Meschede. Ladendiebstähle verursachen einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden. Oliver Milhoff vom Kommissariat Vorbeugung verrät Tipps und Tricks.

Ladendiebstähle verursachen jedes Jahr deutschlandweit einen volkswirtschaftlichen Schaden von mehr als einer Milliarde Euro. Geklaut werden vor allem Kosmetik, Spirituosen und Elektroartikel. Allein im HSK wurden in diesem Jahr bis September 432 Fälle angezeigt. Hier ist die Aufklärungsquote zwar hoch. Sie liegt bei rund 85 Prozent, „aber das sind nur die uns bekannten Fälle“, sagt Oliver Milhoff vom Kommissariat Kriminalprävention in Meschede. „Die Dunkelziffer ist mindestens genauso groß.“ Trotzdem werden die kostenlose Kurse zum Schutz vor Ladendiebstahl, die Milhoff anbietet, von Mescheder Geschäftsleuten bisher kaum nachgefragt. Hier verrät er seine Tipps und die Tricks der Diebe.

Kriminalhauptkommissar Oliver Milhoff vom Kriminalkommissariat Kriminalprävention / Opferschutz in Meschede
Kriminalhauptkommissar Oliver Milhoff vom Kriminalkommissariat Kriminalprävention / Opferschutz in Meschede © Privat

Kann man Täter erkennen?

Oliver Milhoff: Eine gute Beobachtungsgabe hilft. Gelegenheits-Täter sind aufgeregt und verhalten sich auffällig. Je näher der Diebstahl rückt, desto nervöser werden sie. Organisierte Banden, die damit ihren Lebensunterhalt finanzieren, sind dagegen in der Regel abgezockt. Die schirmen sich dann auch gegenseitig ab, lenken das Verkaufspersonal ab, indem sie Fragen stellen oder etwas runterfallen lassen.

Wie sind die gängigsten Tricks?

Das Wichtigste für die Täter ist es, ihr Diebesgut möglichst schnell zu verstecken. Dazu nutzen sie präparierte Mäntel, Taschen, Kinderwagen, Packnetze. Es gibt zum Beispiel Taschen, die ein Loch im Boden haben. Die Diebe stellen diese auf das Diebesgut, suchen dann scheinbar etwas darin und greifen sich so die Ware. Besonders dreiste Täter kommen dann damit zur Kasse und verlangen das Geld zurück. Andere suchen Stellen, an denen sie die Ware deponieren, wie Treppenhäuser oder Tiefgaragen. Aber auch in Papierrollen werden beispielsweise Kosmetikstifte durch das Plastik gesteckt und dann gehen die Rollen normal über die Kasse. Auch Umetikettieren ist verbreitet.

Was sind die größten Probleme für die Geschäftsleute?

Ladeninhaber und viele Verkäufer kennen natürlich die gängigen Tricks und achten sorgfältig auf bestimmte Kunden. Ein Problem sind Stammkunden, denen man einen Diebstahl nicht zutraut. Dabei kennen gerade diese die Strukturen und die Gewohnheiten und wissen, welche Verkäuferin sie umgehen müssen. Und dann sind natürlich untreue Mitarbeiter ein weiteres Problem. Diese richten mehr Schaden an als der klassische externe Dieb. Nur dass dieser Verlust erst am Ende des Jahres auffällt, wenn es ans Zählen geht.

Angenommen, man beobachtet einen Ladendieb. Wie soll man reagieren?

Gerade da passieren oft Fehler. Einen Dieb sollte man von vorn ansprechen und dabei Worte wie Diebstahl oder Dieb vermeiden. Es besteht sonst die Gefahr, dass er Fersengeld gibt oder aggressiv wird. Sagt man nur: „Kommen Sie bitte mit ins Büro, wir müssen ein paar Fragen klären!“, kann er sein Gesicht wahren. Und dann lässt man ihn am besten vorgehen. So sieht man, wenn er etwas wegwirft. Im Büro selbst, sollte man ihm dann vor Zeugen mit der Tat konfrontieren.

Darf man so jemanden, denn einfach so festhalten?

Ja, das Recht zur vorläufigen Festnahme, wenn man jemanden auf frischer Tat ertappt, hat jeder. Was nicht erlaubt ist, ist eine pauschale Taschenkontrolle. Und seine Personalien muss ein Dieb gegenüber einem Mitarbeiter auch nicht angeben. Das kann nur die Polizei verlangen.

Gibt es einfache Tipps, die Geschäftsinhaber beherzigen können?

Da hat sich schon viel getan. Die Kabinen sind oft im Fußbereich einsehbar, teure oder leicht zu stehlende Waren befinden sich im Kassenbereich. Viele Firmen haben Videoüberwachung oder venezianische Spiegel, durch die man von der anderen Seite das Ladenlokal beobachten kann. Auffällige Personen sollte man auch ansprechen, beispielsweise Hilfe anbieten. So macht man deutlich, dass man ihn oder sie ihm Blick hat. Ein guter Trick ist auch die Durchsage: „Achtung, es sind Taschendiebe unterwegs!“ Da werden beide Seiten hellhörig. Die einen achten dann mehr auf ihr Portemonnaie und die potenziellen Langfinger merken, es gibt Menschen, die uns im Blick haben.

Oliver Milhoff bietet Info-Veranstaltungen rund um das Thema Ladendiebstähle an. In diesem Rahmen würde er sich auch Geschäftsräume ansehen und individuelle Tipps geben. Infos unter Tel.: 0291 90877-20 oder Mail: kv-opferschutz.hochsauerlandkreis@polizei.nrw.de

>>>HINTERGRUND

Oliver Milhoff rät: „Achten Sie auf Ihren Kassenbon und stecken Sie ihn stets ein! Der Bon ist der einzige Nachweis für Ihren Einkauf.“

Viele Kunden würden ihn mit dem Hinweis zurücklassen: „Den brauche ich nicht, das Geld gibt mir eh keiner wieder.“

Tatsächlich nutzten Betrüger diese Quittungen, um Ware umzutauschen oder als „Nachweis“ für einen Einkauf.

Milhoff berichtet von einem Fall aus dem Ruhrgebiet: Eine Seniorin wurde beim Einpacken Ihres Einkaufs von einem jungen Mann angesprochen, sie solle die Finger von seiner Ware lassen. Tatsächlich hielt er den Bon in den Händen - seinen Einkaufsnachweis. Die Frau musste die Ware an ihn abgeben.

Einen Flyer zum Thema Ladendiebstahl mit den gängigsten Betrugs-Maschen kann man sich hier herunterladen.