Bad Fredeburg. Ein 36-Jähriger soll an gewerbsmäßigen Diebstählen beteiligt gewesen sein. Unter besonderen Bedingungen wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt.
9.55 Uhr. In fünf Minuten soll die Hauptverhandlung am Amtsgericht Schmallenberg starten. Die erste in der Coronazeit, weil es eine Haftsache ist, die nicht verschoben werden kann. An der Eingangspforte muss sich jeder Besucher die Hände desinfizieren, den Personalausweis vorzeigen und sich in eine Liste eintragen. Mit einer Unterschrift bestätigen Besucher, dass sie sich zuletzt nicht in einem Risikogebiet aufgehalten haben.
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Der Mitarbeiter gibt FFP1-Masken und Handschuhe aus - das Tragen ist freiwillig. Im Gerichtssaal trägt kurz vor der Verhandlung noch niemand eine Maske. Die Tische stehen weit auseinander, auf den Besucherplätzen sitzt niemand. Der Angeklagte wird von zwei Polizeibeamten in den Saal gebracht - sie tragen einen Mundschutz und Handschuhe. Die Dolmetscherin trägt eine der ausgegebenen Masken.
Vorwurf: Gewerbsmäßiger Diebstahl
Dem 36 Jahre alten Angeklagten, der gebürtig aus Rumänien stammt, werden drei gewerbsmäßige, gemeinschaftliche Diebstähle vorgeworfen. Er gehörte zu einem Trio, das nach einer Diebestour im vergangenen Jahr in Schmallenberg durch die Polizei gefasst und festgenommen wurde (wir berichteten). Sie hatten mehrere hundert Pakete Kaffee, Zahnpasta und Bekleidung sowie einige Haushaltsgegenstände gestohlen - in zwei Fällen blieb es beim Versuch: Mitarbeiter und Zeugen hatten die Täter bemerkt und sie flüchteten ohne Beute.
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Der Angeklagte soll bei den Taten Schmiere gestanden und in einem Fall den Einkaufswagen befüllt haben. Seit November 2019 sitzt er deswegen in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl wurde am Mittwoch aufrecht erhalten - und der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.
„Die vier Monate Untersuchungshaft werden angerechnet“, so Richter Ralf Fischer, der den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht folgte, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. „Trotz Geständnis sehe ich keine positive Sozialprognose. Außerdem ist er in einer laufenden Bewährungszeit wieder straffällig geworden.“
Diebesgut für Familie in Rumänien
Zuvor hatte der 36-Jährige die Taten eingeräumt. Seine Erklärung: Er habe zuvor in einer Schlachterei gearbeitet, die ihm den November-Lohn aber Mitte des Monats noch nicht überwiesen hatte. Durch die finanzielle Schieflage habe er sich zu den Taten hinreißen lassen, die Mittäter kannte er von der Arbeit.
Teile seien für den Eigenbedarf gewesen, einen anderen Teil habe er zu seiner Familie nach Rumänien schicken wollen, die das Diebesgut dort verkaufen sollte.
Richter Ralf Fischer: „Fest steht für mich: Es waren keine spontanen sondern geplante Taten - und sicher nicht die einzigen.“ Von Lüdinghausen (dort fand eine der drei Taten statt) nach Schmallenberg zu fahren, um Diebstähle zu begehen zeuge von einer „erheblichen Professionalität, auch wenn die Vergehen vergleichsweise im unteren Bereich liegen.“
Schwierige Haftbedingungen
Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten deswegen eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung gefordert, „weil während der Corona-Pandemie sowieso versucht wird, die Gefängnisse frei zu halten und Gefangene frühzeitig entlassen werden. Er hat jetzt schon einige Monate Haft verbüßt und könnte jetzt noch auf die richtige Bahn kommen, zumal er einen Plan hat“, so die Staatsanwältin, die eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten (zur Bewährung) beantragte.
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Allerdings mit der Auflage, dem Angeklagten einen Bewährungshelfer zur Seite zu stellen - und zusätzlich Sozialstunden oder eine Geldstrafe aufzuerlegen. Auch der Verteidiger verwies auf „schwierige Haftbedingungen. Man kann nicht Arbeiten, alles ist zu. Bei einer Strafe unter 18 Monaten könnte er außerdem einen Antrag auf Haftunterbrechung stellen.“
Ralf Fischer sah zwar viele Punkte, die für den Angeklagten sprechen, „jedoch auch einige, die strafschärfend wirken. Allen voran, dass er während seiner laufenden Bewährungszeit wieder straffällig geworden ist und wegen ähnlichen Taten bereits vorbestraft ist.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung kann noch Rechtsmittel einlegen.