Schmallenberg. Im Heimat-Check gab es für die medizinische Versorgung in Schmallenberg eine 3,1. Berechtigt? Wir haben bei den Politikern nachgefragt.
Wir greifen vor der Kommunalwahl noch einmal Punkte auf, die bei den Bewertungen besonders aufgefallen sind. Unter anderem bewerteten die Leser auch die medizinische Versorgung in Schmallenberger. Das Ergebnis: Die Note 3,1. Im Vergleich zu anderen Noten eine durchaus schlechte Bewertung.
Doch was sagen die örtlichen Kommunalpolitiker dazu? Was sind Gründe für die schlechte Bewertung und was sind Handlungsideen? Welche Rolle spielt die ländliche Struktur der Stadt und die Schließung des Krankenhauses in Bad Fredeburg? Wir haben den Politikern die Gelegenheit gegeben, auf dieses Thema einzugehen.
Stefan Vollmer (SPD)
Die medizinische Versorung sehen wir auch nur bei einer Note von 3,1. Dieser wichtige Aspekt der Lebensqualität im Stadtgebiet steht viel zu wenig im Fokus der Politik. Einige Aspekte, wie die Gründung der Pflegeschule, werden von uns ausdrücklich begrüßt, reichen aber aus unserer Sicht nicht aus, um die medizinische Versorgung in Schmallenberg mindestens auf dem jetzigem Stand zu halten. Dazu sind entscheidende Initiativen der Politik und der Verwaltung erforderlich.
Wir würden zusammen mit den Betroffenen nach Möglichkeiten der besseren Unterstützung, auch in finanzieller Art, für niedergelassene Arztpraxen durch die Politik und die Verwaltung suchen. Auch die mittelfristige Gründung eines kommunalen MVZs ist aus unserer Sicht dringend angesagt. In diesen Zusammenhang muss auch über die Situation der Notfalldienste der Apotheken im Stadtgebiet dringend nachgedacht werden.
Stefan Wiese (UWG)
Nachdem vor einigen Monaten noch Gutachten durch die Presse gingen, nach denen die Hälfte der Krankenhäuser in NRW überflüssig seien, hat die Corona-Krise hier hoffentlich ein Umdenken bewirkt.
Gerade im ländlichen Raum darf sich die Anzahl der Krankenhausbetten nicht an den dort lebenden Menschen orientieren, sondern die Erreichbarkeit muss ebenfalls zwingend berücksichtigt werden.
In Schmallenberg sind wir mit dem Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft zwar gut aufgestellt, aber auch hier müssen zukünftig die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so sein, dass dort weiterhin gute Arbeit zum Wohle der Patienten geleistet werden kann.
Anders sieht es in der Akutversorgung aus, da es in Schmallenberg seit einigen Jahren kein Allgemeinkrankenhaus mehr gibt. Daher muss das MVZ in Bad Fredeburg diesen Bereich deutlicher besser abdecken.
Michael Heinrichs (Die Partei)
Der medizinischen Versorgung im Stadtgebiet geben wir eine 1,12. Seit der seinerzeitigen Schließung des St. Georg-Krankenhauses (ohne dass man damals seitens der Stadt eine große Gegenwehr feststellen konnte) sollte man sich sehr gut überlegen, an welcher Erkrankung man leiden will.
Einige Erkrankungen sind im Kloster Grafschaft wirklich gut aufgehoben!
Allerdings sollte man sich im Falle eines Unfalls lieber einen anderen Ort als das Schmallenberger Stadtgebiet aussuchen.
Wir fordern daher die Wiedereröffnung des St. Georg-Krankenhauses in Bad Fredeburg ergänzt um Abteilungen für Proktologie und Plastische Chirurgie.
Jürgen Meyer (Grüne)
Derzeit haben wir gerade noch ausreichend Ärzt*innen vor Ort. Mit dem MVZ in Bad Fredeburg und dem Krankenhaus Kloster Grafschaft können wir uns sogar glücklich schätzen.
