Ebbinghof. Wie sich die Folgen der Tönnies-Schließung auf die Landwirte im Schmallenberger Sauerland ausgewirkt haben. Die Lage sei ernst.
Es habe die Achillesferse der deutschen Schlachter getroffen, sagt Landwirt Georg Muth-Köhne. Was er meint: Die corona-bedingte Schließung des Tönnies-Konzerns in Rheda-Wiedenbrück: „Die Auswirkungen sind immens und haben auch uns hier getroffen.“
Muth-Köhne und seine Mitarbeiter züchten Ferkel auf ihrem Betrieb in Ebbinghof. 30 bis 180 Tage wachsen die Ferkel auf dem Hof, werden anschließend an Mastbetriebe weiterverkauft, von wo sie dann später zum Schlachter gebracht werden - häufig heiße die Schlachter-Adresse Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, sagt Muth-Köhne: „Die Schließung hat einen solch heftigen Rückstau ergeben, dass die Probleme jetzt bei allen Landwirten angekommen sind.“ Muth-Köhne macht klar: „Tönnies muss wieder geregelt anfangen zu schlachten, sonst kommen wir in große Schwierigkeiten.“ Die nächsten 14 Tage seien entscheidend.
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Denn der Platz in den Betrieben sei eben nur einmal da, sagt Muth-Köhne und rechnet vor: Tönnies musste die Schlachtung schließen, also kann er auch keine Schweine mehr von den Mastbetrieben aufnehmen. Die bleiben wiederum auf ihren Schweinen, die Tag für Tag wachsen, sitzen. Weil sie keinen Abnehmer finden, entsteht ein Platzproblem in den Ställen. Zum Nachteil für Muth-Köhne, der die Mastbetriebe regelmäßig mit Jungtieren und Ferkeln beliefert: „Wir können die Tiere ja nicht stapeln oder ihnen sagen, dass sie nicht wachsen sollen.“
Kleine Schlachthöfe in Deutschland
Den biologischen Kreislauf könne man nicht einfach aufhalten: „Sollen wir einfach auf den roten Knopf drücken? Das geht nicht, es muss weitergehen.“ Bei der Schließung des Tönnies-Konzerns sei Muth-Köhne von wenigen Tagen ausgegangen, zudem fehlten wichtige Informationen: „Und nichts ist schlimmer als die Ungewissheit.“ Ein wenig habe er den Rückstau abfangen können, habe die einzelnen Stallungen unter Einhaltung sämtlicher Vorschriften minimal anpassen können, um mehr Jungtiere zu behalten: „Aber auch das ist irgendwann nicht mehr möglich.“
Er kenne Betriebe, die weitere Stallungen mit Stroh auslegen mussten, um dort Schweine unterzubringen und so das Platzproblem zu lösen. Es gebe auch noch einige kleine Schlachthofe in Deutschland, doch der Hauptabnehmer sei eben Tönnies. Mitschuld sieht Muth-Köhne für das Problem auch bei der Politik: „Die kleinen Schlachthöfe konnten die Flut von Auflagen nicht mehr bewerkstelligen.“
Größeres Angebot
Das Ergebnis seien die Schließungen gewesen, was blieb sei unter anderem Tönnies als Über-Konzern der Fleischindustrie: „Und wenn der dann schließen muss, müssen wir alle darunter leiden, weil es kaum Alternativen gibt.“ Das Angebot an Schweinen sei jetzt größer als die Nachfrage, weshalb auch schon der Preis pro Kilogramm von 2,10 Euro auf 1,45 Euro gesunken sei, sagt Muth-Köhne. Tönnies müsse den Betrieb mindestens zu 80 Prozent wiederaufnehmen. Aber selbst damit könne der bestehende Rückstau nur langsam abgebaut werden: „Der Stau geht nur weg, wenn der Export auch wieder normalen Vor-Corona-Mengen entspricht.“
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Die Kritik an der Firma Tönnies hält Muth-Köhne für hart und teilweise überspitzt: „Da werden sehr viele Themen miteinander vermischt.“ Tönnies arbeite europaweit auf höchstem Qualitätsniveau, die Situation der Werksarbeiter gebe es genauso auf der Baustelle oder im Paketservice: „Das sich in diesem Bereich aber in Zukunft etwas ändern muss, steht auch außer Frage. Trotzdem sind die deutschlanden Lebensmittel auf einem sehr hohen Niveau.“
Deshalb hofft Muth-Köhne auf ein Einlenken der Politik: „Wenn es nicht wieder losgeht, will ich mir gar nicht ausmalen, was passiert.“ In Amerika habe es bereits Not-Tötungen von Tieren gegeben. Zudem sei die Schließung von Tönnies auch mit erheblichen finanziellen Verlusten bei den Landwirten verbunden: „So eine Situation wie momentan habe ich in 30 Jahren noch nicht erlebt. Es muss etwas passieren.“
Der Betrieb in Ebbinghof
Georg Muth-Köhne führt den Betrieb mit seinem Sohn Rainer (25).
Fünf Angestellte, zwei Azubis und weitere Aushilfskräfte sind ebenso auf dem Hof beschäftigt.
Insgesamt sind dort 1500 Muttertiere untergebracht.
Neben der Ferkelzucht betreibt Muth-Köhne auch eine PV-Anlage und ist an einer Biogasanlage beteiligt. Für die Zukunft setzt der Betrieb verstärkt auf Tierwohlaspekte.
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