Bestwig. Im alten Stellwerk am Bahnhof Bestwig können Menschen künftig die Weichen für ihr Leben stellen. Bald wird es soweit sein.

Lange dauert es nicht mehr, dann wird im alten Stellwerk am Bestwiger Bahnhof wieder Leben herrschen. Spätestens im Juni sollen dort Menschen künftig die Weichen für ihre Leben stellen können.

Noch ist das markante Gebäude neben dem Bahnübergang Ruhrstraße eine Baustelle - innen wie außen. 140.000 Euro steckt der selbstständige Versicherungs- und Finanzmakler Jerzy Arndt in das kleine Häuschen, um dort gemeinsam mit seinem Sohn Michael (29) und seiner Agentur einziehen zu können. Bis dahin muss noch eine ganze Menge getan werden. Eine Kernsanierung geht nun mal nicht von heute auf morgen.

Innen wie außen ist das Stellwerk momentan eine Baustelle. Ab Juni soll dort wieder Leben herrschen.
Innen wie außen ist das Stellwerk momentan eine Baustelle. Ab Juni soll dort wieder Leben herrschen. © Frank Selter

Fenster, Elektrik, Dach, Dämmung - alles muss erneuert werden. Aber das ist es Jerzy und Michael Arndt wert. „Ich habe lange nach einer passenden Immobilie gesucht und bin währenddessen sogar regelmäßig am Stellwerk vorbeigefahren“, sagt der 52-jährige Jerzy Arndt. Aber erst ein Kollege habe ihn letztlich auf die Idee gebracht, dort ein Büro zu eröffnen.

Und Arndt war von Anfang an begeistert. Dabei hat er gar keinen besonderen Bezug zur Bahn. „Aber ich finde es wichtig, dass alte und erhaltenswerte Dinge auch erhalten bleiben“, sagt er. Und eine zentralere Lage in Velmede und Bestwig könne man wohl kaum haben.

Aber die Lage zwischen Bahngleisen und Bundesstraße? „Das ist überhaupt kein Problem“, betonen Jerzy und Michael Arndt unisono. Noch als die alten Fenster drin gewesen seien, habe man kaum etwas gehört - und mit den neuen erst recht nicht.

Seit November läuft die Sanierung des Stellwerks inzwischen - mit heimischen Handwerkern, wie der 52-Jährige ausdrücklich betont. Das sei ihm wichtig gewesen, sagt er und lobt das enorme und beeindruckende Tempo, das sie bei der Arbeit vorlegen.

Ein Foto aus Tagen, an denen das Stellwerk am Bahnübergang Ruhrstraße noch in Betrieb war.         
Ein Foto aus Tagen, an denen das Stellwerk am Bahnübergang Ruhrstraße noch in Betrieb war.         © Martin Rese

Wie groß das Interesse der Bevölkerung an der Zukunft des kleinen Häuschens ist, beweist die Tatsache, dass immer wieder Passanten ihre Nase durch die Tür stecken und fragen, ob sie kurz mal hineindürfen. Dürfen sie! „Dadurch wird einem erst einmal bewusst, welchen Stellenwert das Gebäude für die Menschen hat“, sagt Arndt.

Er freue sich sehr über das Interesse - und er freue sich natürlich auch, wenn das Interesse nach der Eröffnung seines neuen Büros nicht abreißt. Dann wird es in den zwei Büros, die im Erdgeschoss und der oberen Etage entstehen, um Versicherungen, Kredite, Altersvorsorge und Geldanlagen gehen - mit Blick auf die an- und abfahrenden Züge im Bestwiger Bahnhof. „Wer kann schon von sich behaupten, ein Büro in einem Stellwerk zu haben“, sagt Arndt und genießt den Blick durch das große Fenster auf die Gleise.

Nach elf Jahren in Berge wohnt der 52-Jährige inzwischen seit elf Jahren im Westfeld. Dort ist aktuell auch sein Büro - bis zum Umzug im Juni. Dann geht es ins neue alte Stellwerk, dessen Charme selbstverständlich erhalten bleiben wird. Bis dahin soll dann auch die alte Uhr an der Außenfassade laufen, die im Moment vermutlich nur deshalb nicht funktioniert, weil sie nicht an den Strom angeschlossen ist. Und wenn sie doch defekt sein sollte, wird auch sie noch repariert. Ehrensache!

  • Jerzy Arndt ist bereits seit 1993 in der Finanz- und Versicherungsbranche tätig. Sohn Michael hat sich nach seinem Sport-Studium entschieden, in die Branchen zu wechseln. Zunächst war er vier Jahre bei seinem Vater angestellt, bevor er sich schließlich vor zwei Jahren ebenfalls selbstständig gemacht hat.
  • Nach zahlreichen Gedankenspielen, wie das alte Stellwerk aus dem Jahr 1919 erhalten bleiben könnte, hatte der Gemeinderat im April 2019 schließlich den Verkauf beschlossen.
  • Zwischenzeitlich hatten Studenten der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede in einem Forschungsprojekt sogar ein Nutzungskonzept für das Stellwerk entwickelt. Sie hätten sich dort ein Museum vorstellen können. Das allerdings wäre mit immensen Kosten verbunden gewesen.
  • Hätte sich mit Jerzy Arndt kein Käufer für das Stellwerk gefunden, wäre für die Gemeinde auch ein Abriss in Frage gekommen. Die dann freie Fläche hätte hätte für Infotafeln genutzt werden sollen, die auf die Geschichte der Bahn hinweisen.