Schmallenberg. Am vergangenen Wochenende fanden in Schmallenberg wieder Gottesdienste statt. Dechant Georg Schröder über die Vorbereitungen und seine Eindrücke.
Es waren Wochen der Ungewissheit. Lange habe man diskutiert, ob und wie Gottesdienste wieder stattfinden können. Am vergangenen Sonntag stand Dechant Georg Schröder wieder hinterm Altar. Im Interview spricht er über das Gefühl, über Sorgen und Hoffnungen und warum Glaube in der Krise wichtig ist.
Am vergangenen Sonntag haben zum ersten Mal wieder Gottesdienste in St. Alexander stattgefunden. Was war das für ein Gefühl für sie?
Dechant Georg Schröder: Alle Beteiligten waren schon etwas angespannt - vor allem im Küsterdienstbereich, wo man alles vorbereitete. Den Ordnungsdienst haben wir dann vom Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand gestellt. Nervosität war da, weil einfach alles anders ist. Und dazu die Unsicherheit, wie viele Besucher jetzt kommen, weil es ohne Anmeldung stattgefunden hat.
Wie viele Besucher waren am Ende denn da?
Wir hatten ungefähr 60 Plätze mit Stühlen in der alten Kirche vorbereitet, 43 Besucher waren am Ende da. Es brauchte zum Glück also niemand weggeschickt werden. Die Leute werden sich schon vorab gut überlegt haben, ob sie hingehen oder nicht und so war es gut verteilt.
Wie war der Gottesdienst an sich? Blieb die Nervosität oder war plötzlich alles wieder wie immer?
Nein (lacht). Es war nicht alles wie immer. Insbesondere gab es keine Lieder, dafür hat der Organist an verschiedenen Stellen ein Orgelspiel eingebaut. Wir haben das, was sonst gesungen wird, gesprochen, zum Beispiel das Gloria-Lied. Und die Leute waren eben alle verteilt, das war ungewohnt.
Hat das Thema Corona in dem Gottesdienst eine Rolle gespielt?
Ja natürlich. Es ging darum, die Situation aufzugreifen. Die Frage, die mich bewegte, war: Was glaube ich in der Krise? Ich kann nicht glauben, dass Gott ein Wunder wirkt. Gott kann das Virus nicht besiegen. Aber ich kann mich mit meinen Krisen Gott anvertrauen und ihm meine Sorgen geben.
Wie lief das Verteilen der Kommunion ab?
Da habe ich dann jeweils eine Erklärung abgegeben vorab, wie das jetzt abläuft. Wir hatten es so geregelt, dass der Kommunionhelfer und ich uns direkt vor dem Verteilen der Kommunion die Hände desinfiziert haben. Dann hat auch erst die Gemeinde die Kommunion erhalten, direkt in der Bank und nicht im Gang. Und das ohne „Der Leib Christi“ zu sagen, das war ungewohnt. Die Leute waren aber auch sehr bedächtig. Die Mundkommunion ist verboten.
Wie war die Stimmung unter den Gottesdienstbesuchern?
Viele waren froh, dass es wieder eine Messe gibt, dass sie wieder eine Kommunion empfangen können. Es gab viele positive Reaktionen im Anschluss.
Hatten sie die Befürchtung, dass einige aus Angst zuhause bleiben? Dass sie auch nicht wiederkommen?
Das ist Spekulation, aber möglich. Aber wenn jemand Sorgen hat, ist es auch besser, zuhause zu bleiben. Dann sollte man den Gottesdienst lieber am Fernsehen oder im Internet schauen, das hatte ich vorher schon signalisiert. Jeder entscheidet selber und trägt auch die Verantwortung.
Wie hat Kirche in der Krise funktioniert, als es keine Gottesdienste gab?
Wir hatten auf der Homepage Unterstützungen für zuhause eingestellt, damit die Leute motiviert werden, selber etwas zutun oder auch für das persönliche Gebet, z.B. gibt es an jedem Sonntag „Gedanken zum Evangelium“ als Text und als Audio-Datei. Außerdem bietet sich ein Besuch an in der Gleidorfer Lichter- und Zuspruchskirche.. Was fehlte war das Mitmenschliche.
Aber das ist doch das, was Kirche ausmacht, oder nicht?
Ja, das macht Seelsorge aus und das war schwierig. Man kann natürlich telefonieren, aber das ist sehr begrenzt und wurde auch nur wenig wahrgenommen. Das sehe ich aber nicht als Vorwurf. Da spüren die Menschen, dass das Menschliche einfach fehlt, wenn der direkte Kontakt nicht da ist.
Die Krankensalbung fand unter Auflagen aber statt, richtig?
Ja, unter strengen Hygienevorschriften habe ich das durchgeführt. Wenn so etwas gewünscht wird, müssen wir das machen und das ist ja dann auch ein zeichenhafter Zuspruch von Gott für einen Kranken.
Was auch Corona-bedingt fehlte war die Erstkommunion. Wie wurde mit den Kindern umgegangen?
Keine Erstkommunion, das war schon der Hammer. Wir hatten für die Kommunionkinder eine Aktion geschaffen mit einem Briefumschlag und einer kleinen Überraschung. Damit die Kinder wissen, dass wir an sie denken. Die Erstkommunion soll wenn möglich nach den Sommerferien nachgeholt werden.
Welche Rolle kann Kirche in einer Krise spielen?
Dass ich dem Menschen immer wieder Hoffnung vermittele. Immer realistisch bleiben, sagen was ist, aber hoffnungsvoll sein. Weil wir in der Krise viel schaffen können, zusammenhalten, solidarisch sind. Und wir trotzdem nicht vergessen, dass es noch mehr als das Alles gibt. Wir haben für dieses Leben zu sorgen, aber dieses Leben ist nicht alles.
Es gibt keine Prozessionen, keine Feste, lediglich Gottesdienste. Erleben wir aktuell nur die halbe Kirche?
Der Mittelpunkt von Kirche ist, dass man sich versammelt, das menschliche Miteinander. Hier in Schmallenberg engagieren sich in der Krise viele Menschen für die, die bedürftig sind. Und das ist Kirche, das ist Nächstenliebe, das ist das Wesen, dass Menschen füreinander sorgen.
Wird es jemals Gottesdienste ohne Desinfektionsmittel geben?
Diese aktuellen Regeln für Gottesdienste wird es vermutlich noch für Monate geben. Niemand weiß, wann die gewohnte Normalität erreicht werden wird.
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