Meschede. In Meschede wird in einen Fahrkartenautomaten gepinkelt. Eine Frau beschreibt, wie sie dort ihre Fahrkarte zieht und was dann nicht geschieht...

„Wie viel Ekel muss man als Reisender noch aushalten, bis sich irgendwas endlich mal ändern wird?“ Diesen Satz stammt von jener Frau, die ein Schild an einem mit Urin besudelten Fahrkartenautomaten am Bahnhof in Meschede angebracht hat. Julia Lotz hat noch viel mehr erlebt.

„Ich konnte heulen“

Ihre eklige Erfahrung beginnt am Dienstag, 16 Juni: Die Frau hat eine Tagesfahrt nach Dortmund geplant, kurz bevor der Zug eintrifft, tippt sie auf ein 9-Uhr-Tages-Ticket. Sie bezahlt mit Bankkarten - „zum Glück!“. Denn: „Ich stand da sprachlos und konnte heulen. Sowas kann man nicht beschreiben. Mein Ticket liegt in einer stinkenden Urinpfütze...“

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Die Deutsche Bahn hatte diese Form von Vandalismus im Gespräch mit unserer Zeitung verurteilt und auf ihre Service-Hotline verwiesen. Kunden sollten sich dort melden, damit solche Verunreinigungen beseitigt würden. Die Meschederin sagt: Selbstverständlich habe sie die Nummer 0211 / 36801055 gewählt. „Und“, hieß es nach ihrer Schilderung dort, „wie können wir Ihnen jetzt helfen“?

Notruf vor Enttäuschung gewählt

Die Meschederin sagt dazu: „Ja, mir vielleicht in diesem Moment nicht, aber den anderen Reisenden schon. Doch es wurde einfach aufgelegt. Vor lauter Enttäuschung habe ich 110 gewählt.“ „Und“, hieß es nach ihren Angaben hier auch, „wir können für Sie noch weniger tun als der DB-Service.“ Kein Vandalismus oder keine Sachbeschädigung seien in diesem Fall zu erkennen.

Vorsicht, eklig: Hier schwimmt Urin im Ausgabeschacht des Automaten.
Vorsicht, eklig: Hier schwimmt Urin im Ausgabeschacht des Automaten. © Privat

Auch die gesamten Corona-Hygiene-Regelungen hätten nicht als wichtiges Argument gezählt. „Auch hier ist es mir nicht klar, ist die Mund-Nase-Bedeckung nur für bestimmten Menschengruppen Pflicht? Warum feiern jeden Tag ‘bekannte’ Gruppen ‘Drogen-Sauf-Partys’ am Bahnhof ohne Abstandsregeln und weitere Pflichtmaßnahmen einzuhalten?“ Dazu habe ihr der Polizeibeamte am Telefon gesagt: „Diese Problematik am Mescheder Bahnhof ist mir nicht bekannt“.

Ticket im Urin

Das Ticket lag noch immer im Urin. „Fluchend musste ich es aus dem Fach rausfischen, mit einem Taschentuch in eine Tüte einpacken und in den Zug einsteigen. Dort guckte der Schaffner erstmal sehr verblüfft auf die am Boden liegende Tüte. Ich schilderte ihm mein bitteres Erlebnis. Danach holte er sich Handschuhe, guckte in die Tüte herein und packte mir mein Ticket in eine andere Tüte um.“

Nett und hilfreich sei er gewesen, aber es sei ein Tages-Ticket gewesen. „Wohin soll ich es bitte schön reintun? Handtasche? Jackentasche? So laufe ich mit einer Tüte für mein stinkendes Ticket rum.“ Als sie am Abend zurückkam, guckte die Meschederin misstrauisch am Automat nach. „Ja, welches Wunder, nichts ist passiert. Die eklige Flüssigkeit hat keiner beseitigt.“ An diesem Tag habe sie ihre Hände nicht genug waschen und desinfizieren können.

Schild angebracht

Als sie sich am nächsten Tag auf den Weg zum Frühdienst machte, schrieb sie dieses Schild und klebte es an den Automaten - der immer noch nicht gereinigt war: Vorsicht! ’Gebildete’ Bürger“ urinieren in das Ticket-Ausgabe-Fach!“ Ihr Motiv: „Damit vielleicht einige Reisende sich so ein Erlebnis ersparen können.“

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Am darauf folgenden Donnerstag gegen 10 Uhr kam sie mit der Bahn vom Dienst nach Meschede zurück und guckte noch mal nach. „Na ja, die Pfütze ist ein bisschen trockener geworden, aber immer noch eklig genug, um sich aus dem Fach ein Ticket oder Rückgabegeld holen zu können. Wieder habe ich den DB-Service gewählt. Gleiche Antwort und schnell aufgelegt. Keiner kann also in dieser Situation helfen“, berichtet Julia Lotz

Ausgefallene Züge und Hundehaufen

Natürlich sei die Deutsche Bahn mit den Situationen an den Bahnhöfen überfordert und sei nicht für solche Taten verantwortlich, aber sich um die Reinigung schnell kümmern zu können, das müsse dringend organisiert werden. „Seit sechs Jahren bin ich mit der Deutschen Bahn unterwegs“, berichtet die Meschederin. „Da gibt es genug Aufregung, wie z.B. ein kaputter Monitor am Bahnhof, keine Info über verspätete oder ausgefallene Züge, Müll, beschmierte Wände, Hundehaufen in der Unterführung und jetzt noch das: der Ticket-Automat als Pissoir.“

Die Deutsche Bahn bat in einer Stellungnahme um Entschuldigung. „Das darf und soll so nicht sein“, erklärte ein Sprecher. Zwar habe die Kundin die Service-Hotline angerufen, die für den Bahnhof selbst zuständig sei, und nicht jene, die sich um Probleme an den Automaten kümmere (das ist die 0800 / 2996644), trotzdem hätten die Kolleginnen und Kollegen die Sache weitergeben müssen.