Eslohe/Bestwig. Wie könnte es in der Corona-Krise nach den Ferien an den Schulen weitergehen? Das wollten wir von den Schulamtsdirektorinnen wissen.
Bestwigs Grundschulleiter Matthias Risse macht Schlagzeilen, weil er in der Corona-Krise für seine Schüler jeden Tag auf Sendung geht. Im Esloher Schulausschuss ging es bereits darum, was passiert, wenn die Schulen auch nach den Osterferien geschlossen bleiben müssen. Wir haben mit den Schulamtsdirektorinnen des Hochsauerlandkreises, Martina Nolte und Annette Koschewski über die aktuelle Situation gesprochen - und auch darüber, wie es weitergehen könnte.
Bekommen Lehrer eigentlich weiterhin das volle Gehalt, auch wenn sie wegen der Corona-Krise lediglich Wochenpläne zusammenstellen? Und finden Sie das gerecht vor dem Hintergrund, dass in vielen anderen Branchen aktuell Kurzarbeit gefahren wird?
Auch interessant
Annette Koschewski Als Beamte stehen unsere Lehrkräfte im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen und auch unter dem Schutz des Landes. Folglich beziehen Sie auch weiter das Gehalt. Neben den Rechten, die die Lehrkräfte unseres Landes für sich in Anspruch nehmen dürfen, haben sie auch Pflichten und Aufgaben, die weit über den Unterricht hinausgehen.
Wie kann man sich den Alltag eines Lehrers in der jetzigen Zeit vorstellen?
Martina Nolte In der gegenwärtigen Situation nimmt die Notbetreuung in den Schulen einen großen Raum ein. Sie findet auch an den Wochenenden und während der Osterferien statt und wird von unseren Lehrkräften sehr engagiert und verantwortungsbewusst wahrgenommen. Dabei sind sie sich bei einer Gruppengröße von bis zu fünf Schülers des Risikos einer Infektion durchaus bewusst. Darüber hinaus werden Teamabsprachen per Telefon oder E-Mail getroffen, der „Fern-Unterricht“ organisiert, die Arbeits- und Wochenpläne für die Schülerinnen und Schüler erstellt. Die konzeptionelle Arbeit der Schulen wird planmäßig fortgesetzt. Darüber hinaus entwickeln Schulen in dieser Krise sehr kreative Ideen. So ist zum Beispiel der Bestwiger Schulleiter zu erwähnen, der jeden Morgen um 9 Uhr über YouTube im Livestream zu sehen ist und seine Schüler auf sehr humorvolle und ansprechende Weise unterhält, ihnen neue Denkaufgaben stellt und Unterrichtsinhalte vermittelt.
Welche Pläne gibt es für den Fall einer längeren Schließung, die über die Osterferien hinausgeht? Kann und darf in einem solchen Fall weiterhin mit Wochenplänen gearbeitet werden und welche Alternativen gibt es?
Auch interessant
Annette Koschewski Die Frage sollte nicht sein, ob es erlaubt bzw. legitim ist, weiterhin mit Wochenplänen zu arbeiten, sondern welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um das Lernen in der Zeit einer Krise zu ermöglichen. Es gibt unzählige Möglichkeiten – auch digital – den Unterrichtsstoff zu vermitteln und zu vertiefen. Der Wochen- oder Arbeitsplan ist nur eine Möglichkeit. Viele Schulen stehen mit ihren Schülern per E-Mail in Kontakt und übermitteln auf diese Weise die Übungsaufgaben. Die Internetpräsenz der Schulen bildet sich auch auf den einzelnen Homepages ab, über die aktuelle Informationen an Eltern und Schülerschaft weitergegeben werden. Der Informationsfluss des Ministeriums ist im Übrigen beispiellos. So wurden seit Einsetzen der Corona-Krise bis heute insgesamt elf detaillierte Informationsschreiben an die Schulen versendet, die Orientierung und Unterstützung bieten. Das Krisenmanagement der Bezirksregierung Arnsberg, aber auch die Ansprechpartner partner in den Schulämtern stehen den Schulen darüber hinaus bei aufkommenden Fragen und Problemen unterstützend zur Seite.
Wenn die Schulen wieder öffnen: Geht es von 0 auf 100 oder sind auch andere Szenarien denkbar? Etwa die Beschulung einer halben Klasse an einem Tag und der anderen Hälfte an einem anderen Tag, um so größere Abstände zwischen den Schülern zu gewährleisten?
Martina Nolte Die Frage ist derzeit nicht abschließend zu beantworten. Das Ministerium für Schule und Bildung entscheidet darüber in der zweiten Osterferienwoche.
Ist es legitim, direkt nach den Ferien Klassenarbeiten zu terminieren?
Auch interessant
Annette Koscheski In den Grundschulen steht die Frage der Terminierung von Klassenarbeiten aktuell sicher nicht im Fokus. Vielmehr geht es darum, wie es gelingen kann, unter den gegebenen Umständen den Unterricht so zu gestalten, dass die Schüler auch unter den gegebenen Bedingungen Kernkompetenzen für das weitere schulische Lernen erwerben. In diesem Zusammenhang wird dann auch über eine angemessene Leistungsmessung und –bewertung zu entscheiden sein. Das Aussetzen der sog. „Blauen Briefe“ war in diesem Zusammenhang ein sehr deutlicher Hinweis des Ministeriums.
Hätte nicht viel früher eine digitale Infrastruktur geschaffen werden müssen - etwa in Form von Tablets für jeden Schüler? Und ist so etwas nun angedacht?
Martina Nolte Die Digitalisierung der Bildung und der Einsatz digitaler Medien im Unterricht sind ein Schwerpunkt der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Alle Grundschulen haben Medienkonzepte entwickelt und werden mit Medien ausgestattet. Die aktuelle Krise zeigt uns, wie wichtig es ist, mit großen Schritten in diese Richtung weiterzugehen. Bereits jetzt kommen in vielen Schulen Tablets und andere digitale Medien zum Einsatz. Kürzlich habe ich eine Schule besucht, in der der Englischunterricht per Face-Time erteilt wurde. Die schwangere Lehrerin durfte aufgrund der Infektionsgefahr durch Ringelröteln - so gebietet es das Infektionsschutzgesetz - die Schule nicht betreten. Um Unterrichtsausfall zu vermeiden, in diesem Fall ging es um den Englischfachunterricht, unterrichtete die Kollegin digital aus dem Homeoffice. Eine sehr kreative Idee, die bei den Kindern auf große Zustimmung stieß und auch im Schulamt als äußerst positive Aktion registriert wurde.