Meschede . Eine Druckreif-Umfrage zeigt, wie Abiturienten aus der Region über das Durchschnittsabitur denken: Eine echte Lösung?
Für Schüler, die in diesem Jahr ihre Abitur- oder Abschlussprüfungen absolvieren sollen, stellt die aktuelle Situation eine große Herausforderung dar. Zwischen Online-Unterricht, Geschwisterbetreuung und den alltäglichen Einschränkungen fühlen sie sich überfordert und allein gelassen mit dem Stoff, den sie sich für die Prüfungen noch aneignen müssen.
Die Ungewissheit ist groß - die Ungewissheit vor dem weiteren Verlauf der aktuellen Pandemie und auch die Ungewissheit über eine der wichtigsten Prüfungen ihres Lebens. In den vergangenen Tagen erlebten die Abiturienten eine emotionale Achterbahn, beginnend mit einer Petition für die Durchsetzung eines Durchschnitts-Abiturs über die Absage der Abiturprüfungen in Schleswig-Holstein bis hin zur Verschiebung der Prüfungstermine.
Dabei sehen die Absolventen ein Durchschnitts-Abitur als bessere Lösung. Dieses verzichtet auf eine Prüfung, die Abschlussnote berechnet sich aus den erbrachten Noten der letzten zwei Schuljahre. In der Umfrage berichten Schüler über ihren Umgang mit der Situation, ihre Ängste und ihren Wunsch auf mehr Verständnis.
Lea Koch, 18, aus Niedersfeld
„Aktuell kann ich mir nicht vorstellen, dass das normale Abitur möglich wäre.
Unter den vielen neuen Regeln bezüglich des Zusammentreffens von Menschengruppen kann eine Klausur wie diese kaum erlaubt sein. Schüler und Lehrer können an Vorerkrankungen leiden und sie dieser Gefahr auszusetzen ist einfach unverantwortlich.
Man weiß zwar nicht, wie sich die Situation in Deutschland in den nächsten Wochen entwickelt, aber zu lange dürfen die Prüfungen auch nicht warten, da wir uns auf Ausbildungs- und Studienplätze bewerben müssen.
Daher stellt das Durchschnitts-Abitur eine gute Lösung dar. Zudem würde die Note vermutlich nicht stark von der durchschnittlichen Note der letzten Jahre abweichen.
Jennifer Grünwald, 19, aus Meschede
„Wenn man bedenkt, unter welchem Druck momentan jeder von uns steht, ist eine einfache Verschiebung der Prüfungen sehr risikoreich und unverantwortlich.
Viele junge Menschen leisten im Moment eine enorme Unterstützung in der eigenen Familie, betreuen kleine Geschwister, helfen älteren Menschen, vor allem auch Risikopatienten indem sie alltägliche Aufgaben und Besorgungen erledigen.
Eine solche Situation macht jedem zu schaffen, körperlich wie auch psychisch. Einige von uns leben mit Risiko-Patienten zusammen, ich sehe ein Zusammentreffen von so vielen Menschen als eine echte Gefahr.
Ein Ausnahmezustand sollte mit besonderen Maßnahmen behandelt werden. Daher ist eine Lösung wie das Durchschnittsabitur eine gute Idee. Da es sich aus den bereits erbrachten Leistungen berechnet, ist es zudem keineswegs ein „geschenktes Abitur“. Eine andere Möglichkeit wäre das Ablegen der Prüfungen über Online-Plattformen, ebenso könnten darüber mündliche Prüfungen stattfinden, um die Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten.
Serkan Asar, 19 aus Eslohe
Für die Schüler ist es eine schwierige Lage zurzeit, aber das Leben ist nicht immer fair.
Der meiste Stoff für die Abschlussprüfungen wurde schon vor der Schulschließung vermittelt und was nun noch fehlt kann man von zuhause aus nachholen.
Schließlich kann man sich bei Fragen immer noch an den Lehrer wenden.
Eine Alternative zu finden ist schwierig und ein Durchschnittsabitur halte ich für unfair.
Dann müssten in allen Bereichen Ausnahmen gemacht werden, auch in Ausbildungsbetrieben und Universitäten.
Wir sollten uns darauf konzentrieren, so normal wie möglich weiterzumachen.
Ammelie Kyewski, 17, aus Meschede
Ich hätte nie gedacht, dass ein Durchschnittsabitur wirklich möglich ist. Dafür müsste es auch in allen Bundesländern durchgesetzt werden und nicht nur in Schleswig-Holstein, wie zunächst geplant.
Wenn das Coronavirus zu gefährlich für Unterricht, Vorabiklausuren, Mottowoche und Zulassung ist, wie können dann die Abiturprüfungen geplant, wenn auch mit etwas zeitlicher Verzögerung stattfinden?
Ein Durchschnittsabitur wäre zwar gegenüber den letzten Jahrgängen etwas unfair, aber mehr als sonst wird es Abiturienten zur Zeit vielleicht nicht möglich sein, sich aufs Lernen zu konzentrieren, wenn sie sich Sorgen um die eigene Gesundheit oder die Angehöriger machen müssen.
Und je länger wir auf die Prüfungen warten, desto schwieriger wird es, im Schulstoff zu bleiben.
Die Gesundheit sollte immer vorgehen, auch wenn dadurch unsere Abiprüfungen verschoben werden müssen.
Ich bin froh, dass wir nun Klarheit darüber haben, wie es weitergeht.
Sophie Goncalves, 18 aus Meschede
Es ist schade, dass die Regierung nicht stärker auf die Schüler eingegangen ist.
In der laufenden Petition zum Durchschnittsabitur hat sich gezeigt, dass viele Schüler diese Möglichkeit gut finden.
Sich auf Abiturprüfungen vorzubereiten, während viele in einer schweren familiären Situation stecken ist eine Zumutung, zudem ersetzt Online-Unterricht den realen Unterricht nicht.
Die zeitliche Verschiebung ist somit neben den Schutzmaßnahmen auch zur Vorbereitung wirklich nötig, auch wenn das Durchschnittsabitur meiner Meinung nach die beste Lösung ist.
In Ländern wie Italien und Spanien wäre an Prüfungen momentan nicht zu denken, und wir wissen nicht, ob es in einigen Wochen in Deutschland nicht ähnlich aussieht.