Meschede. Prellungen und Schädel-Hirn-Trauma: Vor Gericht schweigt das Opfer. Ein Prozess um häusliche Gewalt in Meschede.
Da gelangt einmal ein Fall von häuslicher Gewalt vor Gericht – und kann dann nicht bestraft werden, weil das Opfer nicht aussagen will. Gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen hatte die Staatsanwaltschaft einem 38 Jahre alten Mann aus Meschede vorgeworfen. Am Ende kommt der Mann frei.
Prellungen und Schädel-Hirn-Trauma
Laut Anklage hatte der Mann Anfang Januar abends seine Lebensgefährtin in ihrer Wohnung in Meschede unter anderem mit der Faust geschlagen, sie erlitt dabei Prellungen und ein Schädel-Hirn-Trauma. Als sie am nächsten Morgen die Wohnung verlassen wollte, soll er sie noch in den Rücken getreten haben. Hintergründe wurden beim Prozess im Mescheder Amtsgericht nicht bekannt. Der Mann wollte keine Angaben machen – das muss ein Angeklagter auch nicht, er muss sich nicht selbst belasten.
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Das Opfer ist seine Verlobte (36). Der Verlobung kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu: Denn vor Gericht gibt es ein Zeugnisverweigerungsrecht für Zeugen, wenn sie mit dem Angeklagten verheiratet, verwandt, verschwägert sind – oder eben auch verlobt. In diesem Fall sind beide nach ihren Angaben schon seit rund 20 Jahren miteinander verlobt, seitdem das erste von vier Kindern zur Welt kam. Richter Dr. Sebastian Siepe wunderte sich, warum beide nach so langer Zeit nie geheiratet hätten – die Verlobung sei doch eigentlich das Versprechen, die Ehe einzugehen. Erklären mussten sie das aber nicht.
Auch der Sohn macht keine Aussage
Der Mann machte von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, die Frau von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht. Auch sie verweigerte als Zeugin (und mutmaßliches Opfer) damit die Aussage. Der Richter konnte sie nur darauf hinweisen: „Wenn Sie keine Angaben machen, kann man Ihnen auch nicht helfen.“ Nein, sie wollte nichts sagen. Auch eines ihrer Kinder, ein 17-Jähriger, verweigerte die Aussage.
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Bei der Polizei hatte die Frau zwar Strafanzeige gestellt und Angaben gemacht: Für eine Vernehmung der Polizistin, um quasi so mehr über die Prügel zu erfahren, verweigerte die Frau jetzt aber ebenfalls ihren Zustimmung. Damit waren alle Beweismöglichkeiten erschöpft. Richter Siepe sprach den Angeklagten deshalb frei. Er konnte ihm nur mit auf den Weg geben: „Behandeln Sie Ihre Verlobte gut!“