Bestwig. Eigentlich sollte im Stellwerk am Bahnhof Bestwig längst wieder Leben herrschen. Doch Corona hat den Zeitplan von Jerzy Arndt zunichte gemacht.

Im und am alten Stellwerk neben dem Bestwiger Bahnhof gehen die Arbeiten in den Endspurt. Eigentlich wollte Jerzy Arndt längst fertig sein. Doch Corona hat auch ihm einen gewaltigen Strich durch seine Zeitplanung gemacht. Bereits Ende Juni, so war es ursprünglich geplant, wollte der selbstständige Versicherungs- und Finanzmakler in dem markanten Gebäude an der Bundesstraße gemeinsam mit Sohn Michael seine Agentur eröffnen.

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Jetzt ist es September und das Gebäude ist immer noch eine Baustelle – allerdings keine allzu große mehr. „Es sind lediglich noch Restarbeiten, die zu erledigen sind“, sagt Arndt. Er geht davon aus, dass der Einzug in Kürze erfolgen kann. Auf einen genauen Zeitpunkt will er sich nach den Erfahrungen der vergangenen Monate zwar nicht festlegen. „Aber es wird jetzt nicht mehr lange dauern“, ist er zuversichtlich.

Jerzy Arndt und sein Sohn Michael während der Bauarbeiten im Februar.  Inzwischen hat sich im und am Stellwerk eine ganze Menge getan. Auch die alte Uhr ist bereits beim Elektriker.
Jerzy Arndt und sein Sohn Michael während der Bauarbeiten im Februar. Inzwischen hat sich im und am Stellwerk eine ganze Menge getan. Auch die alte Uhr ist bereits beim Elektriker. © Frank Selter

Die Laune haben ihm die Verzögerungen nicht verdorben. Ganz im Gegenteil. Fenster, Elektrik, Dach, Dämmung - alles war in den vergangenen Monaten erneuert worden. Eine Kernsanierung. Arndt lobt in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Engagement und die Flexibilität der heimischen Handwerker.

Goldrichtige Entscheidung

Es sei eine goldrichtige Entscheidung gewesen, auf sie zu setzen. Allesamt hätten sie sehr gute Arbeit geleistet. Mit Corona habe bei den Planungen beim besten Willen niemand rechnen können. Und das bei einem derartigen Projekt immer auch mit der ein oder anderen baulichen Überraschung zu rechnen ist, darauf hatte er sich ohnehin eingestellt.

Gebäude mit hohem Stellenwert

Dank Jerzy Arndt bleibt der Gemeinde das markante und bahngeschichtlich bedeutungsvolle Gebäude erhalten. Bevor der Versicherungs- und Finanzmakler Interesse an dem Häuschen bekundet hatte, stand unter anderem auch bereits ein Abriss zur Debatte. Wie groß das Interesse der Bevölkerung an der Zukunft des kleinen Häuschens ist, hat bereits während der heißen Bauphase Anfang des Jahres die Tatsache bewiesen, dass immer wieder Passanten ihre Nase durch die Tür steckten und fragten, ob sie kurz mal hineindürfen. Durften sie. Und dürfen sie immer noch. „Dadurch wird einem erst einmal bewusst, welchen Stellenwert das Gebäude für die Menschen hat“, sagt Arndt.

So sieht es im Inneren des Stellwerks inzwischen aus.
So sieht es im Inneren des Stellwerks inzwischen aus. © Jerzy Arndt

Er selbst war von einem Kollegen auf die Idee gebracht worden, in dem Gebäude ein Büro zu eröffnen. Jerzy Arndt war von Anfang an begeistert und hat die Entscheidung trotz der Verzögerungen noch zu keiner Sekunde bereut. Er finde wichtig, dass alte und erhaltenswerte Dinge auch erhalten bleiben, sagt er und verweist ganz nebenbei auf die zentralere Lage.

Uhr wird zur Herausforderung

Erhalten bleiben soll auch die alte Uhr an der Seite des Gebäudes. Sie liegt aktuell noch beim Elektriker. Sie auf Vordermann zu bringen, ist allerdings gar nicht so einfach. Denn: Die Uhr steuert sich nicht selbst, sondern wird von einer so genannten Mutteruhr gesteuert. Und genau die gibt es nicht mehr. Aber auch diese Herausforderung nimmt Arndt an.

Plan B liegt bereit

Der Elektriker sei gerade dabei, Angebote für eine Mutteruhr einzuholen. Sollte das Ziel möglicherweise aus technischen Gründen oder aus Kostengründen scheitern, gibt es bereits einen Plan B: Dann soll die Uhr ein neues Uhrwerk bekommen. „Unser Ziel ist es auf jeden Fall, sie wieder zum Ticken zu bringen“, sagt Arndt und lacht. Schließlich gehöre sie zum Stellwerk wie das Stellwerk zur Geschichte der Gemeinde.

  • Nach vielen Gedankenspielen, wie das alte Stellwerk aus dem Jahr 1919 erhalten bleiben könnte, hatte der Gemeinderat im April 2019 den Verkauf beschlossen. Zwischenzeitlich hatten Studenten der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede in einem Forschungsprojekt ein Nutzungskonzept für das Stellwerk entwickelt. Sie hätten sich dort ein Museum vorstellen können. Das allerdings wäre mit immensen Kosten verbunden gewesen.
  • Hätte sich mit Jerzy Arndt kein Käufer gefunden, wäre auch ein Abriss in Frage gekommen.