Meschede. Auch das Berufskolleg Meschede hat mit dem Unterricht begonnen. Warum das dort eine besondere Herausforderung bedeutet.
Es ist mit Abstand die größte Schule in Meschede, trotzdem ist sie nur selten im Blick. Das Berufskolleg Meschede betreut 2400 Schüler aus dem gesamten HSK - das ist auch und gerade in Corona-Zeiten eine besondere Herausforderung. Schulleiter Carsten Placht erklärt unter anderem, warum es eine besondere Herausforderung ist, das passende Corona-Modell für sein Berufskolleg zu finden.
Berufsschulen sind nur selten im Blick der Öffentlichkeit. Haben Sie eine Idee, woran das liegt?
Ganz klar ist mir das auch nicht. Denn wir bieten ja genau wie die übrigen Schulen auch Haupt- und Realschulabschlüsse und das Abitur an. Vielleicht liegt es an der relativ kurzen Verweildauer. Aber auch wir kümmern uns im Moment um Hygiene- und Abstandsregeln und haben Einbahn-Wege in unserem Gebäude ausgeschildert. Das hat für 2400 Schüler noch mal eine ganz andere Dimension.
Auch interessant
Ihre Abschlussklassen drücken jetzt wieder die Schulbank. Distanzlernen für Auszubildende lief das in den vergangenen Wochen überhaupt?
In vielen Fällen hat mein Kollegium digitale Lernangebote gemacht, auch Videokonferenzen wurden abgehalten. Nicht immer haben wir dabei alle Schülerinnen und Schüler erreicht, auch der Rücklauf der Aufgaben fiel unterschiedlich aus. Gründe waren unter anderem, dass technische Voraussetzungen fehlten. Auch die Teilnahme war eher freiwillig, denn der Unterricht ruhte offiziell. Sie durften auch nicht in Kurzarbeit geschickt werden. Auszubildende waren daher also an den Berufsschultagen an ihrem Arbeitsplatz. Viele Betriebe haben sie für die Aufgabenbearbeitung dennoch freigestellt. Bis zu den verschobenen Kammerprüfungen werden wir alle wieder auf den gleichen Stand bringen. Bei der Digitalisierung befinden wir uns alle noch in einem Lernprozess. Corona führt uns die Notwendigkeit vor Augen: Ich denke, in der Zukunft wird Präsenzlernen zunehmend um Modelle des digitalen Distanzlernens ergänzt. Die fünf HSK-Berufskollegs haben dazu beim Land einen Antrag auf einen Schulversuch gestellt.
Sie haben auch Berufsfachschüler, die den Hauptschul- oder Realschulabschluss machen. Welche Herausforderungen sehen Sie da in Coronazeiten?
Das sind inklusive der Flüchtlingsklasse neun pädagogisch sehr anspruchsvolle Klassen. Kolleginnen und Kollegen, die dort unterrichten, leisten besonders hochwertige Arbeit. Auch die Schülerinnen und Schüler muss ich loben, sie halten sich bisher diszipliniert an die Regeln. Aber trotzdem kann man da nicht einfach die Klasse teilen und eine Lehrkraft zwischen zwei Räumen pendeln lassen. Dort ist es wichtig, immer präsent zu sein, Halt zu geben, Beziehungsarbeit zu leisten und Regeln durchzusetzen. Das sorgt dafür, dass wir mehr Lehrkräfte einsetzen müssen. Und der Unterricht hat einen hohen Praxisanteil - dabei stoßen wir in den Küchen-Kojen oder an Metall- und Holz-Arbeitsplätzen wegen der Abstandsregeln eher an unsere Kapazitäten. Aber es lohnt sich. Wenn wir es schaffen, dass diese Schülerinnen und Schüler im Anschluss einen Ausbildungsplatz bekommen, haben wir einen guten Job gemacht.
Auch interessant
Was sind die größten Herausforderungen am Berufskolleg?
Wenn demnächst die Klassen starten, die im kommenden Schuljahr ihre Abschluss- oder Teilabschlussprüfungen machen, haben wir hier 76 Klassen, die wir in 132 Lerngruppen teilen müssen. Insgesamt noch mal rund 500 bis 600 Schüler, Das passt mit den 320, die wir bisher beschulen, noch so gerade. Doch dann wird es zu eng. Da unsere Schüler aus dem ganzen HSK kommen, werde ich sie sicher nicht für vier Stunden anreisen lassen. Ein Schichtmodell kommt daher nicht in Frage, eher ein Intervall-Modell, Unterricht an einzelnen Tagen, dafür aber länger und unterstützt durchs digitale Lernen.
Wirkt sich die Corona-Unsicherheit auf die Anmeldezahlen aus?
Wir merken das schon, dass weniger Schüler zur Berufsschule angemeldet werden. Die Anmeldezahlen sind verhalten, die Betriebe warten offenbar ab.
>>>HINTERGRUND
Carsten Placht ist 51 Jahre alt, verheiratet und lebt mit seiner Familie in Olsberg,
Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann studierte er in Paderborn Wirtschaftspädagogik, Schwerpunkte Bankbetriebslehre und Produktionswirtschaft mit dem Abschluss Diplom-Handelslehrer.
Sein Referendariat absolvierte er in Bielefeld. 1998 kam er als Lehrer ans Berufskolleg Meschede.
2011 wechselte er als Schulleiter an die Hans-Viessmann-Berufsschule in Frankenberg. Zum Schuljahr 2017/18 kehrte er zurück ins Sauerland und übernahm die Leitung des Berufskollegs.
Dort werden insgesamt 2400 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 15 und 35 Jahren unterrichtet. Etwa 2000 davon machen eine Berufsausbildung, in der Gastronomie, im Baugewerbe, in kaufmännischen Berufen oder im Metall- und Elektrobereich.
Daneben gibt es auch Vollzeitklassen, die einen Schulabschluss anstreben und die Studierenden, die schon im Beruf stehen und abends und am Wochenende die Fachschule für Wirtschaft besuchen.