Nuttlar. Erst steht der Vater aus Nuttlar vor Gericht in Meschede, dann sein Sohn. Verurteilt werden sie nicht. Jetzt gehen sie gegen einen Polizist vor.

Die Familie aus Nuttlar will Gerechtigkeit. Nach zwei Prozessen gegen sie, die ohne eine Verurteilung endeten, wird sie nun ihrerseits eine Strafanzeige wegen Falschaussage stellen – gegen einen Polizisten der Mescheder Wache, der inzwischen im Ruhestand ist.

Vater freigesprochen

Der Vater stand bereits vor dem Amtsgericht Meschede. Der 55 Jahre alte Kfz-Meister soll, wie berichtet, im April als Halter eines Sportwagens geduldet haben, dass sein Sohn das Auto benutzte. Der Sohn hat aber seit Jahren keinen Führerschein. Die Anklage wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis überzeugte jedoch nicht: Der 55-Jährige wurde freigesprochen. Sein Sohn war offenbar nur Beifahrer. Am Steuer will ihn jedoch ein Polizist gesehen haben.

Brisant an diesem Fall: Der 31 Jahre alte Sohn aus Nuttlar ist polizeibekannt – er sitzt derzeit wegen Drogenhandels eine dreijährige Gefängnisstrafe ab. Im Verfahren gegen seinen Vater, in Fußfesseln aus der Haft vorgeführt, beteuerte er als Zeuge, nur als Beifahrer mit zur Tankstelle gefahren zu sein, um eben Zigaretten zu holen.

Jetzt fand er sich wiederum in gleicher Sache vor dem Amtsgericht, diesmal als Angeklagter wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

Brüder sagen: Er war Beifahrer

Auch zwei Brüder als Kunden (60 und 51 Jahre alt, und Bekannte der Familie) hatten an dem Tag gesehen, dass der 31-Jährige nur Beifahrer war. Das sagten sie in der Gerichtsverhandlung aus. Der Sportwagen des Vaters blockierte demnach die Werkstatt, in die das Auto von einem der beiden Männer gefahren werden sollte. Der 60-Jährige übernahm es, den Sportwagen herauszufahren – und bei der Gelegenheit eben kurz in der Nachbarschaft an einer Tankstelle Zigaretten zu holen. Dabei sei der 31-Jährige mit eingestiegen.

„Wer ist durchgehend das Auto gefahren?“, wollte Richterin Lucia Belke wissen. „Ich“, sagte der Mann schlicht. Er habe auch gewusst, dass der 31-Jährige keinen Führerschein hat: „Warum sollte ich jemand fahren lassen, der keinen Führerschein hat?“ Der 51 Jahre alte Bruder wiederum sagte, er habe gesehen, wie der 31-Jährige eingestiegen sei – auf der Beifahrerseite.

Der ehemalige Polizeibeamte, im April noch im Dienst, blieb auch in diesem zweiten Verfahren bei seiner Aussage – durch sie kam es zu den Anzeigen gegen Vater und Sohn. Ihm sei der Sohn polizeilich bekannt gewesen und leicht zu erkennen gewesen, sagte er.

Verteidiger hält Fahrerwechsel für unmöglich

Rechtsanwalt Dieter Kaufmann als Verteidiger des Sohnes (auch schon in dem Drogenprozess am Landgericht Arnsberg) betonte: „Ein Polizeibeamter oder ehemaliger Polizeibeamter hat in einem Verfahren eine Stellung wie ein normaler Zeuge“ – warum sollte man ihm mehr als anderen glauben? Er hielt es für unmöglich und auch unglaubhaft, dass auf dem kurzen Streckenstück in nur wenigen Minuten ein Fahrerwechsel stattgefunden haben könnte. Zumal: Er zeigte ein Video von einer Überwachungskamera der Tankstelle, die den 31-Jährigen auf der Beifahrerseite zeigte – notfalls, forderte er, sollte ein Gutachter überprüfen, ob der Angeklagte mit dem Mann auf diesem Video identisch sei.

Dazu kam es aber nicht. Das Verfahren gegen den 31-Jährigen wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt – letztlich aus ökonomischen Gründen. Denn eine womöglich zu erwartende Strafe würde wegen der aktuellen Gefängnisstrafe des 31-Jährigen nicht ins Gewicht fallen. Verteidiger Kaufmann kündigte jedoch an: „Das ist noch nicht gegessen.“ Er sagte gegenüber dieser Zeitung, es werde Strafanzeige gegen den Polizisten gestellt. Der Vater hatte schon in seinem Prozess gesagt, in Nuttlar werde Stimmung gegen ihn und seine ganze Familie gemacht.

>>>HINTERGRUND<<<

Bei einer Razzia wurden im Juni 2018 von der Polizei bei dem heute 31-Jährigen in Nuttlar 4,5 Kilogramm hochkonzentrierte Amphetaminbasezubereitung für die Herstellung von Drogen gefunden.

Der Mann wurde dafür vom Landgericht Arnsberg zu drei Jahren Gefängnis wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels verurteilt.

Damals zeigte er sich reumütig: Er versicherte vor dem Gericht, nie wieder etwas mit „illegalen Sachen“ zu tun haben zu wollen. Er wolle die Werkstatt seines Vaters übernehmen. Auch beim Prozess in Meschede war seine Familie wieder dabei.

Der Vater (55) war schon freigesprochen worden: Das Gericht sah bei ihm keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht gegeben.