Meschede. Es sind gesundheitlich und wirtschaftlich bedrohliche Zeiten: Martinrea Honsel zieht jetzt in Meschede die Konsequenzen.

Die Corona-Krise hat nun auch Martinrea Honsel in Meschede ergriffen. Ab Montag plant der Mescheder Zulieferer für Leichtmetallkomponenten Kurzarbeit.

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Von Ute Tolksdorf, Jürgen Kortmann, Oliver Eickhoff, Frank Selter, Alexander Lange, Christina Schröer

In einem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es: „Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aufgrund der Corona-Pandemie hat der Großteil unserer Kunden seine Produktion bis auf Weiteres vollständig eingestellt.“ Aus diesem Grund plane man bereits ab Montag, 23. März, in Kurzarbeit zu gehen und arbeite aktuell mit Hochdruck an einer Betriebsvereinbarung.

Geschäftsführung sieht keine andere Möglichkeit

„Wir werden kurzfristig bekannt geben, welche Bereiche davon betroffen sind und wie die Regelungen im Detail aussehen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass uns die aktuelle Lage keinerlei andere Möglichkeit bietet.“ Unterschrieben haben Frank Eibel, Global Director of Human Ressources und Bill Kreis, Honsel, Personalleiter.

Martinrea Honsel fertigt für verschiedene Automobilfirmen Leichtmetallkomponenten. Seit Ausbruch der Coronakrise hatten dem Unternehmen Lieferkettenprobleme mehr und mehr zu schaffen gemacht. So ist das Unternehmen beispielsweise auf Aluminium aus Italien und Frankreich angewiesen. Trotzdem hatte es noch Anfang der Woche bei der IG Metall geheißen: „Kurzarbeit ist noch kein Thema“.

Doch dann hatten große Autobauer die Einstellung ihrer Produktion angekündigt. Im Laufe des Donnerstags verdichteten sich dann die Gerüchte über die Kurzarbeit, Kollegen wurden gefragt, ob sie bereit seien, Überstunden und Urlaub abzubauen. Donnerstagabend erhielten die Mitarbeiter dann die Mail.

Tarifvertrag nach der Honsel-Insolvenz 2012

Honsel hatte 2012 nach der Insolvenz einen abweichenden Tarifvertrag abgeschlossen. Dieser sieht vor, dass die Mitarbeiter 40-Stunden arbeiten, obwohl der Flächentarifvertrag nur 35 Stunden vorsah. „Die Kollegen waren damit quasi fünf Stunden Woche umsonst im Einsatz, um Aufträge abzuarbeiten“, erläutert Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall.

Die Geschäftsführerin der IG Metall Arnsberg: Carmen Schwarz
Die Geschäftsführerin der IG Metall Arnsberg: Carmen Schwarz © Ted Jones/WP | Ted Jones

Trotz dieser Regelung könne der Betriebsrat jetzt Kurzarbeit fahren. „Er arbeitet mit Hochdruck daran, schnelle und pragmatisch Lösungen gemeinsam mit dem Arbeitgeber auszuhandeln“, sagt Carmen Schwarz. Dafür wünscht sich die Gewerkschafterin, dass auch die Arbeitnehmer entlastet werden. „Wir fänden es fair, wenn die Beschäftigten eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes erfahren würden. Gerade vor dem Hintergrund des Ergänzungstarifvertrages, wegen dem die Kolleginnen und Kollegen seit Jahren fünf Stunden pro Woche ohne Vergütung gearbeitet haben.“

Kunden nehmen noch Teile ab

Wie unsere Zeitung erfuhr, soll nun immer ein über die andere Woche gearbeitet werden. Eine gesamte Stilllegung der Produktion, wie bei einigen großen Autobauern, sei aber nicht geplant. Es gebe immer noch Firmen, die signalisiert hätten, dass sie Teile abnehmen werde.

Betriebsrat und Geschäftsführung waren für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.