Meschede. Die Aufforderung zur Nachbarschaftshilfe hat in Meschede und seinen Ortsteilen für eine Unterstützungswelle gesorgt.

Direkt mit dem Ausbruch der Corona-Krise, der Schließung vieler Geschäfte und der Warnung, dass vor allem Senioren und Menschen mit Vorerkrankungen nun gefährdet sind, bildeten sie sich: die nachbarschaftlichen Hilfen. In den Dörfern, aber auch in Meschede lautet bei den Initiatoren der Tenor: „Wir sind überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft.“ Was nachgefragt wird und wer helfen will – ein Querschnitt durch die vielen Hilfsangebote und die wenigen Nachfragen.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Freienohl mit dem größten Helferpool

Freienohl hat mit Abstand den größten Helferpool. Rund 80 Männer und Frauen haben sich bei Sascha Maas, Hauptmann der Freienohler St.-Nikolaus-Schützenbruderschaft, gemeldet, um Botengänge zur Ärzten und Apotheken oder Einkäufe zu erledigen. Nachfragen hatte er wenige – genau zwei. „Eine ältere Dame brauchte Hilfe beim Einkauf und ein Senior, der erst vor kurzem zugezogen war, suchte jemand, der ihm den Grünschnitt entsorgt.“ Nicht unbedingt die Aufgabe, die man von den nachbarschaftlichen Hilfen in der Corona-Krise erwartet. Das sah auch Maas so. „Der Mann hatte bei einem auswärtigen Gartenbaubetrieb seine Sträucher schneiden lassen, doch die Arbeiter waren nicht wie versprochen gekommen, um den Strauchschnitt zu entsorgen.“ Maas vermittelte einen heimischen Betrieb, der die Aufgabe gegen Bezahlung übernahm. Damit war auch der Senior zufrieden. „Wir wollen durch unser Hilfsangebot ja keinem Handwerker sein Geschäft wegnehmen.“

Niemand ohne Hilfe in Wennemen

Ähnlich sieht es auch Alexander Jürgens aus Wennemen. Sein Helferpool ist deutlich kleiner. „Zehn Leute sind wir in einer WhatsApp-Gruppe.“ Auch er hatte nur wenige Anrufe. Was sicher auch daran liegt, dass Meiers Dorfladen traditionell in Wennemen nach Hause liefert. Wer nicht will, muss also nicht vor die Tür. „Und Meiers leben davon. Sie sollen auch weiter ihr Geschäft machen.“ Damit keiner durchs Raster fällt, hat er gemeinsam mit der kfd im Ort recherchiert, wer allein lebt und Hilfe benötigt. Das Ergebnis: „Uns ist niemand bekannt, der nicht durch Nachbarn oder Familie versorgt ist.“

Ähnlich sehen das die Vertreter aus den übrigen Orten. Es sei ein gutes Gefühl, dass der Zusammenhalt im Ort funktioniert, bestätigen Sonja Thamm von der Dorfgemeinschaft Heinrichsthal-Wehrstapel, D agmar Dicke von der Caritas Remblinghausen, Ralf Kühnert für die Schützen in Berge/Visbeck sowie die Ortsvorsteher Thomas Jostes in Grevenstein und Marin Eickelmann in Calle/Wallen.

„Es haben sich Leute gemeldet, die hatte ich gar nicht auf dem Schirm“, freut sich Sonja Thamm. Sie kann auf einen Helferpool aus 25 Männern und Frauen zurückgreifen. Auch dort gab es bisher nur ein oder zwei Einsätze. Thomas Jostes konnte immerhin schon einer älteren Dame bei einer besonderen Bitte helfen. „Sie wollte gern ein Buch aus der katholischen Bücherei.“ Das habe ich dann für sie abgeholt und nach Hause gebracht.“

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Helfer stehen weiter bereit

Auch wenn die Einsätze noch wenig nachgefragt werden, alle betonen: „Wir stehen bereit!“ Und wenn die Krise länger dauere, könne das Angebot noch für viel mehr Menschen wichtig werden. „Es kann ja auch sein, dass ein jüngerer Mensch erkrankt oder in Quarantäne Unterstützung braucht“, sagt Eickelmann. Dabei steht das Hilfsangebot auch, wenn beispielsweise eine Mutter voll berufstätig ist, Haushalt, Einkauf und Kinder versorgen soll. Ein Anruf genügt. Dagmar Dicke: „Ich bin sicher, wenn man der Krise irgendetwas Positives abgewinnen will, dann ist es, dass der Zusammenhalt im Ort enger wird.“

Auch Meschede ist ein Dorf

Das alles gilt auch für Meschede. „Da ist unsere Stadt dann doch eher ein Dorf“, sagt Andreas Wrede Hauptmann der St.-Georgs-Bruderschaft. Er engagiert sich wie Max Bunse von der SPD und Josef Sommer (CDU) in Meschede im Rahmen der nachbarschaftlichen Hilfen. Auch sie können auf 10 bis 25 Helfer zurückgreifen, auch sie erleben, dass nur wenige das Angebot annehmen. Einmal, weil die nachbarschaftliche Hilfe funktioniert, aber auch weil viele Ältere sich der Gefahr nicht bewusst sind. Der Tenor: „Einkaufen? Das kann ich doch noch alleine!“

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Da greifen dann schon mal die Kinder ein und verbieten es schlicht. Bei Max Bunse meldete sich denn auch eine Tochter, die in Köln lebt, aber gern eine Einkaufshilfe für ihre Mutter organisieren wollte. Den ungewöhnlichsten Einsatz bisher aber hatte Josef Sommer. Er fuhr für eine Seniorin tanken. „Sie hatte Angst, dass sie das Coronavirus mit nach Hause bringt und dann ihren vorerkrankten Mann ansteckt.“ Also fuhr der CDU-Stadtverbandsvorsitzende mit zur Tankstelle, tankte und bezahlte aus einem zuvor übergebenen und verschlossenen Umschlag.

>>>HINTERGRUND

Alle Helfer, die über ihre Angebote informieren wollen, können einen Service der Caritas nutzen. Dort werden unentgeltlich Flyer gedruckt, mit denen man über das Hilfsangebot informieren kann. Wer das nutzen will, kann sich melden bei Jennifer Klagges : 0171 407296. .

Die einzelnen Hilfsangebote der Dorfgemeinschaften finden sich auch in einem früheren Text unter unter wp.de/nachbarschaftshilfe