Wenn demnächst einige Mediziner aus Altersgründen ausscheiden ist allerdings die Nachfolge nicht immer gesichert. Für eine weitere Frauenarzt-Praxis fehlen noch Räume.
Auf einen Durchgangsarzt im MVZ zur Erstversorgung bei Arbeitsunfällen warten wir schon geraume Zeit. Die lokale Politik hat in dem Bereich nur wenige Möglichkeiten der Einwirkung.
Wo immer es geht, werden wir unsere guten Verbindungen zu Grünen Politiker*innen in Land, Bund und EU aufnehmen und um Unterstützung bitten. Diesen Vorteil der bundesweiten Parteivernetzung wissen wir zu nutzen.
Hans-Georg Schenk (Unabhängig)
Im ländlichen Raum ist die medizinische Versorgung mit das wichtigste Infrastrukturangebot. Besonders die Notfallversorgung muss sichergestellt sein.
Ist dieses nicht der Fall, führt dieses zwangsläufig zur Abwanderung, besonders der älteren Bevölkerung.
Die Stadt muss unterstützend in die Versorgung eingreifen.
Bei Mangel müssen Kooperationen mit den Nachbargemeinden gebildet werden. Ein direkter schneller Transport zu den Kliniken muss sichergestellt sein.
Auch die Bürger selbst könnten durch Erste-Hilfe-Weiterbildung selber aktiv werden.
Besonders die Zusammenarbeit mit den Vereinen wird für die Selbsthilfe eine wichtige Rolle spielen.
Rudolf Ewers (BFS)
Die Note ist berechtigt. Momentan gibt es noch einige Ärzte, aber wenn diese beispielsweise aus Altersgründen ihre Praxis schließen, wird es mit einer Nachfolge schwierig.
Viele Entwicklungen der vergangenen Jahre können wir daher nicht nachvollziehen, aber da muss die Politik einfach am Ball bleiben: Wir müssen Immobilien anbieten und möglichen Interessenten Anreize schaffen.
Wenn man die Vorteile und Möglichkeiten von Schmallenberg kennt, lässt man sich hier vielleicht auch eher nieder und nimmt seine Familie mit.
Matthias Schütte (CDU)
Die Sicherung einer ausreichenden und bürgernahen medizinischen Versorgung ist das zentrale Thema unseres Wahlprogramms. In Schmallenberg gibt es vielfältige Gesundheitsangebote.
Neben den niedergelassenen Ärzten, dem Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, dem MVZ und den Fachkliniken in Bad Fredeburg und den Apotheken, sind das auch die vielen hochwertigen Angebote von Therapeuten und Pflegediensten.
Insgesamt arbeiten in Schmallenberg rund 2200 Menschen in der Gesundheits- und Pflegeversorgung.
Auch im ländlichen Raum brauchen wir eine umfassende Grundversorgung.
Allerdings: Spezialisierung rettet auch Leben! Bei wichtigen Operationen müssen auch mal weitere Wege in eine Spezialklinik in Kauf genommen werden.
Robert Hartel (FDP)
Die Note 3,1 für die medizinische Versorgung lässt mich staunen. Ich schätze sie eher kritisch ein, nicht zuletzt seit der Schließung des Krankenhauses in Bad Fredeburg.
Hat man den Eindruck, wir hätten genug Ärzte, dass sich diese irgendwann zur Ruhe setzen und ein Praxensterben zu befürchten ist.
Auch in der notärztlichen Versorgung gibt mir zu denken, dass aus Kapazitätsgründen Angehörige von Notfallpatienten gebeten werden, lieber die Nachbarn um Hilfe zu bitten.
Ferner ist die ausreichende Versorgung der Stadt mit Defibrillatoren zu prüfen, und die First Responder sollten besser unterstützt werden.
So bewerteten die heimischen Politiker den Nahverkehr in Schmallenberg.
Übrigens: Am wohlsten in ihrer Kommune fühlten sich die Esloher. Sie gaben ihrer Stadt eine Gesamtnote von 1,56. Darauf folgte Schmallenberg mit einer Gesamtnote von 1,79, Bestwig mit einer Gesamtnote von 2,13 und Meschede mit einer 2,20.