Eslohe. Der Esloher Zahnarzt Ralf Bettelhäuser fühlt sich in der Corona-Krise von der Politik im Stich gelassen. Seine Helferinnen haben Angst.

Volle Wartezimmer, Terminanfragen, klingelnde Telefone – für viele Zahnärzte in der Region ist das Alltag. Und auch die rasante Verbreitung des Coronavirus scheint daran nichts geändert zu haben – eher im Gegenteil.

„Viele Patienten rufen zurzeit bezüglich eines Termins an, da sie jetzt aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen Freistellung oder Kurzarbeit Zeit haben“, beklagt Ralf Bettelhäuser. Gemeinsam mit seinem Kollegen Rafael Plett führt er in Eslohe die Gemeinschaftspraxis Plett&Bettelhäuser.

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Tag für Tag behandeln sie viele Menschen – Abstand gibt es dabei nicht. Ebenso wenig, wie eine stichhaltige Vorgabe von oben, wie mit dem Coronavirus umgegangen wird. „Ich fühle mich von der Politik im Stich gelassen“, klagt Bettelhäuser.

Er wünscht sich mehr Unterstützung seitens der Politik und der höheren Verbände. „Wir bekommen Infoblätter zugeschickt, in denen aber immer im Konjunktiv gesprochen wird. Was wir brauchen, ist auch eine Sensibilisierung der Bevölkerung für dieses Thema“, sagt er.

Auf der Internetseite der Gemeinschaftspraxis heißt es daher: „Wir werden unsere Behandlungen noch weiter zurückschrauben. Wir versuchen so, unseren Beitrag zur Vermeidung der Ausbreitung des Coronavirus zu leisten. Die Praxis ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr für Notfälle geöffnet.“ Dazu gehören unter anderem Zahnschmerzen oder Unfälle. „Was verschoben werden kann, wird verschoben. Vor allem nicht sofort nötige Operationen und langwierige Behandlungen werden verschoben.“

Patienten fragen nach Terminen

Damit reagiert er auch auf die Anfrage einiger Patienten. „Einige rufen uns an, weil sie gern eine professionelle Zahnreinigung hätten. Die werden aufgrund des Airflows - ein Strahlgebläse - nicht durchgeführt“, so Bettelhäuser.

Gerade nach der Schließung der Schulen seien viele Familien mit ihren Kindern gekommen. „Friseure und Tatoostudios müssen schließen, um Übertragungen zu minimieren. Wir behandeln im Rachenbereich, da wo das Virus angesiedelt ist, und stehen mit drei Personen in engstem Raum. Auf der einen Seite wird das eine geschlossen, um Menschengruppen zu vermeiden und dann sitzen alle hier bei uns.“

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Bettelhäuser wünscht sich, dass von einer höheren Instanz eine Regelung kommt – bestenfalls die, um auf Notbetrieb zu fahren. „Ich möchte mich wirklich nicht vor der Arbeit drücken, aber ich habe eine Verantwortung meinem Team, meinen Patienten und mir selbst gegenüber. Meine Helferinnen haben Angst. Und die ist berechtigt.“

Preis ums Zehnfache gestiegen

Ein Schutz vor dem Virus gebe es demnach nicht – weder für den Zahnarzt und seine Angestellten noch für die Patienten. Dabei achtet das Team der Gemeinschaftspraxis ohnehin auf die Einhaltung der Hygienevorschriften. „Wir benutzen Handschuhe, Mundschutz und Desinfektionsmittel. Aber das schützt uns nicht vor dem Virus.“ Zudem sei der Preis für die Handschuhe und den Mundschutz in der letzten Zeit um das zehnfache gestiegen. Und auch an Desinfektionsmittel ist derzeit schwer zu kommen. „Wir haben aktuell nur noch zweieinhalb Kanister.“

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Und auch ein Vollschutz kommt für das Team nicht in Frage. „Wir müssten den nach jedem Patienten wechseln und man kommt ja auch aktuell gar nicht mehr dran“, sagt Bettelhäuser. „Ein Mediziner, der bei möglicherweise infizierten Personen nur einen Abstrich im Nasen- und Rachenraum nimmt, trägt einen Vollschutz - wir aber sind dem Coronavirus viel länger und direkter bei unserer Arbeit ausgesetzt und sind dabei viel weniger geschützt sind. Das macht irgendwie keinen Sinn.“

„Anders geht es nicht“

Um dennoch das Infektionsrisiko zu verringern, hat das Team einige Vorkehrungen getroffen: Die Anzahl der Stühle im Wartezimmer wurde minimiert, Zeitungen entfernt und auf das Angebot von Wasser zum Trinken verzichtet. „Anders geht es nicht“, sagt Bettelhäuser, der zudem betont: „Es geht hier nicht nur um mich und unsere Praxis. Es betrifft die gesamte Branche.

Auch HNO-Ärzte sind davon betroffen. Wir haben die Pflicht, die Grundversorgung zu leisten. Aber das sollten aktuell wirklich nur die Notfälle sein.“