Meschede. Noch gibt es nur wenige Betriebe im Bezirk der Arbeitsagentur Meschede-Soest, die Kurzarbeit fahren. Doch die Sorge davor greift um sich.
Noch sind es nur wenige Betriebe, die in der Region Kurzarbeit angemeldet haben, Namen nennt die Agentur für Arbeit nicht. „Wir beobachten das natürlich“, sagt Oliver Schmale, Leiter der Agentur für Arbeit Meschede-Soest. Im Oktober und November haben 76 Firmen Kurzarbeit angezeigt, sollten sie diese auch umsetzen wären rund 1500 Arbeitnehmer betroffen.
Die beiden großen Firmen, die in der Region unter der abflauenden Konjunktur leiden, sind der Feingussspezialist Arconic und Busch, der Zulieferbetrieb für die Nutzfahrzeugindustrie mit Standorten in Bestwig und Meschede. Das bestätigt die IG Metall. Beide fahren bisher noch tarifpolitische Strategien, um Kurzarbeit zu vermeiden. Auch bei Honsel, so berichten Mitarbeiter, sei es in manchen Abteilungen „sehr ruhig“, andere hätten immer noch gut zu tun. Eine Folge der Strukturkrise in der Automobilindustrie. „Wenn neue Aufträge reinkommen“, so heißt es dort, „dann kommen sie über die Elektromobilität.“ Die Mitarbeiter sind in Sorge: „Kein schönes Arbeiten hier“, heißt es.
Keine Krise - eine konjunkturelle Eintrübung
Das Wort Krise mag Oliver Schmale für Südwestfalen noch gar nicht nicht in den Mund nehmen. „Das ist eine konjunkturelle Eintrübung, die auch den Arbeitsmarkt erreicht.“ Trotzdem weiß auch er, dass sich viele Arbeitnehmer Sorgen machen: „Ihnen steckt die Krise von 2008 noch in den Knochen.“ Doch seien die aktuellen Entwicklungen zumindest in der Region nicht vergleichbar. „Wir haben eine Strukturkrise, keine konjunkturelle Krise“, betont auch Carmen Schwarz, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Arnsberg, die sich auch quer durch einen Betrieb ziehen könne. „Während die eine Abteilung beispielsweise unter dem Brexit leidet, haben andere viel zu viel zu tun. Das ist dann eine schwierige Gemengelage.“
Verdreifachung der Zahlen zur Kurzarbeit
Von Juli 2019 sind die aktuellsten Zahlen der Arbeitsagentur über Kurzarbeitgeld, das tatsächlich gezahlt wurde. 23 Betriebe waren es da von Siegen bis Soest, 395 Menschen waren betroffen, erläutert Nina Appel, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit. Zum Vergleich: 2018, dem Boom-Jahr, waren es im Juli nur 18 Betriebe und 101 Kurzarbeiter.
Im Oktober 2019 gab es dann 53 Kurzarbeits-Anzeigen für 1250 Beschäftigten und im November 2019 weitere 23 Anzeigen mit 352 Arbeitnehmern. Betroffen ist mit allein 18 Betrieben vor allem das verarbeitende Gewerbe - und Schmallenberg. Dort gab es im Oktober allein 17 Anzeigen für Kurzarbeit von Betrieben oder Abteilungen mit 236 betroffenen Mitarbeitern. Im November weitere vier mit 15 Arbeitnehmern. Die anderen Kommunen der Region, werden nicht genannt, entweder weil es keine Betriebe gibt, die Kurzarbeit anzeigen oder weil die Zahl zu gering und damit identifizierbar wäre.
Eine Anzeige steht noch nicht für Kurzarbeit
„Eine Anzeige heißt aber noch nicht, dass die Betriebe tatsächlich Kurzarbeit fahren“, erläutert Appel, „das ist erst mal nur der Hinweis: Es könnte schwierig werden.“ Schmale ergänzt: „Von November 2018 bis Oktober 2019 waren es im gesamten Bezirk der Arbeitsagentur 3732 angezeigte Personen, im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor 1273.“ Auf den ersten Blick eine Verdreifachung, „aber“, so Schmale, „weit entfernt von der Krise vor zehn Jahren.“ Damals habe es im gleichen Zeitraum 36.800 betroffene Arbeitnehmer gegeben.
Kurzarbeit ist ein wichtiges Instrument, um Arbeitnehmer zu halten, betont Schmale. Arbeitszeit wird reduziert, weil zum Beispiel Aufträge ausbleiben. Um den Unternehmer von Personalkosten zu entlasten, springt die Bundesagentur für Arbeit mit dem Kurzarbeitergeld ein. Schmale sieht viel Positives in der Kurzarbeit. Sie entlaste den Betrieb in ungewissen Zeiten von Personalkosten, „zeigt aber vor allem, dass er davon überzeugt ist, dass es wieder aufwärts geht.“
Auch Nina Appel hält die Situation noch nicht für besonders kritisch. „Der Wert ist absolut im Rahmen“, sagt sie. „Wir sind weit entfernt von Krisenzeiten.“ Trotzdem berate die Arbeitsagentur schon vermehrt zu dem Thema. Dazu gebe es eine klare Position: „Wir haben weiterhin Fachkräftemangel und die Betriebe scheuen sich deshalb auch Fachkräfte zu entlassen. Sie wissen, sind die einmal weg, bekommen wir sie so schnell nicht wieder.“ Deshalb verweist Appel auch auf die Möglichkeit, im Rahmen der Kurzarbeit Mitarbeiter weiter zu qualifizieren.
Tarifpolitische Lösung mit der IG Metall
Die Firma Busch mit Werken in Bestwig und Meschede hat nun erstmal gemeinsam mit den Betriebsräten und der IG Metall nach einer tarifpolitischen Lösung gesucht. Im Juli schon sei vereinbart worden, dass ein zusätzliches Entgelt nicht mehr ausgezahlt wird, sondern, dass alle Mitarbeiter dafür freie Tage nehmen müssen. Bisher war die Möglichkeit auf die Schichtarbeiter beschränkt, die kleine Kinder oder zu pflegende Angehörige zu Hause haben, erläutert Carmen Schwarz.
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Auch bei Arconic werden die Stunden abteilungsweise reduziert. So hofft man sich noch bis März/April über Wasser halten zu können, bis die Konjunktur wieder hochfährt.
Was die IG Metall allerdings feststellt, ist dass Betriebe vermehrt ihre Leiharbeiter entlassen. Außerdem seien sie bei Neueinstellungen zurückhaltend und Investitionen würden abgewogen. Trotzdem gebe es nach wie vor einen Arbeitskräftemangel.