Meschede/Marbella. Eigentlich ist Marbella ein Sehnsuchtsort für Urlauber. Der gebürtige Mescheder Juan Manuel Valle Goncalves lebt dort - mit Ausgangssperre.

Langsam geht es ihm auch auf die Psyche. Seit Mitte März lebt Juan Manuel Valle Goncalves mit der strengen spanischen Ausgangssperre. Die Regierung überlegt nun sie sogar bis zum 26. April auszuweiten. Auf 70 Quadratmetern ohne Balkon mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern. „Das ist nicht einfach“, sagt er. Die Jüngste, Noa, ist grade drei Wochen alt. Mit ihr steht der Familienvater jetzt immer mal am Fenster, „damit sie Tageslicht tanken kann für ihren Vitamin-D-Haushalt“, berichtet er. Die Sonne scheint. Es sind milde 22 Grad in Marbella. „Meine Frau macht sich große Sorgen“, erzählt er. Draußen patrouilliert derweil das Militär,es desinfiziert und kontrolliert, dass alle zu Hause bleiben.

Ausgangssperre in Spanien

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    Vaterschaftsurlaub

    Der 41-Jährige hat zurzeit Vaterschaftsurlaub. Den hatte er sich anders vorgestellt. „Ich wollte das Kinderzimmer von Noa renovieren, als die Ausgangssperre kam. Anders als in NRW haben in ganz Spanien auch die Baumärkte geschlossen. „Nur wer als Handwerker noch Farbe oder Baumaterial braucht, kann dort einkaufen.“ Klar könnte er übers Internet bestellen, „aber ich müsste das Zimmer auch entrümpeln.“ Das ist nicht möglich. Alle Passanten auf der Straße werden sehr streng kontrolliert „Schon wenn man dir nachweist, dass du nicht auf dem kürzesten Weg zum Supermarkt unterwegs bist, musst du Strafe zahlen.“

    Der gebürtige Mescheder Juan Manuel Valle lebt in Marbella, seit zwei Wochen darf er nur zum Einkaufen vor die Tür.  Die Haare hat er sich abrasiert - das ist praktischer.
    Der gebürtige Mescheder Juan Manuel Valle lebt in Marbella, seit zwei Wochen darf er nur zum Einkaufen vor die Tür.  Die Haare hat er sich abrasiert - das ist praktischer.

    Schlimm ist die Ausgangssperre auch für Joel. Der Vierjährige langweilt sich. „Ich versuche ihn zu beschäftigen, mit ihm zu spielen und zu malen. Aber es wird jeden Tag anstrengender, und ich bin da sicher auch schon mal ungerecht und werde laut“, gibt er zu. Die Playstation sei da oft die letzte Rettung. „Aber uns geht es ja noch gut“, sagt er. Er kenne andere Familien, die mit drei oder vier Kindern in ähnlich großen Wohnungen leben. Und da in Spanien auch häusliche Gewalt ein großes Thema sei, wage er sich nicht vorzustellen, was in manchen Familien zurzeit passiere.

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    Ausgangssperre noch mal intensiviert

    Seit dem Wochenende ist die Ausgangssperre noch mal verstärkt worden. „Ale nicht lebenswichtigen Betriebe sind geschlossen - selbst zum Arbeiten dürfen wir jetzt nicht mehr vor die Tür.“ Was noch geht: Müll runterbringen, Einkaufen, Zigaretten holen, mit dem Hund Gassi gehen. Sport im Freien und Spazieren gehen sind - anders als in Deutschland - nicht erlaubt.

    Die Haare hat Juan Manuel Valle sich schon mal kurz rasiert. Die Friseure haben ja geschlossen. Zur Geburt von Noa durfte er noch mit ins Krankenhaus. „Wir sind drei Tage geblieben. Aber nur weil Noa mit einem Kaiserschnitt entbunden werden musste“, erklärt der Familienvater. „Bei einer normalen Geburt hätten sie uns schon nach vier Stunden nach Hause geschickt.“ So lange war Joel bei seiner Tante, ins Krankenhaus, das Schwesterchen und die Mama sehen, durfte er nicht.

    Ein Bild aus glücklichen Tagen am Strand  von Marbella: Juan Manuel Valle mit seiner Frau Patrizia und Joel.
    Ein Bild aus glücklichen Tagen am Strand von Marbella: Juan Manuel Valle mit seiner Frau Patrizia und Joel. © Privat

    Eltern schützen

    Auch seine eigenen Eltern hat Juan Manuel Valle seit der Ausgangssperre nicht mehr gesehen. „Meine Schwester wohnt in der Nähe. Sie kauft für sie ein, stellt die Einkäufe aber auch nur vor die Tür.“ Beide Eltern haben Vorerkrankungen Die Kinder wollen sie schützen. Denn in den Krankenhäusern fehle es an allem. „Schon in normalen Zeiten ist das Gesundheitssystem hier nicht mit dem in Deutschland zu vergleichen. Jetzt liegen die Kranken auf den Fluren.“https://www.zentral-redaktion.de/panorama/article228784689/Corona-Krise-Grosse-Not-weckt-in-Spanien-grosse-Solidaritaet.html

    Jeden Abend stehen die Spanier auf ihren Balkonen und an den Fenstern und klatschen für Ärzte und Ärztinnen, das Krankenpflegepersonal und die Supermarktmitarbeiter, die in der Corona-Krise ihr Bestes geben. Gleichzeitig wurden Hotlines mit Psychologen geschaltet. Auch an dem gebürtigen Mescheder geht das Ganze nicht spurlos vorüber„Gestern fühlte ich mich gestresst und depressiv, heute geht es wieder“, berichtet Juan Manuel Valle ehrlich. „Langsam zerrt die Situation auch an meinen Nerven. Doch da müssen wir jetzt leider durch.“

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    >>>HINTERGRUND

    Juan Manuel Valle Goncalves ist in Meschede geboren und aufgewachsen. Im Sauerland besuchte er die Emhildisgrundschule, später die St.-Walburga-Hauptschule und machte beim Bauunternehmen Josef Falke eine Lehre zum Maurer.

    Sein Vater stammt aus der Gegend von Marbella. Nachdem erst die Eltern und Geschwister zurück nach Spanien gegangen waren, folgte ihnen Manuel Valle vor 15 Jahren. „Ich bin ein Familienmensch, allein habe ich mich in Meschede nicht mehr wohl gefühlt.“

    In Marbella arbeitet er nun im Gartenbaubetrieb seines Bruders, pflegt die Gärten und Pools der Reichen und Schönen an der Costa del Sol.

    Doch Meschede ist ihm noch nah. Bis heute hält er über WhatsApp Kontakt zu alten Freunden.