Meschede. Erst blieben Patienten weg, jetzt sind sie wieder da - und die alten Probleme auch: Arztpraxen im Hochsauerland inmitten der Corona-Krise.

In der akuten Phase der Corona-Krise klagten niedergelassene Ärzte vielfach über ausbleibende Patienten. Tatsächlich mieden viele den Besuch in den Praxen - und riskierten teilweise ihre Gesundheit, wie Mediziner jetzt feststellen. Denn inzwischen kommen die Patienten wieder. Und die alten Probleme von damals sind auch schon wieder da.

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Dr. Hans-Heiner Decker ist Bezirksstellenleiter der Kassenärztlichen Vereinigung und damit ein Sprecher der niedergelassenen Hausärzte in der heimischen Region. Er praktiziert in Neheim als Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin. An eine Szene aus den vergangenen Wochen erinnert er sich noch besonders: Da saß ein Patient wieder vor ihm, der eigentlich vor Wochen eine Einweisung ins Krankenhaus bekommen hatte. Einen Bericht über den Aufenthalt gab es nicht: Der Erkrankte war aus Angst vor Corona nicht in die Klinik gegangen. „Das hätte böse ausgehen können“, sagt Decker.

Weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle

Wie viele dieser Fälle es im Hochsauerlandkreis gegeben hat, ist ungewiss. Sie sind aber in dieser und anderer Form passiert. So sind bundesweit während der akuten Corona-Phase weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle verzeichnet worden. Dr. Decker glaubt nicht, dass auch weniger passiert sind. Experten sprechen vom Corona-Effekt. „Herzinfarkte und Schlaganfälle verteilen sich eigentlich gleichmäßig über das gesamte Jahr“, so der Sprecher der Kassenärzte. Er geht davon aus, dass „der ein oder andere nicht oder zunächst nicht versorgt worden ist.“

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Angst der Patienten vor Corona war auf der einen Seite ein Grund für rückläufige Arztbesuche. Ein anderer: Praxen riegelten sich mitunter ab und erzeugten den falschen Eindruck, dass es gefährlich sein könne sie zu betreten: Große und grelle Warnschilder waren zu sehen, einige schlossen die Türen ab und nahmen die Patienten im Hausflur in Empfang. So sei es allerdings größtenteils nicht der Fall gewesen, meint Dr. Decker. Er betont: „Es war schon sehr wichtig, ungeschützte Kontakte zu vermeiden.“ Auch der Mund-Nasen-Schutz, der weiterhin in den Praxen getragen werden muss, sei sinnvoll. „Die Welt ist noch nicht wieder wie früher.“

Ausbrüche schnell im Griff

Positiv bewertet er, wie der Hochsauerlandkreis bisher durch die Pandemie gekommen sei. Ausbrüche wie zuletzt seien gut und schnell in den Griff bekommen worden. Dennoch ist auch Dr. Decker der Überzeugung: „Ohne einen Impfstoff, wann immer er auch zur Verfügung stehen wird, werden wir das Thema nie wieder los werden.“

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Die Patienten, so seine Einschätzung, kommen inzwischen wieder in die Arztpraxen: „Wir bei uns erleben den gleichen Zugang wie früher“, sagt Dr. Decker. „Ich habe nicht den Eindruck, dass noch eine Zurückhaltung bestünde.“ Im Gegenteil: In seinem Alltag erlebt er schon wieder Engpässe, wenn es um Termine geht.

>>> Grippe-Schutzimpfung

Der Grippe-Schutzimpfung kommt in diesem Herbst und Winter eine besondere Bedeutung zu. Für sie wird deshalb verstärkt geworben, um ausreichend Kapazitäten in Krankenhäusern für mögliche Corona-Erkrankten vorhalten zu können. Normalerweise sorgt die Grippe-Welle regelmäßig für verstärkte Aufnahmen in Kliniken.

Dr. Hans-Heiner Decker empfiehlt die Grippe-Schutzimpfung daher in diesem Jahr nicht nur Risikopatienten, er rät jedem dazu. Ab September steht die Impfung üblicherweise zur Verfügung.