Meschede. Corona und der Abschied auf dem Friedhof: Der Mescheder Yi Marcus Alm trauert um seine Mutter - und gestaltet die Beerdigung etwas anders.

Abschied nehmen in der Corona-Zeit: Auch hier verändert das Virus Gewohnheiten. Beim Tod eines geliebten Menschen kann man nicht mehr durch eine Umarmung trösten. Selbst bei Beerdigungen ist Abstand zu halten, muss der Mundschutz getragen werden.

Der Sohn sagt: „Man kann nicht groß trauern“

Weithin Abstand halten, Mundschutz tragen - die Gewohnheiten hier auf dem Südfriedhof in Meschede ändern sich bei Beerdigungen.
Weithin Abstand halten, Mundschutz tragen - die Gewohnheiten hier auf dem Südfriedhof in Meschede ändern sich bei Beerdigungen. © Unbekannt | Jürgen Kortmann

Und der traditionelle Beerdigungskaffee danach findet gerade auch nicht statt: Die Gastronomie hat ja geschlossen. Für Dr. Yi Marcus Alm gehört der aber zur Beerdigungskultur dazu. Der Mescheder Zahnarzt trauert um seine Mutter Renate. Die Ärztin ist im Alter von 82 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben – Corona hatte damit nichts zu tun. Alm hatte die Veränderungen, die Corona bewirkt, schon zuvor bei seinen Besuchen im St.-Walburga-Krankenhaus bemerkt – nur er als Angehöriger durfte seine Mutter besuchen, immer wieder musste er zuvor dafür Schnelltests erneuern.

Dann der Abschied auf dem Mescheder Südfriedhof. „Man kann nicht groß trauern“, sagt Dr. Yi Marcus Alm. Die Trauerhalle ist zu klein, um vielen Menschen Abstand gewähren zu können. Die Zeremonie fand deshalb am Grab statt. Alm hatte vorher schon viele Absagen für eine Teilnahme bekommen: „20 Prozent haben sich mit der Angst vor Corona entschuldigt. Ich kann das verstehen.“

Ein Barista beim Beerdigungskaffee

Ganz auf den Beerdigungskaffee verzichten mochte Alm nicht: Statt wie gewohnt in einem Lokal, verlegte er ihn kurzerhand an den Friedhof. Im Internet war er auf Kaffee Simov in Gießen aufmerksam geworden: Sein mobiler Kaffee-Service steht bei Großveranstaltungen, 2019 etwa bei der Expo Real in München.

Durch das Verbot von Veranstaltungen hat natürlich auch diese Sparte Einbußen in diesem Jahr. Alm buchte ihn kurzerhand für die Beisetzung seiner Mutter – den Beerdigungskaffee sollte es mobil geben: „Meine Mutter war immer jemand, die großzügig war. Sie hätte das gut gefunden.“ Denn dieses Zusammentreffen danach sei wichtig: „Hier kann man noch einmal sprechen, sich trösten und sich gemeinsam erinnern.“

Chris Stühn aus Gießen baute an der Gärtnerei Hötte also seine mobile Kaffeebar auf. Er ist zertifizierter Barista, kennt sich also vom Anbau der Bohne über Röstung bis zur Zubereitung bestens mit Kaffee aus. Für den Theologie-Studenten war dieser Ort aber auch eine neue Erfahrung – eigentlich steht er zum Beispiel bei Karrieremessen und ähnlichen Veranstaltungen: „Wir sind bei jedem Event dabei, das wir bereichern können. Man bringt den Leuten ein Lächeln aufs Gesicht. Aber hier steht ja die Trauer im Mittelpunkt: Wie das wohl wird?“

Die letzten Worte vor der Trauerhalle

Er musste sich keine Gedanken machen: Die Trauergäste nahmen das ungewöhnliche Angebot an – den Kaffee gab es in allen Variationen eben auf die Hand und den dazugehörigen Beerdigungskuchen stückweise in einer Papiertüte zum Mitnehmen. Der Abstand war einzuhalten: So kam das tröstende Gespräch doch zustande – anders als sonst, aber immerhin.

Pfarrer Michael Schmitt, Leiter des Pastoralverbundes Meschede-Bestwig, hat die Veränderungen durch Corona in diesem Jahr beobachtet. Seelenämter sind im kleinen Kreis in den Kirchen möglich, die Familie des Verstorbenen muss dann aufschreiben, wer dazu kommt: Auch hier hat die Rückverfolgbarkeit von Kontakten Einzug gehalten.

Probleme auf Friedhöfen hat er nicht beobachtet: „Die Leute verhalten sich sehr vernünftig.“ Am Friedhof gebe es inzwischen zwei Stationen: Vor der Trauerhalle die letzten Worte, danach die Beisetzung am Grab. Ganz praktische Fragen seien inzwischen gelöst worden: Wenn jetzt Menschen mit weitem Abstand auseinander stehen, dann muss eben bei der Organisation für eine entsprechende Lautsprecheranlage gesorgt werden, damit jeder etwas verstehen kann.

Pfarrer: „Corona sorgt beim Wandel der Gewohnheiten noch für einen Schub“

Auch der Beerdigungskaffee nachher gehöre zum Abschied dazu, sagt er: „Es ist doch tröstlicher, als wenn nichts passiert. Und wann kommt eine Familie sonst so auch noch einmal zusammen?“ Wobei: Schmitt hat beobachtet, dass schon vor Corona der Beerdigungskaffee durchaus nicht mehr immer üblich sei – da spielten offenbar auch die Finanzen eine Rolle, meint er. Und: „Ich fürchte, Corona sorgt bei dem Wandel der Gewohnheiten noch für einen Schub.“

>>>HINTERGRUND<<<

Sonderregelungen zu Beerdigungen gibt es in Meschede nicht: Die Vorgaben orientieren sich an der Corona-Schutzverordnung NRW.

Mit Ausnahme naher Angehöriger ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten.

Nahe Angehörige, die das unterschreiten müssen die „einfache Rückverfolgbarkeit“ sicherstellen – also die Adressen kennen.

Bei einer Zahl von über 25 Personen besteht auch unter freiem Himmel die Verpflichtung zum Tragen einer Maske, in geschlossenen Räumen wie einer Trauerhalle ist grundsätzlich eine zu tragen.

Ein Pfarrer oder Trauerredner darf sie bei seiner Andacht oder Rede abnehmen, wenn er den Abstand einhält.