Niedersorpe. Marlene Wortberg leidet unter Lungenfibrose. Sie braucht einen Behindertenparkausweis. Doch trotz eines ärztlichen Attests weigert sich der HSK.

Manfred Wortberg ist enttäuscht und frustriert, aber nicht müde zu kämpfen: „Es geht mir einfach nur um diese kleine Stück Papier. Das kostet niemanden etwas, aber uns würde es ungemein helfen.“ Manfred Wortberg ist 81 Jahre alt, seine Frau Marlene ist 79 Jahre alt und leidet unter einer hochgradigen Lungenfibrose: „Sie bekommt nur noch 30 Prozent Luft, es wird immer weniger.“

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Die Krankheit sei unheilbar, Marlene Wortberg 24 Stunden auf Sauerstoff angewiesen. Pflegestufe zwei, zu 80 Prozent schwerbehindert. Nur wenige Schritte kann Marlene Wortberg laufen, dann muss sie sich wieder setzen - vollkommen außer Atem. Wenn sie das Haus verlässt, ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Und da liege das Problem, sagt Manfred Wortberg.

Platz zum Aufbauen des Rollstuhls

Den Rollstuhl besitzen sie schon lange. Einen mit Motor, der das Schieben unterstützt. Zudem hängt die Sauerstoffflasche, die Marlene Wortberg am Leben hält, an dem Rollstuhl. „Meine Frau fragt immer, wann wir mal wieder in die Stadt können“, sagt Wolfgang Wortberg. Nur ein bisschen durch die Straßen gehen, in die Schaufenster schauen, das sommerliche Wetter genießen. Mehr nicht: „Wir sind beide alt und wissen auch nicht, wie lange meine Frau noch zu leben hat.“ Den Wunsch wolle er seiner Frau erfüllen: „Ich weiß doch auch, dass uns die Decke hier auf den Kopf fällt, wenn wir 24 Stunden im Haus sitzen müssen.“

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Das Fahren im Auto sei kein Problem. Auch das Ein- und Aussteigen sei vergleichsweise unproblematisch, auch wenn es etwas mehr Zeit in Anspruch nehme. Doch das Auf- und Abbauen des motorisierten Rollstuhls brauche Platz. Viel Platz. Und mehr Platz, als es ein gewöhnlicher Parkplatz hergibt. Deshalb kämpft Wortberg seit Monaten um einen Behindertenparkausweis für seine Frau. Bislang ohne Erfolg: „Für Menschen mit dieser Krankheit gibt es einfach keinen Parkausweis mit AG-Kürzel.“ Dabei sei seine Frau auf den Rollstuhl angewiesen, sagt Wortberg. Sie können nur wenige Schritte gehen.

Auf einem gewöhnlichen Parkplatz komme es vor, dass er so eng zugeparkt würde, dass das Auf- und Abbauen des Rollstuhls schwer bis unmöglich werde. „Und je länger ich dann brauche, umso schwieriger wird es für meine Frau, denn irgendwann wird auch der Sauerstoff knapp.“ Den anderen Verkehrsteilnehmern wolle er keinen Vorwurf machen. Es sei ja nicht zu erkennen, dass er mehr Platz brauche. Dafür gebe es ja die Behindertparkplätze, die im Stadtgebiet auch ausreichend vorhanden seien.

Notwendigkeit nicht gegeben

Trotz eines ärztlichen Attestes, welches die Notwendigkeit einer Rollstuhlnutzung bestätigt, lehne die zuständige Behörde des Hochsauerlandkreises die Anfrage der Wortbergs weiterhin ab. Die Notwendigkeit sei nicht gegeben, Kriterien seien nicht erfüllt. Das erzeuge ständigen Stress und Aufregung, sagt Wortberg. Einfach abschalten sei unmöglich: „Ich verlange ja kein Geld, sondern nur dieses Stück Papier.“

Seit Januar kämpfe er um den Behindertenparkausweis: „Ich will das durchziehen. Es hat sich so festgesetzt, ich möchte da jetzt nicht nachlassen. Ich kann und will der Willkür nicht Tür und Tor öffnen.“

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Dominik Tigges, Rechtsanwalt aus Schmallenberg, vertritt die Wortbergs: „So etwas ist kein Einzelfall.“ Ärzte hätten aber inzwischen bestätigt, dass bei der Erkrankung von Marlene Wortberg nun ein Stadium bestehe, welches ihr das AG-Kürzel erlaube: „Da geht es dann um einen Ermessensspielraum. Aber klar ist natürlich, dass man seitens des Hochsauerlandkreises Frau Wortberg großes Leid ersparen könnte, wenn man die Erlaubnis ausstellen würde, auf den privilegierten Parkplätzen zu parken.“

Bedauern über Weigerungshaltung

Der Fall liege aktuell beim Sozialgericht in Dortmund, dort sei mit einer schnellen Lösung aber nicht zu rechnen. Tigges: „Ich habe schon bei dem zuständigen Richter angerufen und gebeten, den Fall vorzuziehen.“ Denn häufig komme es bei solchen Fällen vor, dass die Erkrankten im Laufe der Verhandlung aufgrund der Schwere der Erkrankung und der Dauer des Prozesses versterben. Und damit sei dann niemandem geholfen.

Die erste Entscheidung des Hochsauerlandkreises, das AG-Zeichen nicht auszustellen, sei rechtlich richtig gewesen. Jedoch sei ein Einlenken, nachdem das ärztliche Attest eingereicht wurde, wünschenswert gewesen, die weiterhin bestehende Weigerungshaltung mehr als bedauerlich: „Dieses Merkzeichen AG tut ja niemandem weh und kostet vielleicht 20 Euro. Es würde im Grunde nur helfen.“

Erkrankung und Verlauf einer Lungenfibrose

Eine Fibrose (Übersetzt aus dem Lateinischen: Faser) bedeutet, dass sich Bindegewebsfasern in einem Organ vermehren.

Bei Lungenfibrosen entzündet sich das Lungenbindegewebe. Es kommt zu einer krankhaften Vermehrung des Bindegewebes zwischen den Lungenbläschen und den Blutgefäßen, welches sich verhärtet und vernarbt.

Durch diese Einschränkung kann der Sauerstoff nicht mehr in die Blutgefäße gelangen, was die Sauerstoffaufnahme erschwert. Die Atmung wird so oberflächlich und schnell.

Die Vernarbung in der Lunge können nicht geheilt werden und bleiben dauerhaft.

Beschwerden neben der Atemnot sind Reizhusten, Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen sowie Gewichtsabnahme. Im späteren Stadium kommt Fieber hinzu.