Meschede. In unserer Serie „Gut, dass es sie gibt“, stellen wir heute Lothar Braukmann vor. Bahnreisen-Experte und Eisenbahner mit Leib und Seele.

Im Büro der Mescheder DB-Agentur Reisebüro Velmer in der Le-Puy-Straße 24 fühlt es sich geradezu gemütlich an. Der Schalter ist ein normaler Arbeitstisch mit Stühlen davor. In einer Ecke des Raumes steht eine kleine, bequeme Sitzgruppe, die man aus Großbahnhöfen so nicht kennt. Hier kümmert sich Lothar Braukmann, Deutsche-Bahn-Hauptsekretär um alle Fragen rund ums Bahnfahren. Immer freundlich und kompetent. Der Eisenbahner mit Leib und Seele legt schon vor der ersten Frage mit einem Statement los: „Meschede hat ja nun mal einen Bahnhof, aber leider kein Bahnhofsgebäude mehr. Ich bedaure immer noch, dass unser architektonisch typischer und ansehnlicher Bahnhof nicht mehr existiert.“

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Was genau bietet die DB-Agentur den Mescheder Bürgern?

Lothar Braukmann: Wir kümmern uns um Auskünfte zu allen Bahnfragen, individuell von Mensch zu Mensch. Wir arbeiten hier zehn Stunden pro Tag mit einer Vollzeit und einer Halbzeitstelle vor Ort und können uns über mangelndes Interesse nicht beklagen.

Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?

1973 habe ich meine Lehre bei der Deutschen Bundesbahn angefangen. Nach meinem Abschluss arbeitete ich zunächst als Fahrkartenverkäufer und später als DB-Reiseberater im Reisezentrum. Als die Bahn vor ca 15 Jahren in Meschede umstrukturiert wurde, hatte ich die Wahl nach Dortmund, zur Stadt Meschede oder eben zur DB-Agentur zu wechseln. Als gebürtiger Mescheder wollte ich unbedingt in Meschede bleiben, auch wenn die Arbeit hier erheblich vielschichtiger ist als an einem großen Bahnhof. Ich schätze den persönlichen Kontakt und die unterschiedlichen Herausforderungen.

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Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag für Sie aus?

(lacht): Den gibt es nicht. Jeder Tag ist anders. Täglich dürften es an die 100 Telefonate, ca. 30 E-Mails und Kunden bis in den dreistelligen Bereich sein.

Wer kommt und worum geht es denn da?

Vom Internet vertrauten Schüler bis zum betagten Senioren, von Einzelreisenden bis zu Gruppenreisen, von Platzreservierungen zu vier Euro bis zu Luxusreisen im fünfstelligen Bereich, machen wir hier alles. Der Schwerpunkt ist die Beratung bei der Suche nach optimalen Zugverbindungen zu einem günstigen Preis. Nebenbei kümmern wir uns noch um Probleme und Kümmernisse, die gelegentlich auch mal exotische Formen annehmen.

Trainer der Behinderten-Judokas

Lothar Braukmann absolvierte ab 1973 eine Lehre bei der Deutschen Bundesbahn, arbeitete als Fahrkartenverkäufer und Reiseberater.

Seit ca. 15 Jahren ist er als Deutsche Bahn Hauptsekretär in der DB Agentur am Mescheder Bahnhof tätig.

In seiner Freizeit trainiert er mit Christoph Gmyrek Menschen mit geistiger Behinderung beim BSV Meschede Judo.

Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder und lebt in Eversberg.

Erzählen Sie!

Wir fühlen uns verantwortlich, wenn der Fahrstuhl nicht funktioniert. Ich erinnere mich an viele, viele Rollstühle, die ich zu den Gleisen gehoben habe. Wir beruhigen aufgebrachte Bahnfahrer, wenn Anschlüsse nicht erreicht werden oder Behelfsbusse nicht eintreffen. Auch die vielen Geflüchteten und Migranten, die es nach Meschede verschlagen hatte, haben wir trotz erheblicher Sprachprobleme immer gut beraten können. Ich kann mich an keine einzige unschöne Situation in diesem Zusammenhang erinnern. Wir haben hin und wieder Menschen, die sich nach Meschede verirrt haben und die wir dann an ihren Heimatort zurückschicken, manchmal mit Hilfe der Polizei. Die holen wir auch, wenn Randalierer oder alkoholisierte Bahnkunden meinen, sie müssten sich hier produzieren, was leider eben auch vorkommt.

Aber es gibt auch amüsante Erlebnisse?

Ich denke an den Mescheder Männer-Kegelclub, der vor einigen Jahren auf der Rückfahrt mit einem Damenclub das Großabteil teilte. Beim Ausstieg wurde dann ein Koffer verwechselt, was der Mescheder zunächst seiner Frau erklären musste. Danach kam er zu mir, und ich habe ihm tatsächlich seinen Koffer wiederbeschaffen können. Dann war da einmal eine Kundin, die ihre Sahnetorte in der Bahn vergessen hatte, und diese ziemlich energisch eine Woche später zurückverlangte. Ich hatte sie nicht gegessen, und aufzufinden war sie auch nicht mehr. Auch das Pärchen, das seinen Koffer mit Reisetickets in die Karibik und der gut gefüllten Reisekasse, nebst Pässen hier am Mescheder Bahnhof stehen gelassen hatte, konnte ich per Telefon, Fax und E-Mail noch pünktlich in den Flieger verabschieden. Die haben sich zudem wirklich lieb und nett bedankt, was nicht unbedingt üblich ist. Es gab natürlich auch weniger schöne Geschichten zu Zeiten der Bundesbahn. Damals wurde noch Reisegepäck und Expressgut versandt, und an einem Morgen waren drei komplette Telefonhäuschen dabei. Diese mussten aber erst mal ausgeladen werden!

Wie schalten Sie nach Dienstschluss ab und was wünschen Sie sich von den Mescheder Bürgern?

In meiner Freizeit lese ich gern, höre Musik und trainiere Judo für Menschen mit geistiger Behinderung. Von den Mescheder Bürgern wünsche ich mir, dass sie mir gewogen bleiben. Kommen Sie, wenn Sie Rat suchen. Manches ist im persönlichen Gespräch einfach besser zu regeln als im Internet. Nur wenn wir weiterhin so gefragt sind, kann diese Agentur erhalten bleiben. Ich möchte gerne mein 50-jähriges Dienstjubiläum und meine Pensionierung hier in Meschede erleben.