Meschede. Der Unterricht an den Mescheder weiterführenden Schulen ist wieder angelaufen. Mit gemischten Gefühlen und vielen Emotionen.
Froh, dass man mal wieder Menschen sieht – das sind Schüler und Lehrer in Meschede gleichermaßen. Gleichzeitig herrscht unter den Schülern aber Unverständnis und Sorge darüber, dass der Unterricht überhaupt schon wieder begonnen hat.
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Busschüler an der Haltestelle abgeholt
„Ein bisschen wuselig war es schon“, sagt Margot Freise, Schulleiterin der St.-Walburga-Hauptschule, in der ersten großen Pause- „Manche Schüler kamen zu viert im Auto, das macht natürlich all‘ unsere Bemühungen zunichte.“ Die Busschüler wurde von den Lehrern abgeholt. Auf dem Schulhof musste sie Jungs und Mädchen davon abhalten, sich nach der langen Trennung zu umarmen. „Ein Junge hat einem anderen seine Maske gegeben, weil er der Meinung sei, dass die ja doch nichts nütze.“ Aber nach den ersten Aufregungen hatten die Lehrer dann die wichtigsten Abstands- und Hygieneregeln vermittelt und alle glücklich in die Klassen eskortiert.
Die Schulleiterin hatte in den vergangenen Wochen ihre Schüler zum Teil zu Hause besucht, um ihnen die Aufgaben zu bringen und mit ihnen zu sprechen. „Da gab es Mädchen, die gern einen guten Realschulabschluss schaffen wollen und die geweint haben, weil sie nicht wussten, wie das jetzt noch gehen soll“, berichtet die Schulleiterin. „Das bricht mir das Herz.“
Emotionales Thema
Außerdem betrübt es sie, dass sie ihre Klasse wegen einer Vorerkrankung nicht selbst unterrichten darf. . „Das ist schon sehr emotional für uns. Das macht man nicht mal eben.“ Eine Kollegin, der es genauso geht, habe bei der Verkündung unter der Maske geweint. Insgesamt sind von 19 Männern und Frauen im Kollegium, sechs betroffen. Eine weitere Kollegin, die nicht arbeiten darf, habe für ihre gesamte Klasse Masken genäht, berichtet die Schulleiterin weiter, um dann das Telefonat zu beenden: „Unter meinem Bürofenster stehen meine Schüler, ich gebe jetzt eine Schülersprechstunde“ - mit drei Meter Tiefenabstand.
Warnung vor sozialen Ungerechtigkeiten
Zuvor aber hatte sie noch vor den sozialen Ungerechtigkeiten gewarnt, die durch die fehlende Beschulung für die jüngeren Jahrgänge noch verstärkt werde. Das unterstreicht auch Detlev Pecko, Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule in Freienohl. „Der Unterrichtsstoff ist für mich zweitrangig, es geht für unsere Schüler vor allem um die Betreuung.“ Er hat deshalb schon mal bei der Bezirksregierung einen Vorstoß gewagt: Er würde gern möglichst bald an jedem Wochentag eine Stufe, zusätzlich zu den Zehnern unterrichten, montags die Fünfer, dienstags, die Sechser und so weiter. „So sehen wir die Schüler wenigstens einmal in der Woche, können Aufgaben verteilen und die Schulsozialarbeiterin durch die Klassen schicken.“
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Sicherheit für die Schüler
Die Kinder bräuchten die Sicherheit, dass ihnen hier nichts geschieht. „Die rufen auch nicht an, wenn sie zu Hause Probleme haben, das erzählen sie eher, wenn sie hier sind.“ Ansonsten sei der erste Schultag ziemlich geordnet abgelaufen. „Wir hatten Abstandsmarkierungen auf dem Schulhof und Desinfektion am Eingang.“ Ein kleines Grüppchen habe er direkt aus dem Park holen müssen. Es habe aber gereicht, an ihr Verantwortungsbewusstsein zu appellieren und mit einem Augenzwinkern zu erklären: „Hey ihr habt gerade 1200 Euro gespart.“
Am Gymnasium ist der Unterricht freiwillig
Am Gymnasium der Benediktiner sind laut Schulleiter Heinz Plugge „bis auf vier oder fünf Schüler, bei denen es zum Teil Vorerkrankung in der Familie gibt“, alle zum Unterricht erschienen. Für die Abiturienten ist das Erscheinen freiwillig. „Die hatten alle ein Strahlen im Gesicht“, sagt er „und waren genauso froh wie wir, wieder Menschen zu sehen.“ Auch an seiner Schule herrscht Maskenpflicht, sobald man sich bewegt und die 1,50 Meter Mindestabstand nicht eingehalten werden können. Eine Schülerin der Q1 hat Masken als Not-Ration genäht. Ein Desinfektionsständer steht im Eingang. 15 bis 20 Prozent seiner Kollegen, so schätzt er, dürfen wegen einer Vorerkrankung nicht unterrichten.
Wie groß die Not auch der Kleinsten ist, erfuhr er jetzt von einem Techniker, der in die Schule kam und gleichzeitig Vater einer Fünftklässlerin ist. „Das Mädchen hatte eigentlich mitgewollt“, berichtet Plugge, „der Vater kam aus der Nummer nur raus, weil er ihr versprach, ihr ein Foto des Klassenzimmers zu machen.“
Schüler vom Städtischen Gymnasium und von der Konrad-Adenauer-Schule berichten, dass die Stimmung gut sei: „Es gibt aber auch viel Unverständnis darüber, dass die Schulen überhaupt schon wieder geöffnet sind.“
>>>HINTERGRUND
Insgesamt startet am Donnerstag für rund 430 Schüler der Unterricht an den Mescheder Haupt und Realschulen und Gymnasien.
Hinzu kommen 320 Schülerinnen und Schüler am Berufskolleg.