Meschede/Brilon/Arnsberg. Eine Nachricht sorgt für Unruhe unter schwangeren Frauen im HSK: In Bonn dürfen Väter nicht mehr mit in den Kreißsaal. Wie sieht es vor Ort aus?

Schwangere Frauen aus der Region machen sich Sorgen, nachdem in Bonn das erste Krankenhaus den Zutritt für Väter komplett untersagt hatte. Grund ist die Corona-Krise. Das sagen die Geburtskliniken in Brilon und Arnsberg dazu.

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Kathleen Winkler ist fassungslos: Sie ist hochschwanger und hat nun erfahren, dass angeblich auch Krankenhäuser in der Region keine Begleitperson bei der Geburt mehr zulassen wollen. Für sie „eine weitere Zumutung“.

Die Meschederin erwartet ihr drittes Kind. „Und als ob man sich nicht schon genug Sorgen macht, dass alles gut geht, muss man sich nun auch in noch mit dem Thema Corona auseinandersetzten.“ Von Meschede aus sei es so schon eine Zumutung, wie weit eine werdende Mutter mittlerweile fahren müsse, um ein Kind im Kreis von Ärzten und gut ausgebildetem Klinikpersonal zu bekommen. Doch darauf habe sie sich vorbereitet.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

Das Gerücht

„Aber was in mir völliges Entsetzten auslöst, ist, dass die Krankenhäuser nun mit Ansage aus ihren Verwaltungen nicht nur Vätern den Zugang als Besucher zur Wöchnerinnenstation untersagen, was ja noch unter der aktuellen Situation verständlich ist, sondern dass nun die ersten Krankenhäuser der Begleitperson den Zugang auch zum Kreißsaal verweigern wollen.“

Immerhin sei für sie und den Säugling die Gefahr von Ansteckung genauso hoch wie für das Personal. „Die Begleitperson kann ja wohl mit Schutzkleidung ausgestattet werden, anstatt die Mutter alleine so einer Situation auszusetzen.“ Die Meschederin ist empört: „In Brilon weiß man angeblich noch nicht, wie man sich entscheidet. Wenn ja, müsse ich halt damit leben oder mir eine Hebamme suchen, die das Kind mit mir Zuhause bekommt, war die nette Auskunft der Sekretärin.“

Das sagt das Briloner Krankenhaus

Ludger Weber, Geschäftsführer des Städtischen Krankenhauses Maria Hilf in Brilon, kann sich diese Aussage nicht erklären. „Wenn sie so getätigt wurde, handelt es sich auf jeden Fall um eine Falschinformation.“ Auch wenn es andere Krankenhäuser gebe, die Väter nicht mehr in den Kreißsaal lassen: „Bei uns ist das bisher kein Thema. Väter dürfen auf jeden Fall weiter an der Geburt teilhaben.“ Man könne schließlich die Frauen in einer solchen Situation nicht allein lassen. „Die Väter sind dabei. Das steht außer Frage!“ Eine Ausnahme bilde der Kaiserschnitt, da es dann im OP sehr beengt sei.

Das sagt das Klinikum Hochsauerland

Genauso sieht es auch das Klinikum Hochsauerland, wie Pressesprecher Richard Bornkeßel erläutert: „Väter können die werdenden Mütter nach wie vor im Kreißsaal begleiten. Lediglich im Falle eines Kaiserschnitts, ist im OP keine Begleitung möglich“ Und aktuell dürfen Väter - wie Angehörige und Geschwister - Mutter und Kind nach der Geburt auch nicht mehr auf der Wöchnerinnenstation besuchen. Dafür bittet er um Verständnis.

Wenn eine Schwangere am Coronavirus erkrankt

Selbst wenn eine Frau am Coronavirus erkrankt sei, könne sie in der von ihr gewählten Klinik entbinden, betonen beide Krankenhaus-Vertreter. „In Brilon haben wir die Möglichkeit einen Kreißsaal so zu nutzen, ohne dass andere Schwangere in Kontakt kommen.“ Auch in Hüsten sei das möglich, erläutert Bronkeßel. Hebammen, Ärzte und Krankenpflegepersonal müssten dann in besondere Schutzkleidung arbeiten. Weber: „Anschließend kämen Mutter und Kind auf eine Isolierstation.“

In der Zwischenzeit ist auch das Klinikum Bonn wieder zurückgerudert. Unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen ist nach vielseitigem Protest die Begleitung der Schwangeren durch die Partner wieder erlaubt.

>>>HINTERGRUND

Der Berufsverband der Frauenärzte informiert auch zum Thema Schwangerschaft und Coronavirus.

Er hat dazu die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt:

Unter anderem heißt es dort: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es international keinen Hinweis, dass Schwangere durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) gefährdeter sind als die allgemeine Bevölkerung. Es wird erwartet, dass die große Mehrheit der schwangeren Frauen nur leichte oder mittelschwere Symptome, ähnlich einer Erkältung beziehungsweise Grippe aufweist. Schwerwiegendere Symptome wie Lungenentzündung scheinen bei älteren Menschen, Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder Langzeiterkrankungen häufiger zu sein. Wenn eine bereits vor der Schwangerschaft bestehende Herz- oder Lungenerkrankung vorliegt, könnten eher Komplikationen bei Atemwegsinfektion wie bei der Coronavirusinfektion eintreten.

Zur Frage, welche Auswirkungen das Coronavirus auf das Baby hat, wenn bei der Mutter eine Infektion diagnostiziert wird, heißt es:

Da es sich um ein sehr neues Virus handelt, fangen wir gerade erst an, etwas darüber zu lernen. Es gibt keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass das Virus während der Schwangerschaft auf das Baby übertragen werden kann (dies wird als vertikale Übertragung bezeichnet). Es wird daher als unwahrscheinlich angesehen, dass das Virus beim Fetus zu Anomalien führt. Bislang wurde international nur über 20 Schwangerschaften berichtet, alle fanden in China statt. In keinem Fall war ein Neugeborenes infiziert. Es wurden keine Auffälligkeiten bei Mutter und Kind berichtet.