Quadratmetern.

Elmar Reuter: Dabei hat die SBG ihr „Bohnerwachs-Image“ seit Jahrzehnten abgelegt. Die Häuser sind gut in Schuss, auch energetisch auf dem neuesten Stand und das genossenschaftliche Modell steht insgesamt immer mehr für zeitgemäßes modernes Wohnen.

Lumme: Bei uns muss man nicht fürchten, irgendwann vor die Tür gesetzt zu werden. Seit der Finanzkrise wissen das unsere Mieter noch mehr zu schätzen und auch jetzt - in Coronazeiten - merken wir: Wer eine Genossenschaftswohnung hat, behält sie.

In den vergangenen Jahren haben Sie den genossenschaftlichen Gedanken durch die Projekte im Rinschen Park, in Eslohe „Wohnen im Park“ und jetzt in Schmallenberg „Hohe Fohr“ immer weiter ausgebaut. Was zeichnet diese Projekte aus?

Reuter: Mitgestaltung und Mitverantwortung sind da besonders wichtig. Wir beziehen die (zukünftigen) Mieter schon früh in die Planungen ein. Das bleibt auch so, wenn es nach Fertigstellung um praktische Fragen bei der Bewirtschaftung der Häuser und Außenanlagen oder um Neuvermietungen geht. Auch da haben die Mieter ein Vorschlagsrecht. Und beispielsweise vermieten im Rinschen Park die Bewohner die Gemeinschaftsräume eigenverantwortlich und dürfen über die Verwendung der Überschüsse zu einem Großteil auch selbst bestimmen.

Ist das Ihrer Meinung nach die Zukunft des Wohnens?

Lumme: Diese gelebte Nachbarschaft hat sich bewährt. Die Mieter fühlen sich eingebunden und identifizieren sich mit „ihrem“ Haus. Das ist unser genossenschaftliche Vorteil. Aber auch die Mieter profitieren. Man beugt der Vereinsamung im Alter vor, die Sozialsysteme werden entlastet. Einer ist für den anderen da. Das hat Zukunft!

Wäre das auch ein Modell für die Dörfer?

Reuter: Das kann ich mir gut vorstellen. Wir haben zwar im Sauerland eine Eigenheimquote von 60 bis 70 Prozent, aber in den Dörfern stehen doch manchmal an zentraler Stelle große, alte Gebäude wie Gaststätten oder Bauernhöfe leer. Diese umzubauen mit Wohnungen und kleinere Gewerbeeinheiten z.B. für Dienstleistungsberufe hat dort sicher mehr Zukunft als der klassische mehrgeschossige Mietwohnungsbau.

Können Sie sich noch weitergehende nachbarschaftliche Projekte in der Region vorstellen?

Lumme: Wir haben zum Beispiel drei stadtnahe Häuser, für die bewusst keine Modernisierung und Nachvermietung vorgenommen wird. Wenn dort nach und nach die Mieter ausziehen, wollen wir sie abreißen und ähnlich wie im Rinschen Park ein gemeinschaftliches Wohnen errichten, so dass die Mieter auch im Alter in ihrem Quartier bleiben können.

Zahlen und Fakten zur SBG:

1935 wurde die SBG gegründet.

Zu Bestand gehören 1800 Wohneinheiten in den Orten Meschede, Schmallenberg, Eslohe, Bestwig und Finnentrop.

Die letzten großen Projekte waren Rinschen Park mit einem Investitionsvolumen von 7 Millionen Euro und Das „Wohnen im Park“ in Eslohe mit sechs Millionen Euro