Freienohl. Die Schulstunde an der Konrad-Adenauer-Hauptschule in Freienohl dauert 60 Minuten. Die Effekte auf Unterricht und Schüler sind verblüffend.

Effektiveres Arbeiten, weniger Zeitdruck und weniger Hausaufgabenstress - das Fazit der Konrad-Adenauer-Schule in Freienohl klingt fast zu schön um wahr zu sein. Seit Sommer 2008 sind das jedoch die Erfahrungen, die Lehrer wie Schüler der Freienohler Hauptschule gemacht haben. Damals wurde das 60-Minuten-Modell eingeführt.

Die Konrad-Adenauer-Schule hat vor elf Jahren den Schritt gewagt und sich sich von dem über 100 Jahre alten Stundenraster gelöst - zurück zu den 45-Minuten-Unterrichtsstunden möchte keiner mehr. „Durch die neue Einteilung der Unterrichtsstunden hat jeder Schüler maximal vier Unterrichtsfächer pro Tag“, erklärt Schulleiter Detlev Pecko. Damit seien die täglichen Fächer und Aufgaben ab Klasse 5 dem Tagesablauf in der Grundschule ähnlich. Es falle dem Kind leichter, Ablauf und Aufgaben selbstständig zu überblicken. Ein netter Nebeneffekt: die Schultaschen sind um zwei Bücher und weitere Hefte und Hefter leichter. Hausaufgaben gibt es maximal in vier, oft aber nur in zwei Fächern - und dann auch nicht unbedingt für den nächsten Tag.

Förderung für Schwache und Starke

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Anstoß dafür, das System umzustellen, war aber ein ganz anderer Grund. „Wir wollten den individuellen Förderunterricht stärken“, erklärt Pecko. Um Zeit dafür zu gewinnen, musste komplett neu gedacht werden: Neben den vier Zeitstunden Unterricht haben die Schüler der Konrad-Adenauer-Schule jeden Tag eine halbe Stunde „Förderband“.

Im Gegensatz zu früher, als schwache Schüler herausgepickt und nach dem regulären Unterricht länger für den klassischen Förderunterricht bleiben mussten, werden jetzt die Schwachen sowie die Starken mit individuellen Aufgaben - täglich und innerhalb der regulären Unterrichtszeit - gefördert.

Einzigartig in der Region

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Weitere Vorteile des in der Region einzigartigen 60-Minuten-Modells: Durch die Reduzierung der Fächer pro Tag werden häufige Raumwechsel und neue Anpassungssituationen minimiert. Damit erhöht sich die effektiv zur Verfügung stehende Zeit für Unterricht. „Wir schaffen viel mehr, haben weniger Zeitdruck und weniger Lernstoff für zu Hause“, resümiert Schülerin Sina Becker.

Aber nicht nur für die Schüler, auch für die Lehrer ist das Arbeiten angenehmer geworden. „Direkt im Anschluss an die Erklärung eines neuen Themas haben wir jetzt auch noch Zeit zum Üben, sprich Vertiefen“, erklärt die stellvertretende Schulleiterin Anja Otte. Das habe einen großen Effekt fürs Verständnis und für ein gutes Vorankommen im Unterricht.

Doppelstunde oft zu langweilig

„Eine Doppelstunde war früher oft zu langweilig, 45 Minuten aber zu kurz“, sagt auch Schüler Jannis Esser. Er hat zunächst eine andere weiterführende Schule besucht und kann daher den direkten Vergleich ziehen. „Der Unterricht ist viel interessanter geworden und der Tag geht schneller rum“, ergänzt Jannis Esser.

Die Gründe dafür liegen für Lehrerin Stephanie Luttermann auf der Hand: „Die spannenden Fragen und die Diskussionen kommen immer zum Schluss, in den letzten zehn Minuten. Außerdem können wir für eine 60-Minuten-Einheit ganz andere Arbeitsformen wählen, wie zum Beispiel Lernen an Stationen.“ Und auch für private Themen, einen Witz oder die Sorgen der Schüler gebe es mehr Spielraum. „Es wird persönlicher!“

Der Ablauf

Vor der ersten großen Pause finden zwei Unterrichtsstunden statt. Dann folgen eine weitere Unterrichtsstunde (60 Minuten) und das Förderband (30 Minuten). Nach 12 Uhr folgt dann nur noch eine Stunde Unterricht. Das kommt der Konzentration im Allgemeinen zu Gute. Die Stundentafel wird mit dem neuen Modell in den Doppeljahrgangsstufen nur verschoben, aber nicht gekürzt. Die Schüler haben genauso viele Stunden wie Kinder mit 45er-Modell.